Baby

Willkommen im Leben

Die ersten drei Jahre eines Kindes werden nahezu täglich von neuen Entwicklungen begleitet – vom ersten Sitzen bis zum ersten gesprochenen Wort, vom ersten Schritt bis zum ersten Zahn, vom Ich-Bewusstsein bis zur Entwicklung sozialer Fähigkeiten.

 

Wenn es so etwas gibt wie die Formel 1 des Lebens, eine Art Rennstrecke, auf der man durch seine psychische und physische Entwicklung rast, so schnell, dass man es kaum noch wahrnimmt, dann gehören die ersten Lebensjahre eines Menschen definitiv dazu. Denn in keiner anderen Phase des Seins entwickelt man sich so schnell wie in den ersten 36 Monaten nach der Geburt – vom Krabbeln übers Gehen und Sprechen bis hin zur Entdeckung des Ich-Bewusstseins und dem Knüpfen der ersten sozialen Kontakte.

 

1. Lebensjahr – Krabbeln und Stehen

Besonders rasant ist das erste Lebensjahr. „So rasch wie in dieser Phase“, erläutert Kinderarzt Peter Voitl, „geht es nie wieder voran. Hier erfolgt die komplette Entwicklung vom Säugling hin zum Aufrichten und Gehen in Richtung Autonomie, und in jedem Monat passiert unglaublich viel. Das beginnt gleich nach der Geburt mit der Adaptierung an das Leben außerhalb des Mutterleibs und der Umstellung der Ernährung. Weitere Meilensteine im ersten Lebensjahr sind Krabbeln, Aufrichten und Stehen.“ Auch das Körperwachstum erfolgt rasant: Babys werden durchschnittlich mit rund 52 Zentimeter Körperlänge und einem Gewicht von 3,4 Kilogramm geboren – alleine in den ersten zwölf Lebensmonaten kommen rund 25 Zentimeter und sechs Kilo dazu. Kontrolliert wird diese Entwicklung durch die vorgeschriebenen Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen, die der gesundheitlichen Vorsorge von Kindern bis zum fünften Lebensjahr dienen. Peter Voitl: „Dabei schaut sich der Kinderarzt bei jedem Kind sehr genau an, wie die Entwicklung verläuft – und es können Auffälligkeiten entdeckt und besprochen werden. In der vierten bis sechsten Lebenswoche etwa findet eine orthopädische Untersuchung des Säuglings inklusive Hüftultraschall statt. Im dritten bis fünften Lebensmonat gibt es eine komplette körperliche Untersuchung sowie die erste Sechsfach- und die Pneumokokken-Impfung. Im siebenten bis neunten Monat geht es darum, die motorische Entwicklung wie Aufsitzen und Krabbeln zu kontrollieren.“

Die soziale Entwicklung

Stefanie Höhl leitet den Arbeitsbereich für Entwicklungspsychologie am Institut für angewandte Psychologie und weiß, dass bereits Babys im Alter von sechs bis acht Wochen beginnen, sozial aufzuwachen, wie sie es nennt: „Sie schauen und lächeln die Bezugsperson an. Außerdem versuchen sie, die Aufmerksamkeit der Mutter zu bekommen – und weinen, wenn ihnen das nicht gelingt. Gegen Ende des ersten Lebensjahres sind sie sich bewusst, dass sie nicht nur mit anderen Personen interagieren, sondern auch, dass sie Gegenstände oder eine dritte Person miteinbeziehen können, man nennt das ,triadische Interaktion‘.“ Das Entscheidende an dieser sozialen Entwicklung: Sie ist wichtig für das soziale Lernen, so zum Beispiel für das Lernen von Wörtern.

 

 

2. Lebensjahr – die Sprache kommt

Nicht minder wichtig für Kinder ist das zweite Lebensjahr, in dem sie im wahrsten Sinn des Wortes laufend die Welt entdecken. Sowohl grob- als auch feinmotorisch werden sie von Tag zu Tag besser, beginnen, zu klettern und sicher laufen sowie Gegenstände in Behälter zu füllen. Manche können sich auch schon eigenständig  Hauben aufsetzen, Strümpfe anziehen und kritzeln die ersten Striche und Punkte auf Papier. Die vielleicht auffälligste Entwicklung ist die der Sprache. Gerade im zweiten Lebensjahr macht die sprachliche Entwicklung einen enormen Sprung, und die Kinder sagen vieles nach und beginnen auch schon, die ersten kurzen Sätze mit zwei Worten zu sagen.

