Bildung

Geld für gute Noten – eine gute Idee?

Lernt man für die Schule, fürs Geld oder fürs Leben? Wie gute Finanzerziehung bei Kindern geht, wie es sich m it monetären Anreizen für schulische Leistungen verhält und welche Regeln für die Vergabe von Taschengeld gelten.

 

„Du lernst für dich und nicht für mich“ haben wohl schon hunderttausende Kids im Laufe ihrer Schullaufbahn zu hören bekommen. Die Kinder dazu zu motivieren, für die Schule zu lernen, stellt für viele Familien tagtäglich mitunter eine große Herausforderung dar. Wenn man mit dem Motivieren und gut Zureden nicht weiter kommt, stellen manche Eltern Geld für gute Noten in Aussicht. Fünf Euro für erledigte Hausaufgaben, zehn Euro für das Lesen eines Buches und schon mal ein Zwanziger oder gar Fünziger als Belohnung für den einen oder anderen Einser sind keine Seltenheit. Doch sind monetäre Anreize für Schulkinder überhaupt eine gute Idee? Lernen Kinder unter der Prämisse, dass Leistung sich lohnt, den Umgang mit Geld?

Geld als Anreiz für gute Noten

Auf den ersten Blick mag Geld ein guter Motivator sein, um das Kind zu eher ungeliebten Arbeiten oder zum Lernen zu überreden. Denn klar: Winken Münzen oder gar Euroscheine legen sich die meisten Kinder so richtig ins Zeug und sind super motiviert. Mag sein, dass die gewünschten Effekte für den Moment eintreten: Kinder tun etwas für die Schule, erledigen prompt den Abwasch oder räumen das Zimmer auf. Allerdings dauert diese Motivationsphase meist nicht lange an. Psycholog:innen sprechen in diesem Zusammenhang von extrinsischen Motivatoren. Das Handeln bzw. die Motivation dafür sind also von außen abhängig. Soll heißen: Dem Kind wird auferlegt, dies oder jenes zu tun, um dann dies und jenes als Gegenleistung zu erhalten. In weiterer Folge kann es allerdings passieren, dass das Kind nur noch Aufgaben erledigt, wenn es sich auszahlt bzw. wenn eine Belohnung in Aussicht gestellt wird. Gerade was Schulnoten betrifft, sollten Eltern darauf achten, nicht die extrinsische Motivation mit Finanzspritzen zu fördern. Letztendlich sollten Noten als das gesehen werden, was sie sind:

Das Ergebnis investierter schulischer Anstrengungen. Über gute schulische Leistungen, besonders gute Noten oder Zeugnisse freuen sich Kinder in der Regel auch ganz ohne materielle Zuwendungen, weil Kinder von klein auf gerne etwas leisten und stolz darauf sind, wenn sich ihre Mühen am Ende ausgezahlt haben. Werden Einser & Co mit Geld belohnt, wird dieser natürliche empfundene Stolz schnell in Stolz für das erhaltene Geld umgewandelt. Im Übrigen sollten nicht immer nur die Ergebnisse, also Zeugnisse oder Testbewertungen, Anerkennung finden. Beachtung finden sollten viel mehr auch die Mühen, das Dranbleiben sowie das Durchhaltevermögen – also all die Investitionen im Rahmen des Lernprozesses, die das individuelle Fortkommen ohnedies sichtbarer machen als so manche einzelne Bewertung. So schafft man beste Vorraussetzungen, die Kinder zu selbständigen Menschen zu erziehen, die vor allem gelernt haben, an sich selbst und ihre Fähigkeiten zu glauben.

 

„Gemeinsame Unternehmungen bereiten Kindern meist mehr Freude als Geld!“

Kinderpsychotherapeutin Martina Bienenstein setzt beim Lernen auf die intrinsische Motivation und erklärt, warum Kindern beim Konsumverhalten mehr Frustration zugetraut werden sollte.

Ab welchem Alter können Kinder das Konzept Geld überhaupt verstehen?

