Freizeit

Mein erstes Fahrrad

Welches ist das richtige Rad für mein Kind? Was spricht für den Kauf eines neuen Rads, was für ein gebrauchtes?

Wenn es wärmer wird und länger licht bleibt, spüren auch „Schönwetterfahrer“, dass es wieder an der Zeit ist, ihr Fahrrad in Schuss zu bringen. Für ausgewachsene RadfahrerInnen reicht es dabei meist aus, rechtzeitig alle Schrauben und Bremsen zu prüfen, Verschleißteile zu kontrollieren, die Kette zu reinigen und zu ölen. Wer dafür keine Fachwerkstätte aufsuchen möchte (was Kosten zwischen 20 und 50 Euro verursacht), sondern sich das selbst zutraut, geht am besten anhand von Checklisten vor, um nichts Wichtiges zu übersehen. Eine solche stellt beispielsweise der deutsche „Fahrradblog“ zur Verfügung.

Bei Kindern ist die Sache kompli- zierter. Da stellt sich jedes Jahr aufs Neue die Frage: Passt das alte Rad noch? Reicht es, Lenker und Sattel neu einzustellen? Oder muss ein größeres Rad angeschafft werden? Bei Kleinkindern gilt es außerdem abzuwägen, wann es Zeit ist, vom Laufrad aufs erste eigene Fahrrad umzusteigen. Und im Falle einer Neuanschaffung ist nicht zuletzt zu entscheiden, ob es wirklich ein völlig neues Rad sein muss, oder ob es nicht ein gebraucht gekauftes oder getauschtes Fahrrad auch tut. Schließlich verstauben in vielen Kellerabteilen, Garagen oder Gartenhütten zu klein gewordene Kinderräder.

Heiß begehrt: gebrauchte Kinderräder
Eine generelle, allgemein gültige Antwort auf all diese Fragen gibt es nicht. Wichtig ist allein, zu berücksichtigen, dass ein Fahrrad wie ein Auto regelmäßig gewartet werden muss. Das erhöht nicht nur die Sicherheit, sondern auch die Langlebigkeit eines Rads – und damit den Wiederverkaufswert. Faktum ist, dass es einen großen Markt für Gebrauchträder gibt. Allein auf der Plattform willhaben.at finden sich aktuell rund 15.000 Anzeigen für Kinderfahrräder jeder Größe. „Im Jahr 2022 gingen insgesamt mehr als 200.000 Anzeigen mit Kinderfahrrädern online“, berichtet Gerlinde Giesinger von Willhaben. Der durchschnittliche Angebotspreis lag dabei bei 120 Euro pro Rad. Das heißt: Kinderfahrräder sind relativ wertbeständig.

Auch bei Refurbed, dem Onlinemarktplatz für generalüberholte Gebrauchtwaren, haben Fahrräder aus zweiter Hand eine wachsende Bedeutung.“Vor allem Kinderräder sind ein absoluter Fokus für uns“, sagt Alexandra Kleemann, die Marketingmanagerin für den deutschsprachigen Raum. Derzeit werden Produkte von 60 Marken angeboten, bewusst beschränkt auf Modelle von 2016 bis 2022. Am häufigsten werden beim Refurbishment von Fahrrädern Bremsbeläge, Antriebsteile (wie verschlissene Ketten) und Reifen ausgetauscht – das gilt für Erwachsenen- wie Kinderräder gleichermaßen. Vor kurzem verkündete Refurbed eine Kooperation mit Woom Bikes aus Klosterneuburg. Das Unternehmen ist mit seinen Rädern in Österreich und einigen anderen europäischen Märkten mittlerweile Marktführer für Kinderfahrräder – und produziert besonders wertbeständige Räder. „Wir arbeiten mit Woom,
um sein upCycling-Programm im Rahmen der Kreislaufwirtschaft zu schließen“, erläutert Alexandra Kleemann. „Wenn Kinder aus ihrem aktuellen Woom Bike herauswachsen, können KundInnen das Rad für einen Rabatt auf ihren Kauf der nächsthöheren Größe zurückgeben. Diese Rücksendungen werden von Woom generalüberholt und in Schuss gebracht. Dann werden die durchgecheckten Bikes bei Refurbed zum Verkauf angeboten – als geprüfte Gebrauchträder.“

Mechaniker Asefgul Kumargul von „United in Cycling“ repariert ein Woom Bike.
„Beim Fahrradkauf ist es wie mit Schuhen. Du kannst auf gut Glück online deine Größe Schuhe kaufen, doch ob sie letztlich für deine Fußform passen, merkst du erst wenn du sie trägst.“ Julian Walkowiak, Co-Gründer von „United In Cycling“ www.unitedincycling.com

