Mode

Bio wird zur Mode

Bio liegt im Trend – nicht nur im Obstkorb und im Eiskasten, sondern zunehmend auch im Kleiderschrank. Gerade in der Kindermode ist Biobaumwolle so gefragt wie noch nie. familiii präsentiert die Vorteile und zeigt, welche Ökomode wirklich „bio“ ist.

biomode kinder

Die Bilder erschütterten die Welt. Vor fünf Jahren, genau am 24. April 2013, stürzte der riesige Textilfabrikkomplex Rana Plaza in Bangladesch wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Mehr als 1.100 Menschen starben in den Trümmern, mindestens doppelt so viele wurden verletzt.

Eine Katastrophe, die ein Schlaglicht auf die oft menschenunwürdigen Produktionsbedingungen in den berüchtigten „Sweatshops“ der global agierenden Textilindustrie warf. Und die zumindest bei einem Teil der Konsumenten sowie der Modeketten einen Umdenkprozess in Gang gesetzt hat.

Nachdem Kleidung längst zum Billigsdorfer-Wegwerfprodukt verkommen ist, hat eine Gegenbewegung eingesetzt: Nach Biolebensmitteln, die heute in jedem Supermarkt zu finden sind, beginnt nun auch der Markt für biologische, faire und nachhaltige Ökomode zu boomen. Immer mehr Modeketten, darunter Discounter wie C&A, H&M, Otto-Versand oder Tchibo, haben Biobaumwolle als Marktnische entdeckt und auf ihre Werbefahnen geheftet. Gerade im Bereich der Baby- und Kindermode ist Biobaumwolle so gefragt – und auch so chic – wie noch nie. „Die Ökobewussten wollen keine Kleidung mehr kaufen, die aus genmanipulierten Fasern stammt, Pestizide enthält und von Kindern in anderen Teilen der Welt gefertigt wurde“, betont Zukunftsforscher Peter Wippermann vom Trendbüro. Ähnlich wie bei Lebensmitteln wollen immer mehr Verbraucher auch wissen, woher ihre Kleidung kommt und wie sie produziert wurde. „Vor allem Mütter legen beim Einkauf für ihre Kinder auf Bio wert“, sagt Thorsten Rolfes, Sprecher der C&A-Kette, die bereits rund 40 Prozent ihres Sortiments aus Biobaumwolle verkauft.

Zweitgrößter Umweltverschmutzer

Mit gutem Grund, denn tatsächlich ist die Textilbranche der zweitgrößte industrielle Umweltverschmutzer nach der Erdölindustrie. Im 2016 erschienenen Dokumentarfilm „For the Love of Fashion“ machte Umweltschützerin Alexandra Cousteau auf die problematischen Methoden beim herkömmlichen Anbau der Baumwollpflanze (rund 70 Prozent der Aussaat sind bereits genmanipuliert) aufmerksam.
Etwa jedes zweite aller weltweit hergestellten Kleidungsstücke – pro Jahr werden insgesamt drei Billionen (!) davon produziert – besteht aus Baumwollfasern. Deren Anbau und Weiterverarbeitung verschlingen riesige Mengen Wasser: Bis zu 2.700 Liter werden zur Herstellung eines einzigen konventionellen T-Shirts benötigt. Die Folgen des enormen Wasserverbrauchs beim Intensivanbau von Baumwolle sind am abschreckenden Beispiel des Aralsees zu sehen. Der einst riesige Binnensee in Zentralasien trocknet seit den 1960er-Jahren wegen der Bewässerung der gigantischen Baumwollfelder in Kasachstan und Usbekistan immer weiter aus. Dazu kommt, dass bei keinem anderen landwirtschaftlichen Anbauprodukt so viele Pflanzengifte eingesetzt werden: Pro Saison wird Baumwolle durchschnittlich 20- bis 25-mal mit verschiedenen Ackergiften besprüht, zudem werden zur maschinellen Ernte hochgiftige Entlaubungsmittel wie z. B. das höchst umstrittene „Roundup Ready“ (Glyphosat) eingesetzt. So landet rund ein Viertel aller Pestizide, die jedes Jahr auf die Felder gesprüht werden, auf Baumwollplantagen.
Mit dramatischen Folgen: Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO sterben jährlich etwa 28.000 Menschen – vor allem Kinder – durch Pestizidvergiftungen beim Baumwollanbau. 80 Millionen Kinder arbeiten laut UNICEF in der Baumwollproduktion. Manchmal schuften schon Sechsjährige auf den Farmen – elf bis zwölf Stunden pro Tag und oft unter sklavenähnlichen Bedingungen, weil ihre Familien in Schuldknechtschaft der Landbesitzer leben.

