Wie Babys ihre Emotionen regulieren können
Die Beherrschung der Gefühle ist für Babys, die häufig emotionale Ausbrüche erleben, eine besondere Herausforderung. Forscher beschrieben nun , wie Kleinkinder durch die Beobachtung des Verhaltens von Erwachsenen Maßnahmen zur Regulation ihrer Emotionen erwerben.
„Kleinkinder nutzten vermehrt Ablenkung als Beruhigungsmechanismus in Stresssituationen, nachdem sie beobachtet hatten, wie sich andere auf die gleiche Weise beruhigten“, berichtete Johanna Schoppmann, Doktorandin und Forscherin an der Ruhr-Universität Bochum. „Die Ergebnisse zeigten auch, dass Kleinkinder lernen, ihre Emotionen zu regulieren, indem sie Fremde beobachten und nicht nur Eltern oder andere Familienmitglieder. Diese Ergebnisse legen auch nahe, dass die Rolle des breiteren sozialen Kontexts für die Entwicklung der emotionalen Regulation über die Eltern-Kind-Beziehung hinaus weiter erforscht werden sollte.“
Die Wissenschaftler rekrutierten Teilnehmer über öffentliche Geburtenregister in Bochum. Die Stichprobe umfasste 94 24 Monate alte deutsche Kleinkinder (50% waren weiblich). 61% der Mütter und 67% der Väter hatten einen Hochschulabschluss. 82% der Kleinkinder hatten Eltern, deren Muttersprache Deutsch war. Die Datenerhebung fand zwischen März 2018 und Januar 2020 statt.
Kleinkinder wurden nach dem Zufallsprinzip Gruppen zugewiesen: zwei experimentelle und eine Kontroll-Gruppe. Zunächst spielten alle Kleinkinder frei mit ihren Eltern, dann wurden sie in zwei „Wartesituationen“ versetzt, in denen sie auf etwas warteten, was sie wollten, wie zum Beispiel ein verpacktes Geschenk oder einen Snack. Die Wartesituationen waren darauf ausgelegt, negative Affekte, insbesondere Frustration, hervorzurufen.
Ablenkung gegen Frustration
Zwischen den beiden Wartesituationen beobachteten Kleinkinder in den Versuchsbedingungen eine Universitätsmitarbeiterin beim Spielen mit Spielzeug, während sie anscheinend auf etwas warten musste. Das heißt, die universitäre Teilnehmerin modellierte, wie sie sich beim Warten ablenkt. In einer Versuchsbedingung sahen 37 Kleinkinder der Versuchsleiterin zu, wie sie aktiv mit etwas spielte, um die Wartezeit zu überbrücken. In der anderen experimentellen Gruppe beobachteten 37 Kleinkinder, wie die universitäre Mitarbeiterin ruhig spielte, während sie auf das gewünschte Spielzeug wartete. In der Kontrollbedingung nahmen 22 Kleinkinder an einem Imitationsspiel ohne Bezug zur Emotionsregulation zwischen den beiden Wartesituationen teil und sahen nicht, dass sich die Experimentatorin ablenkte. In allen Gruppen wurde das Aktivitätsniveau der Kleinkinder anhand der Angaben der Eltern in einem Temperamentfragebogen, anhand einer an den Knöcheln getragenen Actiwatch und anhand von Verhaltensbeurteilungen gemessen.
Kleinkinder, die beobachteten, wie sich die Experimentatorin ablenkte, taten dies häufig anschließend selbst. Darüber hinaus profitierten Kleinkinder von der Beobachtung sowohl ruhiger als auch aktiver Ablenkungsstrategien, unabhängig von ihrer eigenen temperamentvollen Veranlagung und ihren Vorlieben für aktives oder ruhiges Spiel. Darüber hinaus zeigten Kleinkinder, die mehr Ablenkung hatten, auch weniger negative Auswirkungen. Dies deutet darauf hin, dass Kleinkinder bei Frustration in der Lage sein können, zuvor erlernte Strategien zu verwenden, um sich zu beruhigen. Kleinkinder, die von ihren Eltern als aktiver eingeschätzt wurden, bevorzugten eine aktivere Ablenkung.
„Es war ermutigend zu erfahren, dass Kleinkinder in dieser Studie das Emotionsregulationsverhalten eines Fremden imitierten, was darauf hindeutet, dass die Emotionsregulationsfähigkeit durch die Beobachtung von Personen außerhalb der Familie gestärkt werden kann“, verdeutlichte Sabine Seehagen, Professorin für Entwicklungspsychologie an der Ruhr-Universität Bochum und dritte Autorin der Veröffentlichung. „Erwachsene können Kleinkindern auch helfen, ihre Emotionen zu regulieren, indem sie ihnen Spielzeug zur Verfügung stellen, das ihrem Temperament entspricht. Zukünftige Forschung sollte den Zusammenhang zwischen temperamentvollen Veranlagungen und verschiedenen Strategien zum Umgang mit Wut und anderen Emotionen untersuchen.“
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