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„Manche Männer können oder wollen keine Gefühle zeigen“ – Experten-Interview

Mag. Sandra Teml-Jetter & Mag. Stefan Jetter, Einzelund Paarcoaches, Familienberater, Wien.

Was sind die Folgen für die Frau und die Beziehung, wenn ein Mann keine Gefühle zeigen kann?
Sandra: Dass Männer keine Gefühle zeigen, bedeutet nicht, dass sie keine haben. Es geht um die Frage, wie sie damit umgehen. Und viele Männer umgehen ihre Gefühle und schlucken sie hinunter. Aber eines Tages kann es zum emotionalen Tsunami kommen – sowohl bei unangenehmen Gefühlen, als auch bei angenehmen. Die Folge für eine Beziehung ist dann eine Hochschaubahnfahrt zwischen emotionaler Armut und emotionalem Überschwang. Und vielen Frauen wird bei diesem Auf und Ab „übel“.

Auch Kinder leiden darunter, wenn der Vater sie nicht in den Arm nimmt oder keine Gefühle äußert. Was sind die Folgen für sie?
Sandra: Wenn der Vater für die Kinder emotional nicht erreichbar ist, dann machen sie sich auf die Suche nach ihm, indem sie seine „Grenzen testen“. Sie kämpfen dann zum Beispiel intensiv um ihre Wünsche und schaffen es, ihren Vater zur Weißglut zu bringen. Damit fragen sie: „He! Wer bist du eigentlich und wo bist du eigentlich? Ich spüre dich nicht! Ich kann mich nicht an dir orientieren! Ich kann aber spüren, dass da was ist! Zeig es mir!“ Andere Kinder ziehen sich verletzt zurück, was auf ihr späteres Selbstwertgefühl großen Einfluss hat. Das ist keine gesunde Vater-Kind-Beziehung.

Was können Frauen tun?
Sandra: Ich kenne viele Männer, die bereit sind, von ihren Frauen durch Beobachtung zu lernen. Wenn Frauen sich den Kindern liebevoll zuwenden, sie achtsam in ihrer Gefühlswelt abholen und eine gute Beziehung zu ihnen haben, dann ist das in vielen Fällen schon ausreichend, um zu inspirieren. Ich rate Frauen aber dringend davon ab, ihre Männer emotional nacherziehen zu wollen! Das wäre für die Paarbeziehung „giftig“. Besser: Viele Männer besuchen aus Zuneigung ihren Frauen gegenüber Elternworkshops oder kommen ins Coaching. Dort ist es dann unter Gleichgesinnten leichter, sich zu überlegen: „Wie emotional will ich denn als Mann und Vater sein?“

Sandra Teml-Jetter und Stefan Jetter
Frauen sollten Männer nicht „nacherziehen“.

Sandra Teml-Jetter und Stefan Jetter, www.wertschaetzungszone.at

Zitatzeichen

Was sind die Gründe dafür, dass manche Männer keine Gefühle zeigen können und sich ihrer Umgebung eher gefühlskalt nähern?
Stefan: Wenn die Gefühle des Mannes schon in der Ursprungsfamilie nicht willkommen waren, dann hat er es sich aufgrund schlechter Erfahrungen abgewöhnt, sie in nahen Beziehungen zu zeigen. Aber diese Gefühle finden dann eine Hintertüre, denn sie wollen ja gelebt werden. Dann finden sie ihren Ausdruck zum Beispiel in Macho-Verhalten oder latent aggressiven Benehmen. Oder der Mann lebt seine Gefühle außerhalb der Familie heimlich aus. Dann ist er vielleicht ein wütender Chef oder ein liebevoller, emotionaler Affären- Partner. Es gibt auch Männer, die ihre Gefühle nicht zeigen wollen. Sie halten sie bewusst zurück – aus Rache für etwas oder zum Trotz. Oder weil sie wissen, dass das, was sie fühlen, ihrer Partnerin nicht gefällt und sie wie früher abgelehnt werden.

Was müsste ein Mann tun, damit eine Partnerschaft trotzdem gelingen kann? Wie kann eine Öffnung wirklich nachhaltig gelingen?
Stefan: Er muss sich zuerst einmal selbst spüren und diese Gefühle dann auch mitteilen. Dabei ehrlich zu sein, erfordert aber den Mut, die Angst vor Ablehnung oder Beschämung zu überwinden. Es gilt auch, eine Balance zu finden zwischen Schlucken von Gefühlen und ungefiltertem Herauslassen.

Kann eine Veränderung nur durch eine Therapie gelingen? Brauchen kühle Männer eine dirigierende Hand, die von außen auf sie einwirkt?
Stefan: Viele Männer gehen meist aus Gefälligkeit zu ihrer Frau „mit“ ins Paarcoaching. Da liegt es dann an der Kunst des Coaches, den Mann so zu erreichen, dass dieser die Zuwendung zu sich selbst – und in der Folge zur Partnerin und den Kindern – als „lohnend“ ansieht. Am ehesten denken Männer über ihre Rolle als Vater nach. Als solcher sind sie Vorbild, und es liegt an ihnen, das Erbe der emotionalen Armut ihrer Väter und Großväter nicht anzutreten.

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