Ich denke, dass wir Kinder ab dem Volksschulalter gut an das Thema Geld heranführen können, denn da haben sie meistens bereits Erfahrungen mit Zahlen, Mengen und ersten Einkäufen. Außerdem halte ich es für sehr wichtig, mit Kindern daheim immer wieder über Geld zu sprechen und ihnen auch einen Erfahrungseinblick in die eigene Berufswelt zu geben. Also zu erklären, was man in der Arbeit den ganzen Tag über tut, wofür wir Geld benötigen und dass das Geld nicht einfach so von einem Automaten heraus kommt.

Manche Eltern meinen, Schule sei die Arbeit der Kinder, also dürfte es dafür auch Geld geben. Wie stehen Sie zu monetären Anreizen für gute Noten?

Die Schule stellt natürlich einen gewissen Aufwand dar, ich würde sie aber nicht als Arbeit der Kinder definieren, sondern stets als Chance sehen, dass Kinder etwas lernen und sich entwickeln dürfen. Ich halte daher auch Geld für schulische Leistungen für unbrauchbar. Bei besonders herausragenden Leistungen könnten Eltern sich überlegen, ob sie ihrem Kind mit einer gemeinsamen Unternehmung nicht mehr Freude machen als mit Geldscheinen. Beim Lernen geht es schließlich darum, dass Kinder eine intrinsische Motivation entwickeln, also ihr Tun nicht von äußeren Belohnungen abhängig machen. Es gibt viele Studien, die zeigen, dass jene Menschen erfolgreicher und zufriedener im Beruf sind, die gelernt haben, sich von sich aus zu motivieren. Kinder wollen ohnedies in dem, was sie tun, von Natur aus gut sein. Sie sind meist stolz darauf, etwas alleine geschafft zu haben und haben bestensfalls auch Freude an der Sache. Deshalb braucht es keine äußerlichen Anreize, um auch für später so wichtige Fähigkeiten wie Durchhaltevermögen oder Selbsteinschätzung (was kann ich schon gut, wo muss ich mich hingegen mehr bemühen) zu trainieren.

 

 

In einer solidarischen Gesellschaft sollte Geld nicht alles sein. Und doch geht ohne Geld vieles nicht. Wie vermittelt man Kindern dass Leistung einerseits von Geld abhängig ist und es andererseits auch Leistung im Bereich des Immateriellen geben muss?

Viele Aufgaben des alltäglichen Lebens machen Kinder bereitwillig und es genügt ihnen die Anerkennung, dass sie selbständig etwas geleistet haben. Kinder, die für jeden Handgriff eine Belohnung erhalten, werden ihr Handeln grundsätzlich eher an materielle Zuwendungen knüpfen – mit meist steigenden Ansprüchen. Es sollte selbstverständlich sein, dass man zum Beispiel bestimmte Haushaltstätigkeiten im Sinne des familiären Miteinander ohne Gegenleistung erbringt. Ich finde aber, dass sich Kinder ab einem bestimmten Alter für außerordentliche Tätigkeiten zuhause auch einmal ein paar Euro dazu verdienen können. Fensterputzen oder Autowaschen zum Beispiel.

Welche Rolle spielen Frustrationstoleranz und Impulskontrolle in der Gelderziehung?

Natürlich wollen Kinder viele Dinge, meistens weil es die anderen haben. Erwachsene sollten dafür Verständnis zeigen, aber erst einmal abwarten und nicht jedem Impuls auf der Stelle nachgeben. Eltern sind demnach darin gefordert, Kindern im Hinblick auf das Konsumverhaltens stets ein Stück weit Frustration zuzutrauen. Dabei sind die Erwachsenen mit ihren Kaufentscheidungen immer Vorbild und man sollte Kindern erklären, warum man dieses oder jenes kauft bzw. auch ganz bewusst nicht kauft. Wenn Kinder lernen, dass nicht ständig sofort alles gekauft wird, werden Impulskontrolle und Frustrationstoleranz geschult.

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