FSME-Alarm in Österreich
Durch den Klimawandel beginnt die Zeckensaison in ganz Österreich immer früher. Die Folge: Die Zahl der FSME-Infektionen hat sich in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt.

Während es früher einem Naturgesetz gleichkam, dass Zecken erst mit der warmen Jahreszeit wirklich aktiv und damit auch zur potentiellen Gefahrenquelle werden, sieht es aufgrund des Klimawandels mittlerweile ein wenig anders aus. Wie eine Untersuchung an der Universität Hohenheim bestätigt, konnten die Spinnentiere als Reaktion auf den Klimawandel ihre aktive Zeit ausdehnen. Bereits ab Februar ist mittlerweile mit ihnen zu rechnen und es ist auch davon auszugehen, dass sie Menschen und Tieren künftig bis Dezember keine Ruhe lassen werden. Zwar sind rund 80 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher durch eine FSME-Schutzimpfung vor der durch Zeckenbiss übertragenen FSME-Infektion geschützt, doch vor allem in Westösterreich und in der Bevölkerungsgruppe unter 16 Jahren liegt die Durchimpfungsrate deutlich niedriger. Elisabeth Puchhammer-Stöckl, Leiterin des Zentrums für Virologie der medizinischen Universität Wien: „Ich denke, das Bewusstsein, dass eine Gefahr durch das FSME Virus besteht, ist seit Jahren in einem gewissen Ausmaß in der österreichischen Bevölkerung verankert. Aber es ist sicher notwendig immer wieder darüber zu informieren. Besonders in Schulen wäre das wichtig.“
Zahl der FSME-Infektionen steigt an
Wie wichtig eine bessere Aufklärung über die Gefahren einer FSME-Infektion ist, zeigt ein Blick auf die Entwicklung der Fallzahlen. Im Jahr 2024 stieg die Zahl der hospitalisierten Patienten mit Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) in Österreich auf 158 Fälle, ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den 104 Fällen des Vorjahres, wie der Österreichische Verband der Impfstoffhersteller berichtet. Während der Pandemie in den Jahren 2022 und 2020 waren die Zahlen mit 179 bzw. 216 Fällen sogar noch höher. Vor 2017 waren die Fallzahlen aufgrund einer hohen Impfrate deutlich niedriger. Der Impfstoffhersteller-Verband hebt hervor, dass im vergangenen Jahr viele der schweren FSME-Fälle vermeidbar gewesen wären, insbesondere bei Personen über 50 Jahren. Auch einige Kinder erkrankten schwer und mussten ins Krankenhaus, was die Annahme widerlegt, dass Kinder keine schweren Krankheitsverläufe haben.

Alle Bundesländer sind betroffen
Eine große Verantwortung tragen Eltern, die ihre Kinder rechtzeitig vor einer Infektion mit dem Virus schützen sollten. Laut Puchhammer hängt die erste FSME-Impfung des Kindes stark von der individuellen Risikosituation und der möglichen Exposition ab. „Es gibt Impfstoffe für Kinder, die bereits ab dem vollendeten ersten Lebensjahr gegeben werden können und bei entsprechendem Risiko einer FSME-Exposition und in Absprache mit den behandelnden Ärzten auch verabreicht werden sollten. Schließlich können auch bei Kindern schwere Verlaufsformen vorkommen“, führt sie weiter aus. „Das Risiko einer Exposition ist in verschiedenen Regionen Österreichs tatsächlich unterschiedlich hoch. Daher ist es wichtig, die persönliche Risikosituation zu kennen – im Alltag, aber natürlich auch im Urlaub“, so die Expertin. Tatsächlich ist es aber so, dass kein Bundesland mehr frei von FSME ist und selbst Freizeitaktivitäten in den Bergen eine mögliche Gefahr darstellen. Oberösterreich verzeichnete mit 49 hospitalisierten Patienten die meisten Fälle, gefolgt von der Steiermark mit 22 und Salzburg mit 19 Fällen. Die Steiermark ist im Vergleich zu den Vorjahren im Ranking aufgestiegen. Die meisten Erkrankungen traten während der warmen Sommermonate auf, wobei der Höhepunkt ungewöhnlich früh im Juni mit 48 Fällen erreicht wurde. Die erste Erkrankung wurde im März registriert, die letzte im Dezember, was darauf hindeutet, dass FSME zunehmend das ganze Jahr über ein Thema ist. Ganz Österreich gilt als Endemiegebiet mit wechselnden Hotspots. 64 Prozent der Betroffenen waren über 50 Jahre alt, und von den insgesamt 158 Fällen waren 21 Kinder betroffen. Der jüngste Patient war zwei Jahre alt, der älteste 86.
Zunahme bei schweren Krankheitsverläufen
Mehr als die Hälfte der Betroffenen (53 Prozent) erkrankte schwer und zeigte neurologische Symptome wie Hirnhaut-, Rückenmarks- oder Nervenwurzelentzündungen. Glücklicherweise gab es, wie schon 2023, auch 2024 keinen Todesfall. „Im schlimmsten Fall erholen sich die Patienten nie mehr vollständig“, so Rainer Gattringer, Ärztlicher Leiter am Institut für Hygiene und Mikrobiologie am Klinikum Wels-Grieskirchen. Regelmäßige Impfungen können FSME-Erkrankungen weitgehend verhindern. Die Grundimmunisierung besteht aus drei Impfungen, die erste sollte idealerweise in der kalten Jahreszeit erfolgen, gefolgt von Auffrischungen alle drei bis fünf Jahre, abhängig vom Alter. Der österreichische Impfplan empfiehlt die Impfung für alle Einwohner, da kein Bundesland frei von FSME ist.

BORRELIOSE
Wenn Impfen nicht schützt
Mindestens jede fünfte Zecke trägt die sogenannten Borrelien in sich. Wandern sie in den Körper, können sie meist auch wieder abgewehrt werden, weshalb es nur bei wenigen Menschen wirklich zu Symptomen kommt. Wandern sie jedoch ins Nervensystem und Bindegewebe weiter und breiten sich dort aus, können sie die Nerven, Gelenke und das Herz befallen. Ein typisches Symptom einer Übertragung von Borreliose, das bereits kurz nach dem Zeckenbiss auftritt, ist ein flächiger oder ringförmiger Ausschlag an der Zeckeneinstichstelle. Diese ersten Beschwerden können jedoch sehr individuell ausfallen, weshalb es ebenfalls sein kann, dass die Krankheit erst Wochen nach dem Zeckenbiss bemerkt wird.
Symptome, die erst Wochen oder Monate später auftreten können, sind beispielsweise Gesichtslähmungen, Hirnhautentzündungen, Nervenwurzelentzündungen und Gelenksentzündungen. Therapiert wird mit Antibiotikum. Entgegen vieler Gerüchte ist eine Dauertherapie prinzipiell jedoch nicht notwendig. Bei der Wanderröte, die häufig im ersten Stadium der Borreliose sichtbar wird, reichen in der Regel 14 Tage Antibiotikatherapie aus. In späteren Stadien müssen Infusionen über zwei bis vier Wochen gegeben werden. In der Mehrzahl der Fälle heilt die Krankheit vollkommen und damit auch folgenlos aus. Nur bei wenigen Patienten kommt es vor, dass sie weiterhin am sogenannten Post-Lyme-Syndrom leiden, mit dem Beschwerden wie Muskel- und Gelenkschmerzen oder Abgeschlagenheit einhergehen können. Dann muss die Krankheit auch weiterhin medikamentös behandelt werden.
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