Mein erstes Handy

Ab morgen sind wir smart

Nicht nur Kinder fiebern dem Tag entgegen, an dem sie ihr erstes Smartphone bekommen. Auch für Eltern ist das eine aufregende Zeit – eine Zeit des Beobachtens und Abwägens, Diskutierens und Verhandelns und des Versuchs, den Kindern einen verantwortungsvollen Umgang mit der Technologie beizubringen.

Mein erstes Handy

Im Moment haben der achtjährige Jakob und sein jüngerer Bruder Simon noch kein eigenes Smartphone. Gelegentlich, wenn sie alleine unterwegs sind, nehmen sie ein dafür vorgesehenes „Notfallhandy“ von zuhause mit. Das ist, wie sie sagen, „ein Handy nur zum Telefonieren“. Doch im September bekommt Jakob, der dann mit der vierten Klasse Volksschule beginnt, sein erstes eigenes Handy, das mehr als Telefonieren kann.

Er ist damit ein Nachzügler. In seiner Klasse haben alle ein Smartphone. Einige hatten sogar schon in der ersten Klasse eines. „Bis jetzt hab ich mich dagegen gewehrt“, sagt Birgit Fleissner, Jakobs und Simons Mutter. Jetzt sei für ihr Empfinden der richtige Zeitpunkt: „Man kommt um digitale Medien nicht herum.“ Sie spricht aus eigener Erfahrung, denn sie selbst arbeitet in der Internetbranche und hat daher beruflich viel mit Technologie zu tun. Sie nutzt ihr Smartphone auch privat intensiv, zum Beispiel als Navigationsgerät, Kalender, zum Kommunizieren per Messenger, als To-do-Liste, Einkaufszettel, als Kundenkarten-Speicher, zum Hörbücher- und Musikhören oder um Fahrscheine zu lösen: „Mein halbes Leben ist am Handy.“

Erstes Handy für Kinder
Jakob und Simon dürfen zuhause auf einem Tablet Spiele wie Toonblast, die Maus oder Mini Golf King spielen. Sie spielen zeitweise gerne damit und dann wochenlang gar nicht.

Roboter bauen und Apps programmieren

Um sich auf das, was mit Jakobs erstem eigenen Smartphone auf die Familie zukommt, bestmöglich vorzubereiten, besuchen Simon, Jakob und Birgit Fleissner das DaVinciLab. Anna Gawin hat das Lab gemeinsam mit ihrem Mann Peter Gawin vor zwei Jahren gegründet. Zusammen mit acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bieten sie unter anderem Workshops zur digitalen Grundbildung für Schülerinnen und Schüler an. Sie bringen ihnen sogar bei, Roboter zu bauen, Apps zu programmieren und Dinge zu entwerfen und mittels 3D-Drucker real werden zu lassen.
Anna Gawin bittet die Buben zu Beginn, die Gründe auf Zettel zu schreiben, wofür sie ein Smartphone haben wollen. „Pakete bestellen“ und „Handy telefonieren“ steht auf dem Zettel des siebenjährigen Simon. Jakob will mit seinem ersten Handy hauptsächlich telefonieren und im Internet nachschauen, wenn er etwas wissen will. Als nächstes sollen die Buben – und auch ihre Mutter – aufschreiben, wozu man ein Smartphone nutzen kann. „Emojis schicken“, und „Wiener Linien App“ sind unter den Antworten. Anna Gawin erklärt, dass man drei Dinge mit einem Handy machen kann: „Kommunizieren, Spaß haben und Lernen.“ Kommunizieren kann man etwa, wie Simon sagt, „mit jemandem, der genau am anderen Ende der Welt ist“. Jakob findet es absurd, dass manchmal Menschen zusammen in einem Lokal sitzen und jeder auf sein Handy schaut, statt miteinander zu reden. Zum Bereich „Spaß haben“ bzw. Entertainment zählt Gawin etwa Musik hören, Fotos anschauen und Spiele spielen. Relativ wenige Menschen nutzen ihr Smartphone zum Lernen und Arbeiten. Dazu gehören etwa das Lernen einer Fremdsprache mittels App oder sogar das Programmieren von eigenen Apps.

„Mit dem Smartphone bekommt ihr Zugang zur Welt“, sagt Gawin und will den Buben Lust darauf machen, es in Zukunft nicht nur passiv zu nutzen, sondern um selbst etwas zu erschaffen und ihre Kreativität auszuleben. Mit dem Hinweis auf die vielen Möglichkeiten, die ein Handy, also im Grunde ein kleiner Computer, bietet, fügt sie hinzu: „Es wäre doch schade, wenn man die ganze Zeit nur YouTube schaut.“ Das Handy sei „ein Fenster zum Wissen“.

