Corona schlägt sich bei Kindern auf den Magen und die Seele
Ob Couch-Potato, Vitamin-Muffel oder Kalorien-Zählerin: Die Ernährungs- undBewegungsgewohnheiten von vielen Kindern und Jugendlichen haben sich durch Corona verschlechtert.
Man ist, was man isst. Dieses Sprichwort verdeutlicht, dass gesunde Ernährung und sowohl körperliches als auch psychisches Wohlbefinden eng miteinander verbunden sind, besonders
bei Heranwachsenden“, erzählt Alexandra Steiner, diplomierte Ernährungstrainerin und Mitarbeiterin des Kinderhilfswerks. Im Rahmen des, von der Herbalife Nutrition Foundation
unterstützen, Projekts „Ernährungswerkstatt“ führt sie „Workshops mit Biss“ an Schulen durch. Mehr als 2.000 Schüler und Schülerinnen haben seit Beginn im Jahr 2017 daran
teilgenommen.
Essstörungen nehme gerade bei jungen Menschen zu
Aufgrund der Corona-Pandemie und dem damit verbundenen Betretungsverbot für schulfremde Personen, können jedoch seit vergangenem Herbst keine Workshops mehr abgehalten werden. Dabei nehmen infolge der Corona-Maßnahmen gerade jetzt bei jungen Menschen Essstörungen zu, weiß Dr.in Brigitte Schimpl. Die Kinder- und
Jugendpsychotherapeutin leitet die psychotherapeutische Ambulanz des Kinderhilfswerks in Wien. „Die soziale Isolation führt dazu, dass sich vor allem Mädchen noch mehr mit ihrem Gewicht beschäftigen. Sie suchen sich im Internet vermeintliche Vorbilder, was ihre Selbstzweifel weiter verstärkt. Manche reagieren bei Überforderung oder Einsamkeit mit Nicht-Essen, was landläufig als Magersucht bezeichnet wird.“ Sie ergänzt: „Auch das Gegenteil kommt vor. Manche reagieren mit Fressattacken. Die Corona-Krise wird vor allem das Problem mit krankhaftem Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen verschärfen – mit möglicherweise langfristigen Folgen.“ Studien zeigen: Etwa 80 Prozent der adipösen
Jugendlichen bleiben im späteren Erwachsenenalter adipös. Diese haben dann ein höheres Risiko für Diabetes oder Herzkreislauferkrankungen. Im Kinderhilfswerk möchte man diesem Trend entgegenwirken und steht in den Startlöchern, die „Workshops mit Biss“ im nächsten Schuljahr auch für Schulen in Oberösterreich anzubieten.
Eltern haben beim Essen Vorbildfunktion
Ein zentraler Aspekt in den Ernährungsworkshops ist die Prävention. Kinder übernehmen die Essgewohnheiten, wie sie in der Familie gelebt werden. Die Vorbildfunktion der Eltern nimmt dabei einen zentralen Stellenwert ein. Doch wenn es um gesunde Ernährung geht, spielt der soziale Status leider immer noch eine entscheidende Rolle: Eine Vielzahl an Studien untermauert die Annahme, dass damit auch die Qualität der Ernährung sinkt. Sozioökonomisch benachteiligte Familien zeigen einen geringeren Obst- und Gemüsekonsum, eine höhere Fettzufuhr und eine häufigere Aufnahme von süßen Getränken im Gegensatz zu wirtschaftlich stabilen Haushalten. Zu den Ursachen zählen neben den familiären Vorbildwirkungen die fehlenden finanziellen Mittel beim Lebensmitteleinkauf und geringes Ernährungswissen. „Ich sehe einen enormen Bedarf, auch Eltern in Sachen gesunder Ernährung zu schulen. Sie sind es schlussendlich, die für das leibliche Wohl ihrer Kinder sorgen“, so Alexandra Steiner. „Eine Jausenbox mit Lebensmitteln, die viel zu viel Zucker, Fett und Salz enthalten, führt zu Hyperaktivität, Konzentrationsschwierigkeiten, Übergewicht und nicht selten zu Aggression. Es ist daher wichtig, Kindern und Eltern zu vermitteln, wie wichtig es ist, dass gesundes Essen zur Routine wird.“ Unter Anleitung der Ernährungsexpertin setzen sich die Kinder in den Workshops mit ihren Essgewohnheiten auseinander. Mit praktischen Tipps und inspirierenden Rezeptideen für Frühstück, gesundes Fast Food oder die Jausenbox, machen sich die Jungköche und -köchinnen auf den Nachhauseweg. Auch die Freude am Kochen und Zubereiten von Speisen und am Arbeiten in der Küche wird spielerisch vermittelt.
Weiterbildungsangebot für Lehrpersonal
Für Fragen von Lehrkräften und Eltern rund um das Thema gesunde Ernährung steht das Kinderhilfswerk auch nach den Workshops zur Verfügung. Die Kernbotschaft lautet:
Natürlich beeinflussen gesellschaftliche und technologische Veränderungen das Leben von Kindern und Jugendlichen. Bezugspersonen sollen sich gemeinsam mit ihnen aktiv mit diesen Veränderungen auseinandersetzen, um ein gesundes Gespür dafür zu entwickeln, was einem wirklich guttut. Den Selbstwert von jungen Menschen zu fördern ist das Ziel. Das funktioniert über eine vernünftige Lebensführung, dem Vermeiden schädlicher Verhaltensweisen und eben auch bewusster Ernährung. „Wenn die Corona-Pandemie vorbei ist, werden wir mehr als genug zu tun haben, um das körperliche und seelische Wohlbefinden junger Menschen wieder zu steigern“, zeigt sich Alexandra Steiner nachdenklich. „Ich freue mich darauf, wenn Lehrkräfte wieder Workshops bei mir buchen und wir, über gesundes Essen, den Kindern den achtsamen Umgang mit der eigenen Gesundheit und damit ein positives Lebensgefühl vermitteln.“
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