Große Geschichte hinter meterdicken Mauern
Besondere "Zeitreisen" zu Juwelen des Mittelalters: Ostbayerns Zentren begeistern heute mit faszinierenden Urlaubserlebnissen auf den Spuren von Kaisern und Königen, Fürsten und Pfalzgrafen, Rittern, Fürstbischöfen und Herzögen hinter meterdicken Mauern.
In Ostbayerns Städten können Besucher die Zeit zurückdrehen: Liebevoll sanierte Schlösser, Residenzen und Burgen lassen – oft mitten im Herzen der Städte – zum Teil mehr als 1.000 Jahre Historie lebendig werden. Sie beeindrucken mit meterdicken Mauern, die besondere Geschichte und Geschichten erzählen. Städte wie Neumarkt, Regensburg, Dingolfing, Landshut und Passau verbinden Vergangenheit und Gegenwart auf einzigartige Weise: So gehört heute die drittgrößte und mehr als acht Jahrhunderte alte Burganlage auf dem Kontinent genauso zu Ostbayerns Höhepunkten für Geschichtsbegeisterte wie das größte noch bewohnte Schloss Europas und der Originalschauplatz für das bedeutendste historische Fest Europas.
Es ist die einstige und heutzutage vor allem sprichwörtlich gemeinte „Kleinstaaterei“, der Ostbayerns Städte ihren Reichtum an Burgen, Schlössern und Residenzen zu verdanken haben: Aus mehreren hundert verschiedenen Landesherren, Grafschaften, Fürstentümern und Herzogtümern bestand etwa noch vor gut 300 Jahren das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Über 700 Burgen und Schlösser zählt allein die Oberpfalz, nicht wenige davon einstige Herrschaftssitze. Viele von ihnen erzählen sagenhafte Geschichten der Vergangenheit – so wie zum Beispiel die Burgruine Wolfstein hoch über Neumarkt in der Oberpfalz.
Neumarkt: Ein Hauch von höfischem Glanz
Das edle Rittersgeschlecht der Wolfsteiner ließ sich dort ab dem 12. Jahrhundert eine feudale Burg bauen. Die Burgruine ist das älteste Wahrzeichen Neumarkts: Nach umfassenden Ausgrabungen und einer aufwändigen Sanierung ist die Ruine heute ein Schmuckstück des Mittelalters – prachtvoller Panoramablick auf die Stadt bei einer Besichtigung inklusive.
In Neumarkt selbst lässt sich bis heute ein Hauch des höfischen Glanzes spüren. Dieser prägt die Stadt seit dem ausgehenden Mittelalter. Der Wittelsbacher Pfalzgraf Johann machte das verschlafene Städtchen 1410 zu seiner Residenzstadt. Am Residenzplatz, Neumarkts schönstem und historisch bedeutendstem Platz, schlug während der Blütezeit der Pfalzgrafen das Herz der Residenzstadt. Das Pfalzgrafenschloss, heute Sitz des Amtsgerichts, erinnert an die große Vergangenheit: Der linke Teil der einst vierflügeligen Schlossanlage, kostbar ausgestattet, war damals Fest- und Tanzsaal für prunkvolle höfische Feste. Heute lassen die „Festsäle der Residenz“ diese Zeit wiederaufleben. Der imposante Reitstadel, einst Zeughaus, verzaubert Neumarkts Einwohner und Besucher mit glanzvollen Musikereignissen.
Royales Regensburg
In Regensburg lässt allein schon die Größe des Fürstenschlosses der Familie Thurn und Taxis erahnen, welche Bedeutung die Adligen einst besaßen: Mit über 500 Zimmern ist Schloss Emmeram im Herzen der 2.000-jährigen Stadt Regensburg heute das größte bewohnte Schloss Europas. Fürst Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis vertrat beim Immerwährenden Reichstag in Regensburg, dem Kongress von Gesandten aus allen Teilen des Reichs, einst den Kaiser.
