Raus aus der Zuckerfalle
Kindern kann es oft nicht süß genug sein, auch viele Erwachsene greifen gern in die Naschlade. Doch zu viel Zucker schadet der Gesundheit. Süßigkeiten sind dabei nur ein Teil des Problems. Zucker versteckt sich auch in vielen anderen Lebensmitteln.
Ihrem Kind heute schon ein Eis gekauft? Oder sogar zwei? Möglicherweise hat es damit die empfohlene Maximalmenge an Zucker pro Tag bereits überschritten. Eis ist nämlich – was den Zuckergehalt angeht – besonders tückisch. Es ist eiskalt, deshalb merkt man ihm nicht an, wie zuckerhältig es eigentlich ist. Erst geschmolzen zur Eissuppe schmeckt man seine extreme Süße. Auch Limonade wird lauwarm zum picksüßen Zuckerwasser, während sie eisgekühlt der ideale Durstlöscher zu sein scheint.
Auf Eis und Limo an heißen Sommertagen also besser verzichten? Auf jeden Fall sollte man sich bewusst sein, dass es sich um Zuckerbomben handelt, die man sich nicht hemmungslos einwerfen sollte. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, nicht mehr als zehn Prozent der täglichen Energiezufuhr an Zucker zu sich zu nehmen. Das sind bei einem durchschnittlichen Erwachsenen rund 50 Gramm, bei Kindern je nach Alter zwischen 30 und 42 Gramm. Kinder unter einem Jahr sollten überhaupt nichts Zuckerhaltiges essen.
Süße Prägung
Das Ernährungsverhalten vieler Österreicherinnen und Österreicher sieht leider anders aus. Auch wenn der Zuckerkonsum seit dem Jahr 2000 pro Kopf und Jahr um rund 10 Kilogramm gesunken ist, liegt er mit knapp 30 Kilogramm immer noch über der empfohlenen Grenze.
Dabei ist Zucker per se nicht schädlich, sagt der Internist Friedrich Hoppichler, ärztlicher Direktor am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Salzburg, sowie Vorstand des vorsorgemedizinischen Instituts SIPCAN: „Zucker dient dem Körper als effiziente Energiequelle.“ Süß ist gut – so ist es dem Menschen seit Beginn seiner Geschichte einprogrammiert. Immer schon diente ihm süßer Geschmack als Signal dafür, dass ein Lebensmittel mit hoher Wahrscheinlichkeit ungefährlich ist und Energie liefert. Die süße Prägung beginnt bereits im Mutterleib. Über seine Geschmacksknospen nimmt der Embryo die Süße im Fruchtwasser wahr, auch Muttermilch, die allererste Nahrung eines Babys, schmeckt süßlich.
Naschen direkt nach der Hauptmahlzeit
Dass sich ein kleines Kind also eher auf eine reife Banane als auf ein Brokkoliröschen stürzt, ist aus evolutionsbiologischer Sicht nachvollziehbar. Die hohen Zuckermengen, die viele Kinder und Erwachsene im Laufe eines Tages zu sich nehmen, lassen sich aber auch durch die Evolution nicht rechtfertigen. Denn: „Zucker kann den Gesundheitszustand negativ beeinflussen, wenn wir ihn über längere Zeit in großer Menge und hoher Frequenz zu uns nehmen“, sagt Friedrich Hoppichler. Problematisch ist in erster Linie der sogenannte ‚freie‘ Zucker. Das ist jener Zucker, der Speisen und Getränken zugesetzt wird, und der auch in Honig, in Fruchtsäften oder Fruchtsaftkonzentraten vorkommt. Dieser wird besonders rasch vom Körper resorbiert und bewirkt, dass die Blutzuckerkurve steigt. „Besser wäre, es dem Körper zu erschweren, dass Zucker schnell ins Blut gelangt“, sagt Hoppichler. „Will man unbedingt eine Limonade trinken, dann ist es in jedem Fall klüger, diese direkt zur Mahlzeit zu konsumieren, da der Zucker länger im Magen verweilt.“
Zutatenliste genau studieren
Aus demselben Grund sollte – wenn man Süßigkeiten essen möchte – direkt im Anschluss an die Hauptmahlzeit genascht werden. Ein Schokoriegel als Zwischenmahlzeit hingegen lässt den Blutzuckerspiegel zu schnell nach oben schießen. In Folge wird viel Insulin ausgeschüttet, was wiederum zu Unterzucker führen kann und mehr Hunger auf Süßes bewirkt. Ob sich Zucker schädlich auf die Gesundheit auswirkt, hängt also nicht nur von der Menge ab, sondern auch davon, wann und mit welchen Lebensmitteln zusammen er zugeführt wird. Besonders heimtückisch sind Limonaden und andere stark gesüßte Getränke. „Zuckerreiche Getränke gelten laut der WHO als eine der Hauptursachen für die Entstehung von Über- gewicht, Adipositas und Diabetes-Typ-2“, sagt Friedrich Hoppichler. Er empfiehlt, die Zutatenliste und den Zuckergehalt bei Getränken genau zu studieren und auf eine moderate Portionsgröße zu achten.
Auf Süßstoffe verzichten
Alles andere als moderat ist der halbe Liter Cola zu Hamburger und Pommes. Er enthält satte 53 Gramm Zucker – rund 14 Stück Würfelzucker. Das sind um drei Gramm mehr als von der WHO als Maximalzuckermenge pro Tag für Erwachsene empfohlen. Statt Cola doch besser Apfelsaft trinken?
„In kleinen Mengen direkt zur Mahlzeit getrunken ja, weil viele wertvolle sekundäre Pflanzenstoffe enthalten sind“, sagt Hoppichler. „Als Durstlöscher zwischendurch sollte dieser aber wegen des Zuckergehaltes idealerweise im Verhältnis 1:3 mit Wasser gespritzt werden.“ Übrigens sind auch Süßstoffe kein adäquater Ersatz für Zucker, weil sie im Verdacht stehen, das Tumorrisiko zu erhöhen. „Bei Getränken, die damit beworben werden, wenig oder keinen Zucker zu enthalten aber gleichzeitig süß schmecken, sollte die Zutatenlisten besonders genau gelesen werden, um Süßstoffe wie Aspartam, Cyclamat, Sucralose und Co. aufzuspüren“, rät Hoppichler. Am besten gewöhnt man sich langfristig an weniger Süße. „Dies gelingt nicht mit Süßstoffen statt Zucker.“ Belohnt wird man mit einem feineren Geschmackssinn, und damit, dass stark Gesüßtes irgendwann gar nicht mehr richtig schmeckt.
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