Gesundheit

RS-Viren: Was Eltern beachten sollten

Die Fälle von RS-Viren nehmen in Kinderkliniken derzeit ständig zu. Ein Spezialist für kindliche Atemwegserkrankungen sagt, was dahinter steckt und was Eltern beachten sollten.

Medizinische Hochschule Hannover (MHH)

Fieber, Schnupfen, Husten, Halsschmerzen – viele Babys und Kleinkinder liegen derzeit mit einer Infektion im Bett. Häufig ist der Auslöser das sogenannte Respiratorische Synzytial-Virus (RSV). Was es damit auf sich hat und was Eltern beachten sollten, erklärt Privatdozent Dr. Martin Wetzke, Oberarzt an der Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie.

Was steckt hinter dem RS-Virus?

Dr. Martin Wetzke: Das RS-Virus ist eigentlich ein alter Bekannter. Es sorgt in der kalten Jahreszeit bei Menschen aller Altersstufen für Atemwegsinfektionen. Normalerweise machen die meisten schon in den ersten zwei Lebensjahren mindestens eine Infektion mit dem Erreger durch. Im Laufe des Lebens stecken sie sich dann immer wieder damit an und trainieren so ihr Immunsystem. Während sich der Infekt bei älteren Kindern und im Erwachsenenalter oft nur durch einen kleinen Schnupfen äußert, kann RSV bei einigen, auch sonst ganz gesunden Säuglingen und Kleinkindern zu schweren Atemwegserkrankungen bis hin zu Lungenentzündung führen. Besonders gefährdet sind Babys mit Vorerkrankungen wie Herzfehlern oder extrem früh geborene Kinder.

Im vergangen Jahr trat das RS-Virus ungewöhnlich früh auf. Wie ist die Situation aktuell?

Auch in diesem Jahr beobachten wir eine ungewöhnlich frühe Saison, in diesem Jahr sehen wir allerdings zusätzlich eine erhöhte Anzahl von kranken Kindern mit RSV in den Kliniken und Praxen. Dabei stoßen viele Kliniken an die Grenzen ihrer Aufnahmemöglichkeiten. Das liegt aber nicht nur an den hohen Fallzahlen, sondern häufig auch an den fehlenden Kapazitäten in den Kliniken. Es mangelt an Pflegepersonal, so dass nicht alle Betten betrieben werden können.

Was ist der Grund für die erneut starke Infektionswelle?

Eine Rolle spielt die Corona-Pandemie. Wegen Maskenpflicht, Abstandsgebot und Lockdowns haben sich in der Zeit deutlich weniger Menschen mit dem RS-Virus angesteckt und konnten darum auch keine Immunität aufbauen oder ihre Immunität boostern. Mit Lockerung der Corona-Maßnahmen kann das Virus dann auf deutlich mehr ungeschützte Menschen treffen und sich rasant verbreiten.

Es macht sich also ein Nachholeffekt bemerkbar …

Ja. Dieser Effekt bezieht sich sicher auf die Fallzahlen. Infektionen, die sich sonst über mehrere Jahre verteilt haben, treten jetzt konzentriert auf. Ob die Infektionen in diesem Jahr auch schwerer verlaufen, kann noch nicht gesagt werden, das schauen wir uns derzeit in einer epidemiologischen Studie an.

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Mit Lockerung der Corona-Maßnahmen kann das RS-Virus heuer auf deutlich mehr ungeschützte Menschen treffen und sich rasant verbreiten.
Was wäre ohne Corona-Maßnahmen in Bezug auf die RSV- Infektionen passiert?

Absolut gesehen hätten sich wahrscheinlich genauso viele Kinder angesteckt, nur zeitlich ausgewogener verteilt. Dem Immunsystem schadet eine später stattfindende Infektion übrigens nicht, es lernt trotzdem und baut einen Immunschutz auf. Etwas anders sieht die Situation bei Neugeborenen aus. Wegen der fehlenden eigenen Antikörper gegen das RSV konnten Schwangere auch kaum Immunität an das Ungeborene weitergeben. Und stillende Mütter konnten über die Muttermilch nicht genügend Immunität an die Neugeborenen weitergeben. Je weniger mütterliche RSV-Antikörper Neugeborene in der Schwangerschaft bekommen, desto empfänglicher sind sie für einen schweren Verlauf der RSV-Infektion.

Wie behandeln Sie die betroffenen Kinder auf der Station?

Ein wesentliches Problem in der Behandlung von Kindern mit RSV ist, dass es keine spezifische Therapie gibt. Wir Ärzte können also nur unterstützend behandeln: Die Kinder erhalten, wenn notwendig, Sauerstoff oder aber auch eine Unterstützung beim Atmen. Außerdem achten wir auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Denn wenn die Kinder Schwierigkeiten beim Atmen haben, können sie häufig nicht mehr selbständig trinken. In den allermeisten Fällen werden die Kinder auf der Normalstation versorgt. Nur in seltenen Fällen ist eine Betreuung auf der Intensivstation nötig.

Was sollten Eltern beachten? Bei welchen Symptomen sollten sie mit ihren Kindern einen Arzt aufsuchen?

Ein Säugling mit Zeichen einer Atemwegsinfektion und Fieber sollte immer einem Kinderarzt vorgestellt werden. Wenn dabei die Atmung deutlich erschwert und schneller ist, sollte gegebenenfalls auch eine Vorstellung außerhalb der normalen Öffnungszeiten in einer Notaufnahme erfolgen. Gleiches gilt, wenn Kinder im Rahmen einer Atemwegsinfektion nicht mehr ausreichend trinken.

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