Die prunkvoll ausgestatteten Räume, der Kreuzgang des ehemaligen Klosters oder auch die fürstliche Schatzkammer begeistern mit herausragenden Kunst- und Architekturschätzen. Im Schlosshof selbst gastieren regelmäßig Weltstars bei den Schlossfestspielen. Im Dezember beherbergt er mit dem Romantischen Weihnachtsmarkt einen von Deutschlands schönsten Adventsmärkten. Mit etwas Glück begegnen Schlossbesucher auch Hausherrin Gloria Fürstin von Thurn und Taxis. Sie mischt sich regelmäßig unter die Gäste.
In diesem Jahr fasziniert Regensburg mit einem weiteren Historien-Höhepunkt: Das Haus der Bayerischen Geschichte ist bis Januar 2022 Gastgeber für die Bayerische Landesausstellung 2021 „Götterdämmerung II – Die letzten Monarchen“. Mystisch, imposant und faszinierend: Am Beispiel verschiedener Protagonisten rückt die Schau Lebensgefühl und Schicksal der letzten Herrscher vor der Revolution 1918 in den Fokus. Ergänzt wird die Ausstellung durch ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm der Stadt Regensburg sowie eine Stadtführung mit Kulttouren e.V. In der Regensburger Altstadt gilt das „Goldene Kreuz“ am Haidplatz als steinerner Zeuge der herrschaftlichen Vergangenheit: Die ehemalige Patrizierburg war einst Herberge von Kaisern und Königen wie Kaiser Karl V.
Dingolfing: Kaiserquartier und Backsteingotik
Um mehr als 600 Jahre drehen Besucher des niederbayerischen Dingolfings die Zeit zurück: In der Oberen Stadt thront dort mit der Herzogsburg ein beeindruckendes spätgotisches Baudenkmal. Erbaut als Amtsgebäude der bayerischen Herzöge um das Jahr 1410 diente es im Erdgeschoss als Wohn- und Amtsstube des herzoglichen „Kastners“. Das ehemalige Amts- und Wohnhaus zählt heute zu den schönsten und besterhaltenen Baudenkmälern jener Zeit in Niederbayern.
Das Gebäude erhielt seinen Namen vom rückwärtig angebauten „Kasten“, dem Getreidelager für die Naturalabgaben der Untertanen. Das Obergeschoss des „Kastenhofes“ war Gästehaus für Adelige, Bischöfe und Staatsbeamte. So logierte hier Kaiser Friedrich III., als er sich 1475 auf der Rückreise von der „Landshuter Hochzeit“ in seine Residenz nach Linz befand. Mit der Rückbesinnung auf die Geschichte im 19. Jahrhundert wurde der Kastenhof in Herzogsburg umbenannt.
Heute beherbergt die Herzogsburg auf über 1.000 Quadratmetern ein Museum zur Geschichte der Stadt. Der ehemalige Getreidekasten eröffnet als Industriemuseum ein Fenster in Dingolfings Aufstieg zur weiß-blauen Autometropole.
Das Schloss in Teisbach vor den Toren Dingolfings zählt zu den historisch wichtigsten Gebäuden im Dingolfinger Raum. Ursprünglich befand sich an der Stelle des heutigen Schlosses eine Burg. Sie diente dem Regensburger Bischof im 13. Jahrhundert als Festung und Machtbasis gegenüber dem aufstrebenden Wittelsbacher Herzog. Später entstand dort das heutige und inzwischen umfassend restaurierte Schloss als Nachfolgebau der Burg. Seit 2013 befindet sich das Ensemble mit seinem Kuppelturm, dem Giebel mit seinen Schwalbenschwanz-Zinnen und der Ringmauer im Besitz der Stadt Dingolfing und lässt sich bei Führungen entdecken.
Landshut: Auf den Spuren von Tannhäuser und Walther von der Vogelweide
Als Residenz der der Wittelsbacher Herzöge erlebte Landshut im 14. und im 15. Jahrhundert eine besondere Blütezeit: Steinernes Symbol dieser Epoche ist bis heute die mächtige Burg Trausnitz hoch über der Stadt. Die Burg war ein Vierteljahrtausend lang Residenz und Regierungssitz der niederbayerischen Herzöge und damit Hauptstadt des alten Bayerns. Die Liste der berühmten Gäste ist lang: Bereits 1235 war Kaiser Friedrich II. dort zu Gast. Aber auch Minnesänger wie Tannhäuser oder Walther von der Vogelweide machten dort Station.
