Erziehung

Das Tischlein deck ich!

Wie man Kinder zur Mithilfe im Haushalt motivieren kann. Und warum Tischdecken, Betten machen und Müll raustragen das Selbstwertgefühl des Kindes stärken.

Tim hat zu tun. Geschäftig rennt er zwischen Geschirrspüler und Bestecklade hin und her. Er holt saubere Löffel, Gabeln und Messer aus dem Geschirrspüler und sortiert sie sorgfältig in die Lade. „Jetzt die Teller!“, ruft der Zweieinhalbjährige und sprintet wieder los. Tims Mutter atmet auf, als alle Teller unversehrt in den Schrank geräumt sind. Tim strahlt, und seine Mutter freut sich über den leeren Geschirrspüler – auch wenn sie mit dem Ausräumen alleine viel schneller gewesen wäre.

Geschirr einräumen, Eier für den Kuchen aufschlagen, Waschmaschine einräumen: Kleine Kinder lieben es, im Haushalt zu helfen. Werden sie größer, schwindet ihre Lust in der Regel. Sie beschweren sich, wenn sie gebeten werden, den Müll raus zu tragen oder ihr Zimmer aufzuräumen. Für Eltern kann das lästig sein: Sie wollen nicht endlos mit ihrem Kind diskutieren und darauf warten, bis es seine Aufgabe erledigt. Sollen sie trotzdem darauf bestehen, dass sich ihre Kinder an der Hausarbeit beteiligen?

Verantwortung übernehmen stärkt das Selbstwertgefühl

Unbedingt, sagt Familiencoach Ilse Lechner. Denn abgesehen davon, dass es Erwachsenen eine echte Hilfe sein kann, wenn Kinder die Betten machen oder den Tisch decken, erleben Kinder dabei etwas Essentielles: ‚Ich bin nützlich!‘ „Wenn ein Kind in dieser Form Verantwortung übernimmt, stärkt das sein Selbstwertgefühl“, sagt Lechner. Das hat schon Maria Montessori betont und dafür plädiert, bereits die Kleinsten bei einfachen Tätigkeiten im Haushalt miteinzubeziehen. Kinder wollen von Anfang an am ‚echten‘ Leben teilnehmen, die Dinge tun, die die Erwachsenen tun und dabei in ihrer Selbstständigkeit wachsen. Was Erwachsene bei der Hausarbeit rasch nebenbei erledigen, ist für ein Kind eine wichtige Gelegenheit, grundlegende Fähigkeiten zu trainieren. „Das geschieht automatisch, ohne dass es das merkt“, erklärt Ilse Lechner. „Wenn sich ein Kind beispielsweise fünf Dinge merken muss, die es einkaufen soll, trainiert es sein Arbeitsgedächtnis, das es später beim Rechnen brauchen wird.“

Wenn ein Kind im Haushalt hilft, erlebt es: ‚Ich bin nützlich!‘

Ilse Lechner, Familiencoach, www.entfaltungsparadies.at

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Vorbereitung fürs Erwachsenenleben

Auch das Befolgen von Arbeitsanweisungen, sowie motorische Fähigkeiten – zum Beispiel der Dreipunktgriff beim Stecken von Wäscheklammern – werden ohne großes Aufsehen geübt. Genauso wie geplantes Vorgehen. Ein Vierjähriger, der den Tisch deckt, muss sich gut überlegen, in welcher Reihenfolge er das macht: Bringt er zuerst die Suppenteller oder die flachen Teller zum Tisch? Kann er mehr als zwei Gläser tragen? „Und dann lernen Kinder natürlich vieles, was sie im Erwachsenenleben, wenn sie ausziehen, brauchen können“, sagt Ilse Lechner. Wer als junger Erwachsener weiß, wie er eine Toilette putzt, die eigene Wäsche wäscht oder einfache Speisen zubereitet, kann sein Leben selbstständig organisieren. Bis die Mithilfe von Kindern für Mütter und Väter eine echte Unterstützung ist, braucht es allerdings Zeit und Geduld. Denn logisch: Erwachsene erledigen Hausarbeit schneller und besser. „Sie haben ihren Kindern ja auch viele Jahre an Erfahrung voraus“, sagt Lechner.

Schriftliche Arbeitsbeschreibungen

Die Familienberaterin rät Eltern, dem Kind genau zu erklären, wie eine Aufgabe zu erledigen ist. „Wir gehen oft davon aus, dass die Kinder es können. Das tun sie aber nicht! Man muss es ihnen zeigen und vielleicht sogar eine schriftliche Arbeitsbeschreibung machen.“ Und wenn es in den Augen der Eltern ungenügend gemacht wurde? „Nicht sofort korrigieren, das entmutigt. Besser das nächste Mal noch einmal zeigen, wie man es gerne hätte.“ Und: Immer berücksichtigen, dass sich ein Kind auch aufgrund seiner Größe und Kraft mit einer bestimmten Arbeit – zum Beispiel Bettenmachen – schwer tun kann. Das Jammern über Pflichten im Haushalt gehört bis zu einem gewissen Grad dazu, findet Ilse Lechner. Denn wer sagt, dass ein Kind sein Zimmer mit einem Lächeln im Gesicht aufräumen muss? Schließlich haben auch Erwachsene nicht immer Lust, den Haushalt zu machen. Trotzdem sollte man Kindern vermitteln, dass Hausarbeit nicht nur mühsam ist. „Wenn ich selbst ständig darüber jammere, was alles zu tun ist, vermittle ich den Kindern, dass der Haushalt ausschließlich eine Belastung ist“, sagt Lechner. Es geht auch anders: „Man könnte zum Beispiel beim Bettenüberziehen betonen, wie fein es ist, sich in ein frisch bezogenes Bett zu legen.“

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