Erziehung

„Resilienz ist die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen“

Auch Kinder haben Krisen zu bewältigen und müssen mit Stress und Überforderung fertig werden. Resilienz und Achtsamkeit helfen dabei.

Gini Czernin, Expertin für Burnoutprävention und Stressmanagement, ist psychologische Beraterin, diplomierte Lebensund Sozialberaterin und diplomierte Mentaltrainerin. Sie arbeitet nach dem Wiener Resilienz-Modell und bietet unter anderem auch Resilienztraining für Erwachsene, Jugendliche und Kinder an. Sie arbeitet mit dem Resilienzzentrum Österreich zusammen.

Was ist Resilienz, und wie kann man diese bei Kindern fördern?
Resilienz ist die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen. Ein resilienter Mensch nutzt seine Fähigkeiten und auch seine sozialen Ressourcen, um schwierige Lebenssituationen zu meistern und sich dadurch weiterzuentwickeln. Das Wiener Resilienzmodell beschreibt die Ernährung, die Bewegung und die psychische Stärke als die drei Säulen der Resilienz: Food- Move-Mind. Um die drei Säulen der Resilienz zu stärken, sind Eltern in ihrer Vorbildfunktion extrem wichtig. Eltern, die in stressigen Situationen durchatmen können und in Ruhe agieren, geben ihren Kindern Sicherheit und Ruhe und fördern damit den natürlichen Nachahmungstrieb im positiven Sinn.

Auch Rituale sind sehr wichtig?
Rituale geben Sicherheit und Orientierung. Gemeinsames Kochen und Essen sowie Bewegung in der Natur fördern außerdem die Kommunikation und die Beziehung zueinander. Familiäre Bindungen vertiefen sich, und das für das Glücksgefühl mitverantwortliche Bindungshormon Oxytocin wird ausgeschüttet. Die sieben Schlüsselkompetenzen der Resilienz sind mir in diesem Zusammenhang ganz besonders wichtig. Sie gilt es zu trainieren und zu stärken, um belastende Ereignisse oder schlechte Rahmenbedingungen gut verkraften zu können.

Wie kann man die Achtsamkeit des Kindes fördern?
Babys sind richtige Achtsamkeitsexperten. Wenn sie atmen, atmen sie, wenn sie liegen, liegen sie. Sie sind bei allem, was sie tun, mit der Wahrnehmung und der Konzentration im Hier und Jetzt, also genau in diesem Moment. Je älter man wird, desto mehr neigt man dazu, mit den Gedanken in die Zukunft oder in die Vergangenheit zu schweifen. Kinder sind beim Spielen, bei der Bewegung in der Natur oder im Freizeitsport im Hier und Jetzt. Das perfekte Achtsamkeitstraining, und somit optimal geeignet, um Stress abzubauen.

Was können Eltern zusätzlich tun, um die Resilienz ihrer Kinder zu stärken?
Ab einem Alter von vier Jahren ist es zum Beispiel sehr sinnvoll, altersgemäße Märchen mit positivem Ausgang vorzulesen oder zu lesen. In Grimms Märchen löst der Held immer schwere Aufgaben. Er hat ein Ziel. Er akzeptiert die Situation, wie sie ist, und sucht nach Lösungsmöglichkeiten. Er setzt, um die Hindernisse zu überwinden, seine Fähigkeiten und Stärken ein und holt sich Unterstützung und Hilfe von außen. Ein sehr resilientes Verhalten! Kinder identifizieren sich gerne mit den Helden dieser Märchen. Dies verstärkt die Selbstwirksamkeit. Ich kann etwas, und ich bewirke etwas damit. Das resiliente Verhalten der Helden hat eine große Vorbildwirkung. Es ist wichtig, dass man sich die Zeit nimmt, das gesamte Märchen zu lesen, damit das Kind das positive Ende erfährt und nicht mit seiner Fantasie alleine gelassen wird. Danach sollte noch Zeit sein, mit dem Kind über die Geschichte zu sprechen.

Was erzeugt Stress bei Kindern?
Stress findet nicht nur in der Schule statt, es gibt auch eine Überforderung in den verschiedenen Lebensrollen. Kinder sind zum Beispiel Sohn oder Tochter, Enkelkind, Schüler, Schülerin, Kind, Freund, Freundin, Sportler, Musiker. Die Spannung zwischen diesen vielen Rollen und die permanente Erwartungshaltung von außen, möglichst rasch zu reagieren, zu antworten, verfügbar oder anwesend zu sein, überfordert Kinder und setzt sie unter Stress. Die Schnelllebigkeit unserer Zeit, der Einsatz und die Nutzung der verschiedenen Medien haben große Vorteile, jedoch auch Schattenseiten. Selbst unsere Kinder müssen immer und überall erreichbar sein, und wir wissen, wie sehr uns das manchmal selber stresst. Oft fehlt einfach die Zeit für Pausen. Es muss auch erlaubt sein, einfach nur in die Luft zu schauen und der Fantasie freien Lauf zu lassen.

Wie kann man sich in akuten Stresssituationen helfen?
Wichtig ist es, die eigenen Emotionen und Reaktionen bewusst wahrzunehmen und zu spüren. Nur wer spürt, wie sein Körper und seine Gedanken unter Stress reagieren, und diese Reaktionen wahrnimmt, kann selbst den Stresslevel reduzieren. Dieses bewusste Wahrnehmen kann man trainieren. Oft hilft es, die stressigen Situationen kurz zu unterbrechen. Einfach mal tief durchatmen, sich aus der Situation herausbewegen oder einfach aufstehen und eine Pause machen.

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