Antibiotikum? Nur wenn‘s sein muss.
Antibiotika sind eine Wunderwaffe gegen bakterielle Infektionen und haben die durchschnittliche Lebenserwartung ziemlich in die Höhe geschraubt. Damit sie wirken, müssen sie gewissenhaft eingenommen werden.
Sobald es draußen kalt wird, kommen sie so sicher wie das Amen im Gebet: Infekte aller Art machen Kindern im Winter das Leben schwer. Die Nase rinnt, der Hals schmerzt, die Körpertemperatur steigt. Nicht immer klingen die Beschwerden von selbst ab, möglicherweise verschreibt der Kinderarzt ein Antibiotikum. Das tut er aber nur dann, wenn Bakterien der Auslöser für den Infekt sind. Denn: „Ein Antibiotikum wirkt ausschließlich gegen bakterielle Infektionen“, weiß Dominik Kaiser, Apotheker in Wien Simmering, „bei Virusin- fekten ist es nutzlos.“ Das bedeutet: Gegen Corona, Influenza und andere hartnäckige Erkältungsviren kann selbst das wirksamste Antibiotikum nichts ausrichten. Gegen Scharlach, eine Mittelohr- oder eine Lungenentzündung schon. „Leider ist das nicht jedem bewusst“, sagt Kaiser. „Immer wieder meinen Patienten, sie bräuchten unbedingt ein Antibiotikum, weil das ja wie eine Wunderwaffe gegen alle möglichen fieberhaften Infekte wirke.“
Verantwortungsbewusster Einsatz
Wunderwaffen sind Antibiotika zweifellos – wenn auch nicht im Kampf gegen Viren. Bis Alexander Fleming vor knapp hundert Jahren Penicillin entdeckt hat, starben Menschen an Wundinfektionen, Blutvergiftung oder Lungenentzündung. Krankheiten, die heute erfolgreich behandelt werden können. Seitdem stieg die Lebenserwartung deutlich. Erreichten die Menschen Anfang des 20. Jahrhunderts durchschnittlich maximal das 48. Lebensjahr, werden sie heute 81 Jahre alt. Und Eltern müssen nicht um das Leben ihrer Kinder bangen, wenn diese an Scharlach oder an einer Lungenentzündung leiden. Eindeutig: Antibiotika sind ein Segen. Mit dem verant- wortungsbewusst umzugehen ist. Sie sollten nur eingesetzt werden, wenn es notwendig ist. Denn wie andere hochwirksame Medikamente haben sie Nebenwirkungen.
Probiotika für die Darmflora
„Man darf nicht vergessen, dass sich die Einnahme eines Antibiotikums auf den ganzen Körper auswirken kann“, sagt Dominik Kaiser. Ein Antibiotikum unterscheidet nämlich nicht zwischen den ‚bösen‘ und den ‚guten‘ Bakterien. Es zerstört – zum Glück – die Krankheitserreger und – leider – auch eine Reihe jener nützlichen Bakterien, die den Magen-Darm-Trakt besiedeln. Durchfall, Unwohlsein, eine beeinträchtigte Darmflora können die Folgen sein. Kaisers Ratschlag: „Die Gabe von Probiotika fördert die Darmgesundheit und kann Erwachsenen und Kindern, die extrem reagieren, helfen.“ Bei der Einnahme soll man sich genau an die Empfehlungen des Arztes oder Apothekers halten. Selbst wenn sich die Beschwerden schon nach wenigen Tagen merklich bessern, muss das Medikament unbedingt bis zum Schluss eingenommen werden. „Sonst entstehen resistente Bakterien“, warnt Kaiser, „und das ist ein großes Problem.“ Denn wenn der Krankheitserreger nicht vollends zerstört wird, entwickelt er eine Widerstandskraft gegen das Antibiotikum.
Abstände einhalten
Aufgrund dieser Resistenzen, die durch unsachgemäße Einnahme und übermäßigen Gebrauch von Antibiotika in der Human- sowie in der Veterinärmedizin entstehen, sterben allein in Europa rund 35.000 Menschen jährlich. Das Wissen um mögliche Nebenwirkungen und um gefährliche Resistenzen kann Angst machen. Und ruft bei manchen Eltern Skepsis hervor, wenn der Arzt ein Antibioti- kum verschreibt. Auf die Einnahme zu verzichten, ist allerdings nicht empfehlenswert. „Wichtig ist auch, dass Eltern das Medikament in jedem Fall immer in der richtigen Dosierung und in voller Therapiedauer geben und nicht selbst herumdoktern“, betont Kaiser. Die vorgeschriebenen Abstände der einzel- nen Gaben sollen so gut es geht eingehalten werden, damit rund um die Uhr die Minimalkonzentration des Medikaments im Körper gegeben ist.
Alle Register ziehen
Und wenn sich ein Kind weigert, seine Medi- kamente zu nehmen? „Es sollte keine Gabe ausfallen. Deswegen alle Register ziehen“, rät Kaiser. Ausnahmsweise das Kind eine zusätzliche Folge der Lieblingsserie schauen lassen, gut zureden, Gummibärli als Belohnung in Aussicht stellen oder die Suspension mit Himbeersirup strecken. Damit das Kind die nötige Dosis erhält, ist (fast) alles erlaubt. Nur auf Milch oder Joghurt sollte man bei der Einnahme verzichten. Die vertragen sich nämlich nicht so gut mit Antibiotika.
Dominik Kaiser, Apotheker in Wien Simmering
Welche Medikamente helfen bei Fieber?
Antibiotika bekämpfen die Krankheitserreger direkt, wirken aber nicht automatisch fiebersenkend. Eltern greifen deshalb bei Infektionen zusätzlich oft zu fiebersenkenden Medikamenten, wenn ihr Kind hoch fiebert und es ihm sehr schlecht geht. Die Klassiker sind die beiden Wirkstoffe Paracetamol und Ibuprofen, die in Fiebersäfte, Zäpfchen oder Tabletten verabreicht werden. „Beide Wirkstoffe wirken sehr gut und sind normalerweise gut verträglich“, sagt Apotheker Dominik Kaiser. „Man kann sie auch abwechselnd verwenden.“
Die Dosierung der Fiebersäfte hängt dabei vom Körpergewicht des Kindes ab. Zäpfchen werden häufig bei Babys angewendet und sind bei größeren Kindern empfehlenswert, wenn extreme Halsschmerzen das Schlucken von Tabletten oder Säften verhindern.
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