Erziehung

Draußen vor der Tür

Aut dem Schulweg werden Freundschaften fürs Leben geschlossen, Umwege erkundet und auch mal ein Streit ausgefochten. Bald treten zahlreiche Kinder ihren ersten Schulweg an. Gefahren gibt es, aber keine Panik: Übung macht den Meister.

 

Die Kinder das erste Mal allein zur Schule zu schicken, ist eine Herausforderung. Damit der Schulweg für alle Beteiligten sorgenfrei klappt, sollte man ihn deshalb mit den Kleinen mehrfach vorher abgehen. Leider verzichten etwa ein Drittel der Eltern darauf, die künftige Morgenroutine vor dem ersten Schultag durchzuspielen, ergab eine Umfrage des Kuratoriums für Verkehrssicherheit. „Damit wird eine ganz wichtige Vorsorgemaßnahme gegen Kinderunfälle im Straßenverkehr in hohem Grad vernachlässigt, so Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Forschung und Wissenschaftsmanagement. Der Universalgedanke ist es, den Kindern ein Vorbild zu sein. Dass Erwachsene Regeln ohne Konsequenzen brechen können, übersteige das kindliche Verständnis, so das KFV weiter. Der kürzeste Weg ist dabei nicht immer auch der sicherste. So sollten zum Beispiel gefährliche Kreuzungen gemieden und stattdessen Übergänge mit Ampeln oder Schülerlotsen genutzt werden.

Gemeinsam üben

Unfälle am Schulweg sind leider keine Seltenheit. So ereigneten sich 2016 laut Statistik Austria 538 Unfälle bei Kindern zwischen sechs und 15 Jahren. Der ÖAMTC empfiehlt deshalb, nicht nur sonntagnachmittags zu üben, wenn die Straßen leer sind, sondern tatsächlich die Schulanfangszeiten zu nutzen. Der Berufsverkehr bringt versteckte Gefahren mit sich, die man an verkehrsberuhigten Tagen nicht vorhersehen kann. Dabei soll das Kind aktiv mit „Wenn, dann“-Szenarien eingebunden werden. Als Erwachsener hat man einen sehr guten Überblick über die Umwelt und die aktuelle Verkehrssituation. Aus dem Blickwinkel des Kindes fehlt diese Weitsicht oft schon aufgrund der geringeren Körpergröße. Daher hilft es, auch mal in die Knie zu gehen, um Gefahrenstellen zu identifizieren. Das KFV warnt davor, die Kinder wie kleine Erwachsenen zu behandeln, da ihre Sinne noch nicht für den Straßenverkehr geschärft sind.

Wenn die Kinder mit Freunden gemeinsam zur Schule gehen, bietet es sich an, mit ihnen zusammen zu üben. Auch wenn es wichtig ist, dass die Kinder gemeinsam Freude am Schulweg haben, sollte man sie davor warnen, sich ablenken zu lassen. Das wird vielerorts mit besonderen Projekten gefördert. Der „Pedibus“ ist dabei ein inter- national bewährtes Vorzeigeprojekt, das auch hierzulande verbreitet ist. In Begleitung von eingeschulten Erwachsenen gehen die Kinder gemeinsam einen Schulweg ab, und an vorher festgelegten Haltestellen werden die Kinder abgeholt. Die Organisation funktioniert eigenverantwortlich, manchmal durch die Schulen, meistens jedoch durch die Eltern selbst. Die Polizei vor Ort wird ebenfalls informiert und übernimmt die Einschulung der Aufsichtspersonen. Gerade für die Anfangszeit sorgen solche gemeinsamen Routen dafür, dass die Kinder die Strecke aufmerksam und routiniert zu bewältigen lernen.
Auch wenn die Kinder mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind, sollte man vorher das Verhalten an der Haltestelle und im Bus üben. Dazu gehört nicht nur, dass man nicht Fangen ums Wartehäuschen spielen soll, sondern auch das richtige Überqueren der Straße vor oder hinter dem Bus sollten die Kinder können. Da helle Kleidung und Reflektoren an Gewand und Schultasche wichtig für die Sichtbarkeit des Kindes sind – vor allem wenn es draußen noch finster ist – sollte man sich rechtzeitig darum kümmern, dass die Kinder morgens gut sichtbar und ausgerüstet sind, wenn sie aus dem Haus gehen.

