Eine Gurke muss nicht gerade sein!
In Österreich landen 760.000 Tonnen Lebensmittel im Müll, weil sie nicht „schön“ genug sind. Fünf junge Leute haben nun ein interessantes Projekt umgesetzt, um auf diese Verschwendung aufmerksam zu machen.

Es begann an einem lauen Abend am Donaukanal in Wien. Laura Kronlachner: „Wir saßen bei einem Bier zusammen und beschlossen, etwas dagegen zu unternehmen, dass Lebensmittel, die nicht perfekt sind, einfach weggeworfen werden. Wie sind alle „Gemüsefreunde“ und so liegt uns Nachhaltigkeit und Akzeptanz besonders am Herzen. Also haben wir uns das Ziel gesetzt, mit einer aufsehenerregenden Aktion auf die Notwendigkeit des bewussten Umgangs mit Nahrung aufmerksam zu machen“.
In Industrieländern werden viele Lebensmittel weggeworfen oder gar nicht erst geerntet, weil sie in Form und Aussehen nicht der erwarteten Norm entsprechen. Fehlende Einkaufsplanung oder übertriebene Vorsicht bei Mindesthaltbarkeitsdaten gelten als weitere Hauptursachen dafür. Also wurde eine spektakuläre Idee umgesetzt. Laura und ihre Freunde wollten die Unterschiede und Besonderheiten bei Mensch und Gemüse in allen Farben, Formen und Größen darstellen. Es entstand der Kalender mit dem Arbeitstitel „Nackt gegen Lebensmittelverschwendung“, der mittlerweile großes Aufsehen erregt hat.

Worum geht es in dem Projekt?
Laura Kronlachner: „Oberflächlichkeit prägt leider sehr viele Bereiche unseres Lebens. Bewusst oder unbewusst werten wir unsere gesamte Umgebung nach ihrem Erscheinungsbild. Bewegungen wie Body Positivity versuchen dieses Muster aufzubrechen und Bewusstsein und Akzeptanz abseits der Norm zu schaffen. Aber warum sollen positive Entwicklungen nicht themenübergreifend verstanden werden? Warum versuchen wir nicht auch andere naturgewachsene Schönheiten zu schätzen, wie sie sind? Wir wollten die gängige Praxis, Lebensmittel aufgrund ihrer äußeren Erscheinung verschwenderisch auszusortieren, hinterfragen.“ Das Team will zeigen, dass jeder Körper schön ist – und ebenso jedes Gemüse. Also ließen sich nicht nur die jungen Leute nackt mit Gurke & Co fotografieren, sondern es wurden auch ältere Personen als Models gewonnen. 40 Models wurden es letztlich. Sie sind genauso unterschiedlich wie das angeblich nicht perfekte Gemüse. Fotografin Ines Futterknecht setzte diese Schönheit mit großer Natürlichkeit in Szene.

Wie lange hat es von der Idee bis zur Umsetzung gedauert?
Die Idee entstand Ende des Sommers 2020 und der Versand der Kalender erfolgte im November. In der Zeit ist viel passiert. So fand ein Testshooting mit den fünf OrganisatorInnen statt, Models wurden gesucht, Gemüse besorgt und an zwei Tagen ging dann die große Session, bei der auch der ORF für einen Beitrag mitfilmte, über die Bühne. Es sind aber noch viele Dinge zu erledigen, bis es zum Herzstück des Projekts, einer großen Ausstellung, kommt. Diese wird im Frühjahr 2021 stattfinden.

Welche Reaktionen gab es auf den Kalender?
Laura Kronlachner: „Zu unserer Freude haben wir durchwegs positive Reaktionen erhalten. Zuerst von unseren Familien und Freunden, später auch von fremden Menschen, die wir mit unserem Projekt begeistern konnten. Das reichte von überraschten Blicken, Schmunzeln, bis hin zu absoluter Unterstützung. Wir haben uns über jeden und jede Einzelne/n gefreut, die wir mit dem Thema berühren oder belustigen konnten. Vor allem von den Models haben wir tolle Rückmeldungen bekommen, dass das Posen vor der Kamera – für viele das allererste Aktshooting – viel Spaß gemacht hat. Sie bezeichneten es durchwegs als positive Erfahrung für ihr Selbstbewusstsein. Natürlich haben wir auch ein paar schiefe Blicke abbekommen. Aber wenn wir unsere Beweggründe erklärt haben, konnten wir vielen Personen doch noch ein Lächeln entlocken.“
Was passiert nun in der Folge mit diesem Kalender?
Die Kalender können auf www.startnext.com/wie-gewachsen erworben werden. Dabei will das Team zeigen, wie schön und divers Natürlichkeit sein kann. Mit dem Verkauf der Kalender wird die Ausstellung finanziert. Das Projekt wurde zunächst über Crowdfunding verwirklicht. Es ist nicht auf Gewinn ausgelegt, sondern dient lediglich der Aufmerksamkeitserregung. Sollte nach Beendigung noch Geld übrig sein, wird dieses an eine sozial-nachhaltige Organisation gespendet.
Ein großes Bravo diesen engagierten, jungen Leuten, die uns auf so originelle Weise daran erinnern, sorgsam mit Lebensmitteln umzugehen
Was können Sie tun, um Lebensmittel nicht zu verschwenden?
Den Einkauf gut planen.
Überlegen Sie vor dem Einkauf was Sie benötigen und beschränken Sie sich genau darauf – das vermeidet unnötige Lebensmittelverschwendung. Salat, Spinat, Beeren, Pilze oder Brokkoli halten nicht lange und sollten schnell nach dem Einkauf verbraucht werden.
Gehen Sie nicht hungrig einkaufen.
Das verleitet dazu, mehr zu kaufen, als Sie brauchen.
Lassen Sie sich Reste im Restaurant einpacken.
Kaufen Sie auch „hässliches Obst & Gemüse“.
Eine Zucchini mit Kratzer, der Apfel mit braunen Streifen, die Zwiebel, deren Schale schon abgeblättert ist – dem Geschmack tut das keinen Abbruch.
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