Basic Bonding
WARUM EINE SICHERE ELTERN-KIND-BINDUNG SO WICHTIG FÜR DIE ENTWICKLUNG IST.
Eine liebevolle Beziehung zwischen Eltern und Baby ist die Basis für die gesunde, seelische Entwicklung des Kindes und wirkt sich positiv auf Themen wie Schreien, Schlafen oder Füttern aus. Was versteht man eigentlich unter einer sicheren Bindung? Und welche körperorientierten Methoden sind dabei hilfreich?
Nach der Geburt beginnt für Eltern und Kind in der Regel die magische Zeit des einander Kennenlernens. Das Bonding als emotionale Verbindung zwischen Papa, Mama und Baby rund um die sensible Geburtsphase gilt als Basis für die Entwicklung einer liebevollen Eltern-Kind-Beziehung. Verlässlichkeit, Schutz, Geborgenheit, Orientierung: das alles braucht es im Besonderen, damit Kinder Vertrauen zu ihren unmittelbaren Bezugspersonen aufbauen können. Die Enwicklungspsychologie spricht nicht umsonst von einer sicheren Bindung als Voraussetzung für die seelische Integrität eines Menschen. „Als „sicher“ gilt die Bindung, wenn das Kind seine wichtigsten Bezugspersonen in schwierigen Momenten aufsucht, um dort Schutz und Trost zu finden“, weiß der Bremer Körperpsychotherapeut und Eltern-Baby-Therapeut Thomas Harms.
Sichere Segel fürs Erwachsenenalter
Die Bindungs- und auch Hirnforschung geht davon aus, dass besonders in den ersten drei Lebensjahren des Säuglings und Kleinkindes die Qualität der Eltern-Kind-Beziehung große Auswirkungen auf seine Entwicklung hat. Erfahren die Kleinen von Anfang an, dass die Welt um sie herum sicher ist und dass ihre Eltern sich ausreichend und feinfühlig um sie kümmern, werden bereits wichtige Segel gesetzt für die spätere Reise ins Erwachsenenalter. Empathische Eltern antworten auf die Signale, die das Baby aussendet, sie reagieren auf Weinen, wissen, wann es gestreichelt oder gefüttert werden möchte.
In diesem geschützten Seelenraum entwickeln sie Lust aufs Lernen, also darauf, ihrer Entwicklung entsprechend auf Entdeckungsreise zu gehen und sich das Leben anzueignen. Insofern geht die Wissenschaft auch davon aus, dass sicher gebundene Kinder später in der Lage sind, ihre Entwicklung selbst zu organisieren, sich in der Gruppe, also mit anderen Kindern, die Welt zu erschließen und als Erwachsene glückliche und tragfähige Beziehungen einzugehen.
Ängste & idealisierte Vorstellungen als Beziehungskiller
Eltern wollen heute für ihre Kinder bekanntlich das Beste. Dabei seien Babys laut Eltern-Coach Thomas Harms allerdings allzuoft Projekte der Eltern. „Der Selbstanspruch und auch die Aufmerksamkeitskonzentration sind entsprechend hoch und man will alles, was fehlerhaft ist, vermeiden.“ Mit der fatalen Folge, dass gerade dieser idealisierte Ansatz ein offenes Tor für Enttäuschungen darstellt. „Kinder sind nun mal immer anders, es passieren andauernd unvorhergesehene Dinge – da hilft keine durchgestylte Performance und auch keine perfekte Planung.“ Denn wie heißt es so schön: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Und die Realität schaut dann ganz oft so aus: untröstlich schreiende Babys, Kinder, die nicht schlafen können, nicht funktionierende Stillbeziehungen auf der einen Seite. Chronisch überforderte und erschöpfte Eltern auf der anderen – aufgerieben von Schlafproblemen, mit einem schwer zu beruhigenden Kind im Arm und laufenden Sorgen um dessen Entwicklung. Fühle sich das Kind mit seinen Bedürfnissen gesehen, gäbe es laut Harms weniger Anlass sich schreiend mitzuteilen und seine Begleiter aufzufordern, etwas zu ändern. Geraten Eltern hingegen in einen Kreislauf aus Angst, Anspannung und Verunsicherung, wird der intuitive Zugang zur emotionalen Ebene des Kindes immer schwieriger. Die unmittelbaren kindlichen Bedürnisse werden zu wenig erkannt, das Kind fühlt sich zu wenig aufgehoben.
Bindung fördern mittels Selbstanbindung
Nicht umsonst gründete Körperpsychotherapeut Harms die „Emotionelle Erste Hilfe“ als Angebot für Eltern bei akuten Krisen, anhaltenden Stresszuständen und negativen Beziehungszuständen. In so genannten Stressmanagement-Modulen erlernen Eltern, wie sie ihren Körper einsetzen können, um stress- und spannungsvolle Situationen mit ihrem Kind besser bewältigen und begleiten zu können. Zentrales Konzept der „Emotionellen Ersten Hilfe“ ist die Selbstanbindung. „Die elterliche Feinfühligkeit verbessert sich deutlich, wenn Eltern die innere Verbindung zum Erleben ihres eigenen Körpers aufrecht erhalten“, erklärt Thomas Harms. Vereinfacht gesagt: Spürst du dich selbst, dann spürst du auch dein Kind. Dabei helfen einfache Atem- und Vorstellungsübungen, auch bei schwierigen Situationen mit dem Kind in einen Zustand von Beruhigung und Offenheit zurückzukehren. Anhand von Gesprächen, Halt gebenden Berührungen und Wahrnehmungsübungen soll der Kreislauf von Angst, Anspannung und Verunsicherung frühzeitig durchbrochen werden. Mit dem Ziel: die Nähe zum Kind zu stärken. Die dazu gewonnene Bindungsfähigkeit soll nachhaltig zu einer feinfühligen und liebevollen Beziehung zwischen Eltern und Kind beitragen – gerade auch in schwierigen und herausfordernden Zeiten.
Die Kunst, ein guter Leuchtturm zu sein
Innere Selbstanbindung: Bereit sein, sich selbst zu öffnen. Bei sich sein, sich selber spüren und mit dem eigenen Körper verbinden.
Durch das Sicherheitserleben der Eltern können sich die Kinder leichter entspannen und öffnen.
Sich selber schützen, managen und in einen sicheren Raum verankern.
Ja sagen zum eigenen (negativen) Gefühl, Ja sagen zur Nähe.
Babys brauchen Erwachsene, die sich erwachsen verhalten: Toleranz für das Weinen und die Unruhe des Kindes zeigen; sich selbst gut abgrenzen und das kindliche Schreien und Quengeln nicht persönlich nehmen.
Hektik im Pflegeangebot und bei Abläufen vermeiden, aufgeregtes Schaukeln und Wippen lässt das Maß an Erregung auch beim Kind steigen.
Elterliche Ablenkungsmanöver und Ersatzbefriedigungen führen nicht zum Ziel: Babys entwickeln keine Frustrationstoleranz und werden auf „Ablenkung“ hin getrimmt.
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