Regeneration: Schlaf, Baby, schlaf…
Es ist eines der sensibelsten Themen im ersten Lebensjahr: der Schlaf. Neben Einschlafproblemen können auch häufige Wachphasen und extremes Weinen für die ganze Familie zur Belastung werden. Expertinnen verraten, wie Babys zu einem entspannten Schlafen finden und schlussendlich auch Mama und Papa davon profitieren.
Es gibt kaum ein Thema, das so häufig unter Eltern besprochen wird, wie der Schlaf des Babys. Schläft es leicht ein? Wie lange schläft es? Wie oft wacht es auf? „Schlaf gehört, wie Essen und Zuneigung, zu den Grundbedürfnissen von Babys, denn sie brauchen ausreichend Ruhephasen. Wobei der Schlaf im Säuglingsalter oft anders aussieht. Er wirkt unruhiger, weil Babys aktiv schlafen“, sagt Schlafcoach Astrid Steindl. Sie coacht Eltern, damit diese die Schlaf-Wach-Regulation ihres Kindes bestmöglich unterstützen können und hält Vorträge zum Thema.
Fester Rhythmus
„Der Begriff Durchschlafen“, so die dreifache Mutter, „ist eigentlich falsch – denn dass Babys aufwachen und kurze Wachmomente haben, ist normal.“ „Auch, dass sie in den ersten Monaten nachts gefüttert werden müssen. Teilweise finden sie auch nicht selbstständig in den Schlaf und brauchen dabei Unterstützung.“ Wenn es jedoch zu längeren Schreiphasen kommt, das Kind Probleme mit dem Einschlafen hat und die Situation für alle zur Belastung wird, sollte man sich Hilfe suchen und bestimmte Abläufe verändern. Astrid Steindl betont auch, wie wichtig ein regelmäßiger Tagesrhythmus und die Ernährung sind. Im Säuglingsalter brauchen Kinder in der Nacht natürlich das Stillen oder ein Fläschchen. Über die Monate hinweg, sagt die Expertin, sollte das Essen tagsüber aber mehr strukturiert werden, so dass man auf fünf Mahlzeiten kommt. „Wichtig ist, dass Mahlzeiten in der Nacht reduzierter stattfinden, damit eine Verdaupause entsteht. Etwa zwei- beziehungsweise später nur noch einmal. Wenn ein einjähriges Kind in der Nacht viel isst oder trinkt, kann sich in weiterer Folge auch der Erholungswert der Nacht verschlechtern.“ Der Grund, warum ältere Babys in der Nacht bei jedem Schlafphasenwechsel das Stillen oder die Flasche einfordern: „Weil es die Art und Weise ist, wie sie tagsüber in den Schlaf finden oder es ist einfach eine nächtliche Weiterschlafhilfe. Deshalb sollte man hier ansetzen und das Füttern erst tagsüber verändern – und dann in der Nacht.“
Aktive Unterstützung
„Das Problem ist“, ergänzt Nora Imlau, „dass Eltern oft überzogene Erwartungshaltungen haben, was den Schlaf ihres Babys betrifft. Sie haben die idealisierte Vorstellung, dass man Babys, wenn sie müde sind, in ihre Bettchen legt, ihnen etwas vorsingt und sie schlafen.“ Auch deshalb hat die Autorin mit dem Kinderarzt Herbert Renz-Polster das Buch „Schlaf gut, Baby!“ geschrieben. Darin werden liebevolle und nachhaltige Schlaflösungen für Familien vorgestellt. Das Ziel: Familien zu entlasten und dafür zu sorgen, dass alle besser schlafen können. Denn, wenn ein Baby auf die Welt kommt, erleiden Eltern teils einen „Realitätsschock“, weiß Nora Imlau. „Es gibt ein paar Babys, die schlafen genauso, wie man sich das vorgestellt hat. Aber viele brauchen für jedes Einschlafen aktive Unterstützung. Sie sind müde, schaffen jedoch nicht die Kurve zum Einschlafen.“ So können viele Kinder in den ersten Lebensmonaten ausschließlich mit Körperkontakt einschlafen und wachen sofort auf, wenn man sie ablegt. „Viele Eltern“, sagt die Autorin, „haben mitunter dann das Gefühl, dass sie etwas falsch gemacht haben, wenn es Problemen beim Thema Schlaf gibt.“
Muster verändern
Doch für den erholsamen Schlaf gibt es keine generelle Regel. Wie das Kind am besten in den Schlaf findet, ist sehr individuell. Nora Imlau: „Jeder muss das Rezept finden, dass zu ihm und seinem Wertesystem passt. Die Grundidee: Passen Sie sich ein bisschen an Ihr Baby an. Schauen Sie, was es braucht und suchen Sie einen Weg, mit Ihrem Baby zu möglichst viel Schlaf zu kommen.“ Denn Kindern, die ein großes Nähebedürfnis haben, dieses abtrainieren zu wollen, ist für alle belastend und bringt sie an ihre Grenzen. Nora Imlau rät deshalb davon ab, Babys schreien zu lassen: „Sie fühlen sich schlecht und schlafen aufgrund völliger Erschöpfung ein – das bringt keine positiven Schlafassoziationen. Es gibt aber Babys, die vor dem Einschlafen weinen, weil sie den Stress des Tages loswerden. Solange ich ihnen dabei Körperkontakt gebe, ist das in Ordnung.“ Auch ein Tipp: Kinder im ersten Lebensjahr können im Eltern-Schlafzimmer schlafen, um deren Nähebedürfnis zu stillen. Nora Imlau berichtet, dass dies das Risiko für den plötzlichen Kindstod verringern kann. „Wenn Kinder jemanden atmen hören, wird ihr Atemzentrum zum Weiteratmen angeregt. Was beim Einschlafen auch helfen kann: ein rotes Tuch vor das Fenster zu hängen – das erinnert sie an die Lichtverhältnisse im Mutterleib.“
Die Babyzeit wieder genießen
Astrid Steindl erinnert, dass Veränderungen Zeit brauchen. „Man muss zuerst das eigene Muster verändern. Es gibt Ratgeber, die empfehlen, 100 Prozent Einschlafhilfe auf null runterzufahren, aber das ist eine starke Belastung für das Kind.“ Deshalb Veränderungen Schritt für Schritt einführen. Etwa, dass man das Kind zum Einschlafen nicht mehr permanent auf dem Gymnastikball sitzend wiegt, sondern nur auf einem Sessel. „Das ist zwar auch eine Umstellung für das Baby, aber die körperliche Nähe zu den Eltern ist immer noch da. Eltern sollten auch den Mut haben, zu sagen „das ist jetzt unser Weg als Familie und den gehen wir Schritt für Schritt.“ Nora Imlau betont, dass eine gewisse Müdigkeit zum Elternsein durchaus dazugehört: „Aber es gibt auch Wege, das mit guter Begleitung, so hinzubekommen, dass alle miteinander die Babyzeit wieder genießen können. “
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