Eigenständiges Spielen der Kids ist Selfcare für die Eltern
Alinda Wit, zweifache Muttter und Europachefin der Spielzeugfirma Lovevery, versichert Eltern, dass es für beide Seiten gut ist, wenn die Kleinen sich auch mal allein beschäftigen und gibt ein paar Tipps hierfür.
„Einige kennen vielleicht den Instagram-Post mit einem ‘Rezept’ für Eiskaffee. (Anm.: Wenn man Kinder hat, bleibt der Kaffee oft solange stehen bis er kalt ist.) Ich denke, jede Mutter bekommt diesen wunderbar hin. Auch ich bin richtig gut darin. Vor der Pandemie, als ich wochentags noch viele Stunden im Büro verbrachte, habe ich meine freie Zeit genutzt, um mit meinen beiden kleinen Mädchen ausgiebig zu spielen. ‘Quality Time’ wie man so schön sagt. Das hat Spaß gemacht, war aber ehrlich gesagt auch oft anstrengend “, sagt Alinda Wit, Mutter von zwei Mädchen (zwei und sechs Jahre).
Kurz vor der Pandemie wechselte Alinda den Job und wurde Europachefin von Lovevery, einem Unternehmen, das pädagogisches Spielzeug herstellt, und beschäftigte sich nun auch beruflich mit dem Spielen. Sie stieß dabei auf Studien, die zeigten, dass es sowohl für Eltern wie den Nachwuchs gut ist, wenn die Kinder sich auch einmal alleine beschäftigen. Für die Erwachsenen ist es sogar ein Stückchen dringend notwendige Selfcare. In der Coronakrise, in der Alinda meist von zuhause arbeitet, entschied sie, dass es nun an der Zeit ist, ihre beiden Töchter Ella (2) und Iza (6) auch ab und zu allein spielen zu lassen. Ihr Erfahrungsbericht.
„Gute Eltern zu sein, bedeutet für viele ständige Interaktion mit den Kindern und völlige Selbstaufopferung. Aber das stimmt nicht. Das Erlernen des selbständigen Spielens ist für ein kleines Kind entwicklungsbedingt wichtig. Die Experten sind sich einig, dass eigenständige Beschäftigung die Bildung von Problemlösungsfähigkeiten, von kreativem Denken und das Fokussieren fördert. Sogar Babys profitieren von kurzen Zeiträumen des eigenständigen Spielens.
Natürlich sind es zunächst nur kurze Zeiträume, die Mütter und Väter für sich haben, während ihr Kind in der Nähe spielt. Eltern können aber je nach Entwicklungsstufe schrittweise auf längere Phasen hinarbeiten. Wenn das Baby noch sehr klein ist, reicht die Zeit vielleicht nur, um kurz ein oder zwei Minuten die Post zu sortieren, während das Kleine unter seinem Spielbogen kontrastreiche Bilder über sich betrachtet. Bei größeren Babys, die schon sitzen können, ist eventuell schon eine Tasse Tee drin. Im Vorschulalter können Eltern dann schließlich eine bestimmte Zeit festlegen, in der das Kind alleine in seinem Zimmer oder in einem anderen sicheren Bereich spielt. In dieser Phase haben Mütter und Väter Zeit, um mal wieder ein Buch oder die Zeitung zu lesen, ein Telefonat mit Freunden zu führen oder parallel etwas zu arbeiten. Selbst wenn das Kind sich zunächst nicht lange selbstständig beschäftigen kann, ist es wichtig, dass Eltern sich von dem Druck befreien, sich ständig engagieren zu müssen. Genau, Zeit also für etwas Selfcare. Die Entwicklung eigenständiger Spielgewohnheiten ist in jedem Fall ein Prozess. Nichts passiert von heute auf morgen.
Hier ein paar ihrer Tipps:
1. Für Babys, die noch nicht krabbeln können
- Das Baby sollte an einem sicheren und kindgerechten Ort wie unter einem Spielbogen sein. Bleiben Sie in der Nähe.
- Erwarten Sie zunächst nicht mehr als fünf Minuten eigenständiges Spielen.
- Wenn Ihr Kind zeigt, dass es genug hat oder gar weint, gehen Sie zu ihm. Seine Ausdauer kann langsam aufgebaut werden.
- Versuchen Sie, das eigenständige Spielen in die Routine Ihres Babys zu integrieren. Zum Beispiel: Schlafen, Stillen, ein Buch vorgelesen bekommen, dann selbständig beschäftigen.
2. Für größere Babys und Kleinkinder
- Nutzen Sie einen gesicherten und abgetrennten Raum wie ein Zimmer oder einen Bereich mit Schutzgittern, den Sie per Monitor überwachen können, so dass Sie Ihr Kind jederzeit sehen können, es sie aber nicht.
- Bieten Sie ein paar Spielzeuge nach der Montessori-Methode der Spielzeugrotation an. Durch die Beschränkung auf wenige Sachen, spielen die Kinder intensiver mit diesen.
- Wählen Sie Spielzeug und Aktivitäten aus, die auf die Entwicklungsstufe des Kindes zugeschnitten sind. So spielt es länger.
- Stellen Sie einen speziellen Snack oder ein Getränk für diese eigenständige Spielzeit bereit.
- Beginnen Sie mit wenigen Minuten eigener Beschäftigungszeit und steigern Sie diese schrittweise auf bis zu 20 oder 30 Minuten am Tag.
- Beachten Sie, dass bestimmte Tageszeiten – wie kurz vor dem Schlafen – eher ungeeignet für den Start sind.
3. Kinder im Vorschulalter
- Bauen Sie einfache Stationen mit drei oder vier möglichen Aktivitäten auf wie Puzzeln, Malen, Perlenfädeln und Bauklötzen, zwischen denen ihr Kind wechseln kann.
- Ein frischer Stapel Bibliotheksbücher in einem gemütlichen Raum funktioniert auch – Ihr Kind will vielleicht selbst „lesen“.
- Verzichten Sie auf Bildschirmflächen. Das Kind verliert sonst leicht den Fokus und die Zeit, in der es sich allein beschäftigen kann, wird weniger.
Alinda Wit mit ihren Töchtern Ella und Iza
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