„Eine Drama-Queen macht aus einer Mücke ein Elefantengetrampel“
Interview mit Kathrin Anna Talab, Gründerin von heal.thy®family, Pädagogin & systemischer Coach, Wien.
Was ist eine Drama-Queen?
Kathrin Anna Talab: Eine Drama-Queen stellt ihr eigenes Erleben oder Ereignisse auf äußerst dramatische Weise dar. Man sagt ihr schauspielerische Fähigkeiten nach, weil sie aus dem Summen einer Mücke ein theatralisches Elefantengetrampel macht. Damit steht sie im Zentrum der Aufmerksamkeit. Und das will sie – unbewusst – erreichen.
Welche Verhaltensweisen zeigt sie dabei?
Die Verhaltensweisen einer Drama-Queen sind in der Intensität für die Beteiligten meist nicht nachvollziehbar. Sie ist impulsiv und unberechenbar in ihren Reaktionen und Stimmungen.
Was sind die Hintergründe dieses Verhaltens?
Ängste, der Wunsch nach Anerkennung und Wertschätzung, die Sehnsucht gesehen und gehört zu werden und ein geringer Selbstwert zählen zu den häufigsten Gründen für ihre Inszenierungen. Ein einfaches und für eine spätere Drama-Queen sehr zutreffendes Beispiel wäre folgendes: Das Kleinkind im Gitterbett schreit. Es ist satt und sauber und die Mutter sieht keinen Grund, das Kind hochzunehmen. Es schreit jedoch, um sein Bedürfnis nach Nähe gestillt zu bekommen. So machen sich im Kind unerfüllte Bedürfnisse breit – nach Körperkontakt und gesehen und gehört zu werden. Zudem entwickeln sich Ansichten über das eigene Ich, wie „Ich bin nicht wichtig“, „Egal, was ich tue, mich hört man nicht.“
Welche Wirkung hat das auf den Partner?
Auch der verständnisvollste Mann hat nach ein paar Auftritten seiner Drama-Queen genug Inszenierungen miterlebt. Natürlich belasten diese unberechenbaren Gefühlsschwankungen jede Beziehung, auf Paarebene genauso wie auf Elternebene. Manche Partner reagieren mit Rückzug, andere mit Aggression.
„Auch für eine Drama-Queen ist Leichtigkeit möglich!“
Kathrin Anna Talab
www.heal-thyfamily.com
Welche Wirkung hat das auf die Kinder?
Unbewusst nehmen sie Schuld für die Dramen auf sich, entwickeln große Ängste und zeigen Verhaltensweisen, die man typischerweise als „schwierig“ empfindet. Die Symptome reichen von ADHS bis zu depressiven Verstimmungen. Leider werden oft ausschließlich betroffene Kinder, die Missstimmungen im Familiensystem nur zum Ausdruck bringen, behandelt und therapiert. Doch auch wenn sie erwachsen sind, nehmen sie die Glaubensmuster und die alten Schmerzen ihrer Mutter mit und bringen diese unbewusst in das eigene Leben ein.
Welche Auswirkungen hat das Drama auf die Frau selbst?
In Wahrheit leidet die Drama-Queen selbst am meisten. Sie ist gefangen in einem Verhaltensmuster, aus dem sie vielleicht gerne ausbrechen würde, aber nicht kann. Ihr Leben ist das Gegenteil von frei und erfüllt. Sie fühlt sich in Fesseln und leidet unter ihren unerfüllten Bedürfnissen, Selbstzweifeln und innerem Druck. Häufig sind depressive Verstimmungen die Folge.
Will eine Drama-Queen überhaupt aus ihrem Verhalten aussteigen?
Das ist tatsächlich ein wenig paradox. Ihre Verhaltensweisen sind nämlich nicht nur anstrengend, sondern sie spürt darin auch einen Vorteil – Aufmerksamkeit und Nähe. Manche wollen ihr Theater gar nicht beenden, aus Angst, sie würden genau das verlieren. Das Gegenteil ist aber der Fall!
Wie kann ihr – falls sie das will – geholfen werden?
Indem man ihr mit Verständnis für das dramatische Verhalten begegnet und ihr bewusstmacht, dass auch für sie Leichtigkeit möglich ist, wenn sie bereit ist, den alten Schmerz zu transformieren. Das geschieht, indem sie sich – unter Umständen mit professioneller Unterstützung – ihre unbewussten Bedürfnisse bewusstmacht.
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Oh Gott!!! Wie wahr!!!!