 

 

Gefahrenfaktor Smartphone

Eine der neuen Herausforderungen auf dem Schul- weg ist das Smartphone. Der kleine, blinkende Bildschirm lenkt Kinder und Erwachsene vom Geschehen auf der Straße ab. Egal, ob GPS-basierte Spiele wie Pokemon Go, Nachrichten an Freunde oder YouTube-Videos – die Aufmerksamkeit liegt nicht mehr auf dem Straßenverkehr, wenn man permanent aufs Handy starrt. Gerade Spiele verleiten zum Trödeln oder Stehenbleiben an unsicheren Stellen. Auch Musikhören mit Kopfhörern ist gefährlich, da die Kinder Umgebungsgeräusche nicht wahrnehmen und so schnell Autos oder Fahrradfahrer überhören können. Das ist auch bei Erwachsenen kein unbekanntes Problem: Bei starrem Blick auf den Handybildschirm andere anzurempeln, kennt man aus eigner Erfahrung. Beobachten die Kinder bei ihren Eltern, dass auch im Auto oder auf der Straße aufs Smartphone geschaut wird, werden sie es vermutlich nicht anders machen. Hier ist die Vorbildfunktion besonders wichtig.

Höchste Gefahr: das Elterntaxi

Auch wenn es für viele Eltern beängstigend klingen kann, die Kleinen mit all dem zu konfrontieren, ist der Weg zu Fuß immer noch der sicherste.

Das größte Problem wird von vielen Stellen – KFV, ÖAMTC und VCÖ – ganz klar definiert: Wird morgens jedes Kind einzeln zur Schule gefahren, ist Chaos vorprogrammiert und führt zu Stau und Gefahrensituationen. Laut Statistik des ÖAMTC haben fast zwei Drittel der Grundschulen damit ein massives Problem. Aus Sicht der Eltern gibt es viele Erklärungen: Der Fuß- oder Radweg sei zu gefährlich oder zu weit, und die Schule liege ohnehin auf dem Weg zur Arbeit. Tatsächlich sprechen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes eine andere Sprache: Im Jahr 2012 verletzten sich deutlich mehr Kinder im Auto als auf dem Schulweg zu Fuß. Zugegeben: Die Gefahren am Schulweg klingen auf dem Papier bedrohlich, und mit einer kurzen Autofahrt bleiben morgens vielleicht noch ein paar Minuten länger Zeit, bis alle fertig zum Aufbruch sind. Es gibt aber noch weitere Gründe, die Kinder nicht mit dem Auto zu chauffieren. Durch frische Luft und Bewegung kommen sie fit und konzentriert in der Schule an, während sie im Auto dösen und nicht richtig wach werden. Für die Fußgängerbeauftragte der Stadt Wien, Petra Jens, ist die Bewegung wichtig: „Der Schulweg kann ca. ein Drittel des täglichen Bewegungsbedarfes der Kinder abdecken. Das ist sehr wertvoll, da beinahe jedes dritte Kind zu Übergewicht neigt – was chronische Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes zur Folge haben kann.“ Auch bleibt die soziale Interaktion, das gemeinsame Gehen zur Schule und nach Hause mit Freunden, aus und verhindert damit, soziale Kompetenzen mit Menschen zu lernen, die nicht nur aus Sympathie, sondern auch aus Nachbarschaftlichkeit zusammentreffen.

Die richtige Übung mit den Eltern und gemeinsam mit anderen Kindern macht den Schulweg zu Fuß zur sichersten Variante. Er ist gesund, vermittelt soziale Kompetenzen und schult die Aufmerksam- keit der Kinder im Straßenverkehr. Voraussetzung für die Sicherheit ist es, sich vorher mit dem Schul- weg und den Kindern auseinanderzusetzen – so müssen sich Eltern auch keine Sorgen machen.

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