Wenn die große Wut kommt

Ab dem 18. Lebensmonat startet bei vielen Kindern auch die Trotzphase, und Mama und Papa müssen sich auf zahlreiche Wutanf.lle ihrer Lieblinge einstellen. Das Wichtigste: dass man ihnen mit Gelassenheit, jedoch nicht Gleichgültigkeit begegnet und dem Kind verdeutlicht, dass man seinen Zorn, etwa wenn sein Freund das Spielzeug nicht teilen m.chte, versteht. Ebenfalls wichtig: dem Kind körperliche Zuwendung zu geben, wenn es das nach einem Wutanfall möchte.

Rasante soziale Entwicklung

Besonders geprägt ist das zweite Lebensjahr durch die psychische und soziale Entwicklung. Neben dem Ich-Verständnis, das Kinder mit rund 18 Monaten bekommen, werden in dieser Lebensphase wichtige Fähigkeiten wie Empathie entwickelt, erklärt Entwicklungspsychologin Stefanie Höhl: „Mit etwa eineinhalb Jahren beginnen Kinder je nach motorischen Möglichkeiten, anderen Menschen zu helfen, wenn diese ein Problem haben. Etwa indem sie von sich aus, ohne dass man es ihnen sagt, aufstehen und einer Person etwas geben, dass dieser gerade hinuntergefallen ist.“ In jener Phase beginnen sie ebenfalls, verstärkt Symbolspiele zu spielen. Dabei verändern sie spielerisch die Funktion von Gegenständen: „Eine Banane kann dann ein Telefon sein oder ein Baustein ein Flugzeug. Die Kinder können sich von der sichtbaren Realität loslösen und eine zweite Fantasieebene öffnen. Diese Phase ist für die Sprachentwicklung entscheidend.“

 

 

3. Lebensjahr – der Wortschatz wächst täglich

Im dritten Lebensjahr sind Kinder motorisch schon sehr gut entwickelt, die meisten sprechen klarer und haben einen deutlich größeren Wortschatz und lernen fast t.glich neue Wörter. Gegen Ende des dritten Lebensjahres verwenden viele Kinder bereits 1.000 und mehr aktive Worte und bilden Sätze mit Drei- und Mehrwort-Kombinationen. „Um den dritten Geburtstag herum“, sagt Dr. Stefanie Höhl, „beginnen Kinder außerdem, verstärkt auf Regeln zu achten und soziale Normen zu befolgen. Wenn man Dreijährigen ein bestimmtes Spiel zeigt und dann zum Beispiel eine Puppe kommt, die dieses Spiel anders spielt, sagen sie der Puppe, dass das so nicht geht. Daran erkennt man, dass in diesem Lebensalter Regeln nicht nur für die Kinder selber relevant sind, sondern sie diese auch durchsetzen möchten. Ab diesem Alter kann man deshalb beginnen, mit ihnen Spiele nach Spielregeln zu spielen.“

Individuelle Entwicklung

Trotz allem gilt: Nicht jedes Kind entwickelt sich gleich – und Tabellen können höchsten als Orientierungshilfen dienen, wie Kinderarzt Peter Voitl erinnert: „Man muss da sehr tolerant sein und darf sich nicht sofort Sorgen machen, wenn ein Entwicklungsschritt einmal verzögert erfolgt. Jedes Kind hat seine ganz eigene und ganz individuelle Entwicklung, die sich auch nicht gleichmäßig vollzieht und von vielen verschiedenen Umständen abhängt. Manche sind sprachlich schneller, andere wiederum motorisch.“

Schlussendlich gilt: Die Entwicklung eines Kindes verläuft ebenso individuell, wie jeder Mensch es ist – und das Tempo bestimmt jedes Kind selber.

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