Giftcocktail auf T-Shirts und Co

Nach der Ernte wird die Baumwollfaser gereinigt, gesponnen, mit Chlorlösungen gebleicht, teilweise mit hochgiftigen Azofarbstoffen gefärbt und chemisch ausgerüstet. So gelangt ein ganzer Cocktail an Giftstoffen in die Kleidung: Formaldehyd, Chlor, Motten-,Flamm- und Fleckenschutz. Manche dieser Zutaten sind so giftig, dass die EU sie längst verboten hat. Doch in Asien, Afrika und Lateinamerika werden sie weiter verwendet. Um die Baumwolle für den Transport und die Lagerung vor Schimmel und Schädlingen zu schützen, kommen nochmalsgroße Mengen Chemie zum Einsatz. Ein erheblicher Teil der Chemikalien verbleibt im Stoff und gerät somit in direkten Hautkontakt.
Fazit: Ein herkömmliches T-Shirt aus Baumwolle ist allein mit rund 150 Gramm Pestiziden belastet und fliegt einmal um die halbe Welt, bevor es im Verkaufsregal landet.

Die vielen Vorteile von Biobaumwolle

Der Anbau von zertifizierter Biobaumwolle beweist hingegen, dass es auch anders geht – wie im übrigen ökologischen Landbau ohne Gentechnik, ohne Pestizide, ohne Einsatz von synthetischen Pflanzenschutzmitteln und Kunstdüngern, dafür mit Tröpfchen- und Regenbewässerung, die bis zu 60 Prozent Wasser sparen. Und mit vorgeschriebener Fruchtfolge: Die Baumwolle wird also im Wechsel mit anderen Kulturen nur alle drei Jahre angebaut. Das bietet den (Klein-)Bauern die Chance, weitere Bioprodukte für die Ernährung der eigenen Familie und für die Vermarktung anzubauen und sich auf diese Weise unabhängiger von der Baumwolle und deren stark schwankendem Weltmarktpreis zu machen. Außerdem dient der Fruchtwechsel – wie die Düngung mit hofeigenem Mist und Kompost – der Bodenpflege und beugt der Vermehrung von Schädlingen und Krankheiten vor. Auch die gleichzeitige Aussaat anderer Pflanzen vermeidet unnötigen Spritzmitteleinsatz. So werden zum Beispiel Sonnenblumen um die Baumwollfelder gepflanzt. Diese ziehen Schädlinge wie den Baumwollkapselkäfer an und verhindern so einen Befall der Baumwollpflanzen. Rein optisch ist kein Unterschied zwischen konventionell und nachhaltig produzierten Shirts und Jeans festzustellen. Aufgrund der schonenden Verarbeitung haben Textilien aus Biobaumwolle aber in der Regel eine höhere Qualität als die Baumwolle von großen Cash-Crops. Die Fasern sind meist länger, was einen weicheren und dabei reißfesteren Stoff ergibt. Und schließlich offenbart ein Blick hinter die Kulissen noch gravierende soziale Unterschiede der beiden Anbauweisen:
Biobaumwollbauern müssen ihre kostbare Ernte nicht zu unrentablen Dumpingpreisen verkaufen, sondern erhalten einen angemessenen Lohn, der ihre Existenz sichert. Zudem sparen sie sich die Kosten für genmanipuliertes, bloß einmal verwendbares Saatgut sowie für Pestizide – und bleiben somit unabhängig von Saatgutkonzernen und Chemieindustrie. Und zuletzt bieten die führenden unabhängigen Gütesiegel die Garantie, dass es keinerlei Zwangs- oder Kinderarbeit auf den Plantagen gibt. Zahlreiche gute Gründe, beim nächsten Einkauf auf zertifizierte Biobaumwolle zu achten.

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