Ein ganz normales Leben ohne Ernährungssonde für Johanna
Wegen einer angeborenen Trinkschwäche benötigte die kleine Johanna in ihren ersten Lebensmonaten eine Ernährungssonde. In der Kinder-Rehakokon Rohrbach-Berg konnte sie unter fachlicher Begleitung und Betreuung erfolgreichvon der Sonde entwöhnt werden und entdeckte schrittweise die Freude am Essen undTrinken. Nach dem Reha-Aufenthalt führt sie inzwischen ein Leben ohne Einschränkungen. Johannas Geschichte zeigt auch, wie wichtig eine rasche Reha für die Lebensqualität ist.

Zu Johannas Leibspeisen zählen heute Frankfurter mit Ketchup und Kren, Leberkäse mit Pfefferoni und Obst in allen Variationen. Vor wenigen Monaten wäre das alles noch undenkbar gewesen. Das inzwischen einjährige Mädchen entwickelte sich schon während der Schwangerschaft schlecht und trank von Beginn an viel zu wenig. „Erst ein halbes Jahr nach der Geburt, als sich Johanna auch von einer Nierenbeckenentzündung kaum erholt hat und ihr eine Ernährungssonde gelegt wurde, haben wir dann erfahren, dass sie unter dem sehr seltenen Gendefekt Duplikation 6p25 leidet, aus dem die Trinkschwäche resultiert“, erzählt ihre Mutter Miriam Gahleitner aus Marchtrenk im Bezirk Wels-Land.
Die Lust am Essen (neu) entdecken
Frühkindliche Essstörungen treten relativ häufig auf und können organische, funktionelle oder psychische Ursachen haben. Gemeinsam mit der Sondenentwöhnung zählen sie zu den kokon-Schwerpunkten. Mit einem sehr spielerischen und sensiblen Zugang begleiten die SpezialistInnen die Kinder in ihrer persönlichen Entwicklung und stehen auch den Eltern mit Rat und Tat zur Seite. Denn für viele Familien kann es zur Belastungsprobe werden, wenn der Nachwuchs Nahrung verweigert oder nur selektiv isst. „Unser therapeutischer Ansatz stellt immer das Kind mit all seinen Bedürfnissen in den Mittelpunkt, so auch bei der Sondenentwöhnung, wo es ebenfalls gilt, die Lust am Essen zu entdecken“, sagt PD Dr.in Evelyn Lechner, Ärztliche Direktorin im kokon Rohrbach-Berg. „Indem wir den Druck rausnehmen und die Kinder erkennen, wie viel Spaß es macht, Essen mit allen Sinnen wahrzunehmen und nach Herzenslust auszuprobieren, wird ein normaler Umgang möglich.“
kokon-Regel: Mit Essen spielt man sehr wohl!

Innerhalb von einigen Wochen Reha, die wegen des Corona-Lockdowns im Frühjahr unterbrochen werden musste, entdeckte Johanna gemeinsam mit anderen Gleichaltrigen auf sehr kreative Weise, dass Essen etwas Schönes sein kann. Während es anderswo heißt: „Mit Essen spielt man nicht“, lautet die Regel im kokon nämlich: „Mit Essen spielt man sehr wohl!“ Mutter Miriam erinnert sich besonders positiv an diesen Teil der Therapie, bei dem ähnlich einem kunterbunten Picknick viele unterschiedliche Lebensmittel auf Matten verteilt wurden und die Kinder damit machen sollten, worauf sie gerade Lust hatten. Da bröselten schon mal auf der einen Seite die Salzstangerl, während auf der anderen Seite ein Pudding mit beiden Händen auf dem Boden verteilt wurde – im Zentrum allen Tuns steht immer der positive Zugang zu Nahrung. „Johanna hat auch gleich ganz begeistert mitgemacht“, schmunzelt ihre Mutter.
Solche Meilensteine gaben ihr in der Zeit in Rohrbach-Berg genauso viel Kraft wie die laufende ärztliche Betreuung und der menschliche Zugang etwa der Pflegekräfte, die vor Ort immer ihre ersten Ansprechpersonen waren. „Für uns waren vor allem Pflegeexpertin Bernadette und Dr.in Lechner enorm wichtig“, betont Miriam Gahleitner. „Sie haben von Anfang an offen gesagt, dass es schwierig werden wird, aber sie haben auch immer an Johanna geglaubt.“
„Ein komplett gesundes Kind mit anfänglichen Schwierigkeiten“
Trotz der herausfordernden Corona-Zeit war das frühzeitige Absolvieren der Rehabilitation für Johannas Lebensqualität ganz entscheidend – schon der Behandlungserfolg zeigt, wie sehr sich die rasche Reha gelohnt hat. Nach der ärztlich kontrollierten Sondenentwöhnung in den ersten Tagen und dem neu erlernten Umgang mit Essen im März beziehungsweise im Juli und August lebt Johanna seit dem 14. August ganz ohne Ernährungssonde. Heute ist sie nicht mehr nur das fröhliche Kind, das sie von Geburt an war, sie entwickelt sich darüber hinaus völlig altersgemäß. Auch von der anfangs vorhandenen Entwicklungsverzögerung ist nichts mehr zu bemerken. „Johanna ist mit ihren derzeit siebeneinhalb Kilo zwar weiterhin ein
zartes Kind, aber sie isst und trinkt für ihre Verhältnisse inzwischen ganz normal und ihr geht es richtig, richtig gut“, freut sich ihre Mutter. „Johanna ist eine große Kämpferin“, sagt sie, „ein komplett gesundes Kind mit anfänglichen Schwierigkeiten.“
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