Nachbarschaftshilfe im Repair Cafe
Auch eine Vielzahl von Repair Cafés bietet das Generalüberholen und Überprüfen gebrauchter Räder an – egal von welchem Hersteller sie stammen. Maximilian Wagner vom Reparaturnetzwerk RepaNet ist in Kontakt mit vielen dieser ehrenamtlich betriebenen Initiativen und weiß aus der alljährlichen Markterhebung, dass 2021 immerhin 8 Prozent aller Reparaturen im Netzwerk auf Fahrräder entfielen. Wirklich zufrieden ist Wagner damit aber nicht: „Meiner Meinung nach wäre hier noch deutlich Luft nach oben, da Fahrräder eines der wenigen Produkte sind, die in der heutigen Zeit gut selbst reparierbar sind.“ Letztlich handelt es sich bei Repair Cafés um eine besonders niederschwellige Form der Nachbarschaftshilfe. Meist werde dabei auch noch Wissen vermittelt, erklärt Maximilian Wagner: „Ehrenamtliche Reparaturhelfer assistieren den Besuchern bei der Reparatur.“ Grundsätzlich brauche es dafür keine besondere Qualifikation. Viele der Reparaturhelfer hätten langjährige Erfahrung und würden überdies auf professionelle Werkstätten verweisen, wenn sie sich eine Reparatur selbst nicht zutrauten. „In der Regel arbeiten oft auch ehemalige Techniker mit Berufserfahrung mit“, sagt Wagner. Die meisten dieser Initiativen seien mittlerweile auch versichert. RepaNet bietet in Kooperation mit der Helvetia sogar ein eigenes Versicherungspaket an, die auch allfällige Folgeschäden, die aus einer Reparatur resultieren, abdeckt. „Unsere Erfahrung zeigt, dass dies bei sorgfältig arbeitenden Repair Cafés nicht nötig ist, aber den Besuchern wird dadurch Sicherheit und Professionalität vermittelt.“ Als besonders positives Beispiel verweist er auf die „Lenker- bande“ aus Wien-Favoriten, bei der Menschen mit Fluchterfahrung unter dem Schlagwort „IntegRADsion“ Räder reparieren. Mittlerweile betreibt die Lenkerbande drei Standorte – einer steht ausschließlich als „Selbsthilfewerkstatt“ offen, in zweien gibt es betreute Fahrrad-Checks und Reparaturen.

Tipp
Sowohl dem Reparieren als auch dem Verkauf von neuen Fahrrädern hat sich die Ladenwerkstatt „United in Cycling“ in der Wiener Seestadt verschrieben. Für wichtig hält Julian Walkowiak, einer ihrer Gründer, vor allem Beratung – und eine Probefahrt vor dem Kauf. „Das ist wie mit Schuhen. Du kannst auf gut Glück online deine Größe Schuhe kaufen, doch ob sie letztlich für deine Fußform passen, merkst du erst wenn du sie trägst.“ Er rät deshalb klar davon ab, dass beispielsweise der Osterhase ein Fahrrad bringt. „Fahrräder haben verschiedene Geometrien und Kinder haben verschiedene Bedürfnisse. Manche brauchen eine aufrechte Haltung, andere eine sportliche. Manche Kinder brauchen laut Körpergröße die Fahrradgröße, doch die motorische Entwicklung verlangt noch nach einer anderen Größe“, so Walkowiak. „Unser Tipp: Wenn es eine Überraschung sein soll,
lass dein Kind vorab Räder im Freundeskreis oder am Spielplatz testen. Beobachte aufmerksam, wie und ob dein Kind selbständig auf und absteigen kann, wie es damit Kurven fahren kann, wie es Bremsen kann etc. Frag dein Kind, was gut war, was schwer gefallen ist, was Spaß gemacht hat.“ Auch eine Option wäre es, eine Attrappe zu verschenken: „Schneide ein Fahrrad aus einem großen Karton aus und lege ihn ins Osternest. Nach dem Osterfest, schnapp dein Kind und gehe in ein Fahrradgeschäft deiner Wahl und teste echte Räder.“ Eltern, die auf Nummer Sicher gehen wollen, bietet er ein „Sorglos-Paket“ für den Nachwuchs an: Es garantiert, dass immer ein technisch einwandfreies gewartetes Fahrrad fährt. „Was auch immer kaputt geht, reparieren wir sofort kostenlos.“ Das United-in-Cycling-Abo startet bereits beim Laufrad (ab einem Alter von etwa eineinhalb Jahren) und reicht bis zum 26-Zoll-Kinderfahrrad. „Unsere KundInnen zahlen einen monatlichen Fixpreis, welcher sich am Wert des Fahrrads orientiert.“ Einstiegen kann man jederzeit und egal bei welcher Größe. Die Mindestmietzeit beträgt drei Monate.

„Es sollte keinesfalls ein Rad „zum Hineinwachsen“ gekauft werden. Wenn das Rad zu groß ist, hat das Kind Schwierigkeiten beim Auf- und Absteigen und kann damit keine engen Kurven fahren, ohne ein Lenkerende loszulassen.“ Bernd Hildebrandt, Fahrrad-Beauftragter der niederösterreichischen Agentur Radland www.radland.at

Radland: Rad-Knowhow von klein auf
Um Kinder von klein auf fürs Radfahren zu begeistern setzt nach Wien (siehe Interview rechts) auch Niederösterreich seit einiger Zeit mit einer eigenen Mobilitätsagentur darauf die „aktive Mobilität“ zu fördern. Im Vorjahr nahmen mehr als 9.000 Kinder an Radfahrkursen und einschlägigen Workshops teil, berichtet Bernd Hildebrandt, Radbeauftragter der Agentur Radland. Der Fokus des Landes liegt dabei auf der Vermittlung im Rahmen des Schulunterrichts und auf kostenlosen Sommerradfahrkursen, die vom Programm Klimaaktiv mobil finanziert werden. Auch eigene Radreparaturworkshops bietet man interessierten Schulen an. „Dabei erlernen SchülerInnen, einfache Wartungsarbeiten selbst zu übernehmen und es wird das Interesse am eigenen Rad geweckt“, sagt Hildebrandt. Denn: „Gut gewartete und korrekt ausgestattete Räder tragen dazu bei, Unfälle zu vermeiden und das Verletzungsrisiko zu senken.“ Damit Eltern auch vor dem Schulalter sichergehen können, dass die Gerätschaft der Kleinen einwandfrei funktioniert, bieten immer mehr Gemeinden die vom niederösterreichischen Mobilitätsmanagement organisierten „RADLreparaturtage“ an: „Bei diesen Veranstaltungen können Eltern auch die Fahrräder der Kinder zum kostenlosen Check vorbeibringen.“

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