Vorsichtsmaßnahmen ergreifen

Doch bevor man zum dritten Punkt kommen kann, wo es um mehr als passives Konsumieren geht, gibt es einige Dinge, die man beachten sollte, wenn man ein Smartphone benutzt – zum Beispiel zum Thema Datenschutz und Privatsphäre. Jakob kommt der Begriff Datenschutz bekannt vor, „aber ich weiß nicht, was es bedeutet“. Anna Gawin erklärt: „Es gibt Sachen, die uns gehören, wie zum Beispiel unsere Schultasche, und da dürfen Fremde nicht hineingreifen.“ Etwas Ähnliches kann passieren, wenn man etwa Fotos verschickt oder postet, die eigentlich nur die engsten Freunde und Familie sehen sollten. Mutter Birgit Fleissner sagt: „Wir haben schon darüber gesprochen, dass es sein kann, wenn die Kinder Fotos verschicken, diese womöglich in der ganzen Schule weitergeschickt werden.“ Auch dass man besser nicht posten sollte, wenn man auf Urlaub fährt, ist den Brüdern klar.

Jakob und Simon nutzen schon jetzt zuhause ein Tablet, auf dem sie manchmal Spiele spielen. Mutter Birgit achtet sehr genau darauf, was und wie viel sie spielen. Das Interesse der Brüder am Spielen ist aber meist nur phasenweise groß – oft spielen sie wochenlang gar nicht. Dass es auch anders geht, beobachten sie bei ihren Schulkollegen, von denen manche täglich spielen. Jakob schüttelt den Kopf darüber – und auch darüber, dass manche Kinder immer zuhause anrufen, wenn sie von der Schule weggehen. Birgit Fleissner hat Jakob erklärt, dass sie nur auf die Uhr zu schauen brauche, um zu wissen, wann er von der Schule weggeht.

Regeln, überwachen oder vertrauen

Und wie viele Regeln sollten Eltern ihren Kindern für die Smartphone-Nutzung geben? Eine schwierige Frage. Anna Gawin sagt: „Es gibt Eltern, die ihren Kindern viele Regeln auferlegen.“ Sie selbst sehe Kinder eher auf Augenhöhe: Ihr ist wichtig, dass sie selbst verstehen, was ihr Verhalten am Smartphone bewirken kann. Es gebe zwar diverse Sicherheits- und Überwachungsapps, die Eltern am Handy ihres Nachwuchses installieren können, aber: „Zum Schluss ist das Kind nicht geschützt, denn es kann in der Schule das Smartphone von Mitschülern verwenden.“ Für Familie Fleissner beginnt das Abenteuer „erstes Smartphone“ im September. Es ist spannend, welche Erlebnisse, Chancen und Herausforderungen es mit sich bringen wird. Mutter Birgit sagt: „Ich bin gespannt, wie ihr das Handy nutzen werdet.“ Sie selbst freut sich darauf: „Es wird sich auch für mich eine Welt eröffnen.“ Jakob hat eine recht unaufgeregte Einstellung und sieht wenig Grund, sich „wahnsinnig“ aufs erste Handy zu freuen, denn „so spannend ist das nicht“. Anna Gawin hält es jedenfalls für wichtig, wenn ein Kind das erste eigene Handy bekommt, „sein Bewusstsein und Selbstwertgefühl zu stärken“, ihm beizubringen, „seine Handlungen zu hinterfragen“ – und vor allem sich als Eltern über die eigene Vorbildwirkung bewusst zu sein. Und: „Wenn die Kinder digitale Tools auch als Kreatoren nutzen, verwenden sie das Handy automatisch weniger, um passiv zu konsumieren.“

„familiii“ wird die Fleissners ein Jahr lang dabei begleiten.

10 Regeln fürs erste Smartphone

1. Privatsphäre: Ob Fotos oder Kommentare: Was einmal online ist, bleibt meist online und kann von anderen Menschen gefunden werden.
2. Datenschutz: Nicht alle App-Anbieter gehen mit den Informationen ihrer User verantwortungsbewusst um. Daher sollte man genau überlegen, was man online stellt.
3. Fake News: Nicht alles, was man im Internet findet, ist wahr. Was man liest, sollte man hinterfragen: Wer hat es geschrieben? Auf welcher Plattform? Aus welchem Grund?
4. Zeit: Am Smartphone können Kinder wie Erwachsene schnell übersehen, dass sie schon viel zu lange im Internet hängen.
5. Spielen: Am Handy spielen macht Spaß, kann aber auch süchtig machen. Am besten nicht täglich spielen, auch andere Hobbies pflegen, Freunde treffen und rausgehen.
6. Kosten: Wenn möglich, ist ein Wertkartentelefon am Anfang besser als ein fixer Vertrag. So lernen Kinder besser, die Kosten im Griff zu haben.
7. Regeln: Es kann Sinn machen, gemeinsam Verhaltensregeln wie zum Beispiel Zeiten fürs Smartphone zu vereinbaren, aber …
8. Vorbildwirkung: … wenn Eltern selbst ständig zum Smartphone greifen, werden es ihnen ihre Kinder nachmachen – und auch, wenn sie es wenig verwenden.
9. Vertrauen: Noch besser wäre es, Vertrauen zwischen Eltern und Kindern aufzubauen und Kindern Verständnis zu vermitteln, was ihre Handlungen im Cyberspace bewirken können, anstatt stur Regeln zu befolgen.
10. Sicherheitseinstellungen: Manchmal können sogenannte „Parental Control Apps“ dabei helfen, dass der Handykonsum nicht außer Rand und Band gerät.

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