Berühmt gemacht haben die Burg besonders die „Reichen Herzöge“ von Bayern-Landshut, Heinrich, Ludwig und Georg. Noch heute feiert die Stadt alle vier Jahre die „Landshuter Hochzeit“ und erinnert an eine Adelshochzeit der Superlative: Ludwig der Reiche ließ 1475 seinen Sohn Georg mit der polnischen Königstochter Hedwig vermählen. Die „LaHo“, wie die Einheimischen das Großereignis nennen, gilt heute mit rund 2.000 Laiendarstellern in historischen und originalgetreuen Kostümen als das bedeutendste historische Fest Europas. Die nächste Aufführung ist für 2023 geplant.
Bayerns Erbprinzen bauten die Burg Trausnitz im 16. Jahrhundert nochmals aus und ließen einen spannenden Architektur-Mix aus Gotik und Renaissance entstehen. Es ist dieser Kontrast, der Besucher begeistert: der hervorragend erhaltene Befestigungsring mit seinen Wehrtürmen, Torbauten und Teilen des alten Wehrgangs sowie der hoch aufragende Bergfried einerseits und der prächtige Innenhof mit seinen Renaissance-Laubengängen andererseits.
Passau: Mittelalter-Feeling hoch über der Stadt
Sie gilt als Wahrzeichen der Dreiflüssestadt Passau: Die Veste Oberhaus, die hoch über der Altstadt thront. 2019 wurde das Juwel aus dem Mittelalter 800 Jahre alt. Die Veste gilt als prachtvolle Renaissanceresidenz und war einst Residenz der Passauer Fürstbischöfe. Sie gilt heute als die drittgrößte Burganlage in Europa. In vielen Ausstellungen erleben Besucher selbst die Faszination des Mittelalters. Der Ausstellungsparcours zeigt die Entstehungsgeschichte der Burganlage ab 1219 mit der Georgskapelle und dem geheimnisumwitterten Bergfried. Die Besucher erleben den Ausbau der mittelalterlichen Burg um 1500 zur prachtvollen Renaissanceresidenz: In dieser Zeit entsteht das Schloss Oberhaus mit Silber- und Harnischkammer und seiner großen Tafelstube, dem heutigen Rittersaal.
In den warmen Monaten verwandelt sich die Veste zum Open-Air-Erlebnisort mit Sommerkino-Aufführungen oder den Burgenfestspielen. Gerade an heißen Sommertagen bietet die Veste Oberhaus Mittelalter-Gefühl der besonderen Art: In der unbeleuchteten und unbeheizten Kältekammer des Museums spüren Besucher, wie es war, im Mittelalter hinter dicken Burgmauern zu leben. Der Raum ist Teil der Ausstellung „Faszination Mittelalter – irdisches Leben“. Neben Mittelalter-Exponaten gibt sie vor allem Antwort auf eine Frage: Wie sah der Alltag der Menschen zur Zeit von Fürsten und Pfalzgrafen, Rittern, Fürstbischöfen und Herzögen aus?
Bequem und komfortabel mit der Bahn anreisen
Ostbayerns Städte bieten viele Möglichkeiten, eine Reise auf den Spuren großer steinerner Zeugen der Geschichte mit einer nachhaltigen Anreise zu verbinden: Schnelle, preisgünstige und umweltfreundliche Mobilität eröffnen die Verbindungen im Bahnland Bayern. So können beispielsweise mit dem Bayern-Ticket bis zu fünf Personen einen Tag lang quer durch den Freistaat reisen und die Gegend erkunden. Grundpreis für das Bayern-Ticket sind 25 Euro, jeder zusätzliche Mitfahrer zahlt acht Euro. Die Planung ist bequem von zuhause möglich: Das Portal „Bayern-Fahrplan“ stellt als komfortable Online-Fahrplanauskunft umfassende Informationen für den öffentlichen Nahverkehr in Bayern und darüber hinaus bereit.
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