Influencer, Popstars der digitalen Welt
Eltern unterschätzen oft, wie wichtig Influencer für ihre Kinder sind. Auch wenn sie deren Begeisterung nicht teilen können, sollten sie sich für die Idole ihrer Kinder interessieren.
Sie haben tausende, hunderttausende, sogar Millionen Follower auf TikTok, Instagram und Youtube und scheinen Zehnjährigen beinahe so nahe zu stehen wie deren beste Freunde: Influencer, Youtuber oder Content Creator – Menschen, die in den sozialen Medien ihre Inhalte verbreiten – sind die Popstars der digitalen Welt. Sie zeigen in Schmink-Tutorials wie man den perfekten Lidstrich zieht, nehmen ihre Community in so genannten ‚Let’s plays‘ beim Computerspielen mit oder leiten ihre Follower Schritt für Schritt an, Do-it-yourself-Projekte zu verwirklichen. Ob Mode, Makeup, Videospiele oder Basteln: Viele Kinder und Jugendliche lieben die kurzen oder längeren Videos, die Influencer auf diversen Plattformen verbreiten. Kein Wunder: Ihre Internet-Idole sind oft selbst jung, sprechen über Themen, die sie interessieren, und lassen sie an ihrem Alltag teilhaben. Dass das mitunter schrill und schräg ist, stört ihre Fans nicht.
Kinder identifizieren sich
Was für Kinder und Jugendliche spaßig ist, finden Erwachsene häufig alles andere als pädagogisch wertvoll. Viele Eltern können nicht nachvollziehen, warum man fremden Menschen beim Computerspielen zuschauen möchte oder sich ein Make-up- Video nach dem anderen reinzieht. „Oft unterschätzen Eltern, wie wichtig Influencer für ihre Kinder sind“, sagt Barbara Buchegger von Saferinternet. Die Idole aus dem Internet haben einen immensen Einfluss auf junge Menschen. Sie vermitteln ihnen Nähe, das Gefühl, sie zu verstehen und befreundet zu sein – auch wenn man sich noch nie begegnet ist. „Kinder und Jugendliche bauen eine Beziehung
zu den Influencern auf“, sagt Buchegger. Sie rät Eltern, das ernst zu nehmen. Sich über einen heißgeliebten Youtuber lustig zu machen oder die Inhalte abzuwerten, kann Kinder hart treffen – weil sie sich so sehr mit ihm identifizieren.
Im Gespräch bleiben
„Es ist auf jeden Fall gut, wenn Eltern wissen, was sich ihre Kinder anschauen“, sagt Buchegger. „Sie sollen einen Eindruck davon haben, wer die Menschen sind, die ihre Kinder toll finden. Und sie dürfen sich ruhig hin und wieder mit ihren Kindern Videos anschauen. Sie können zumindest versuchen zu verstehen, was ihre Kinder so begeistert.“ Im Gespräch zu bleiben, ist auch deshalb so wichtig, weil den Kindern in den sozialen Medien auch viel an Falschinformation begegnet. Menschen, die keine Experten sind, sprechen über Themen wie Mental Health, Essstörungen oder Ernährungstrends. Zu unterscheiden, wer kompetent ist und wer nicht, ist für Kinder kaum möglich. Dazu kommen angstmachende und verstörende Inhalte, die sich Kinder und Jugendliche wieder und wieder anschauen. Wissen die Kinder, dass ihre Eltern nicht schimpfen und sie nicht verurteilen, teilen sie sich eher mit.
Kinder erkennen Werbung nicht
Was Eltern auf jeden Fall thematisieren sollten, ist die Werbung, die auf den Kanälen der meisten Influencer allgegenwärtig ist. „Man kann den Kindern ganz neutral erklären, dass Influencer-Sein ein Beruf ist und man mit Werbung Geld verdient.“ Das Problem: Kinder erkennen kaum, wenn ihnen Werbung in den sozialen Medien begegnet. Anders als im Fernsehen ist Werbung nicht vom Rest des Programms abgegrenzt, sondern vermischt sich mit den anderen Inhalten.
Sie kann unterschiedlich aussehen – darüber sollten Kinder und Jugendliche Bescheid wissen: Influencer erhalten von Unternehmen Produktsamples, die sie ihren Followern präsentieren. Sie treten als Testimonials für eine bestimmte Marke auf, verkaufen auf ihren Kanälen ihre eigenen Produkte oder kooperieren über Affiliate Links mit Online-Händlern. Grundsätzlich muss Werbung gekennzeichnet werden. Mit Kindern von klein auf darüber zu sprechen, was Werbung ist, warum sie gute Gefühle und das Bedürfnis zu kaufen auslöst und wie man sie erkennen kann, sensibilisiert sie auch im Internet dafür.
Einfluss auf das Körperbild
Dass Influencer sich in ihren Beiträgen meist von ihrer Schokoladenseite zeigen und Filter verwenden, die vermeintliche Makel verstecken, wissen zwar die meisten Erwachsenen, Kinder und Jugendliche sind sich dessen oft nicht bewusst. Unnatürliche Körperformen und perfekte Gesichter wirken sich schädlich auf das eigenen Körperbild aus. „Aufgabe der Eltern ist, zu erklären, dass die Bilder, die man sieht, wahrscheinlich bearbeitet sind“, sagt Barbara Buchegger. Auch
über Influencer, die von künstlicher Intelligenz generiert wurden, sollten Eltern mit ihren Kindern reden. Die begegnen Kindern und Jugendlichen bei Themen wie etwa Mode im Internet nämlich immer wieder. „Wobei es kaum einen Unterschied macht, ob eine echte Person stark bearbeitet wurde oder von KI erstellt wurde.“ Einen wichtigen Tipp hat Buchegger, wenn es darum geht, Influencer kritisch zu hinterfragen: „Als Beispiel nicht die heranziehen,
an denen das Herz des Kindes hängt, sonst fühlen sie sich selbst kritisiert. Lieber jemanden nehmen, den das Kind nicht so gern mag.“
So können Eltern mit Influencer-Kult umgehen
Influencer stehen für bestimmte Themen.
Eltern, die wissen, wem ihre Kinder im Internet folgen, wissen auch, für welche Themen sie sich interessieren.
Auch wenn es schwerfällt:
Nicht abwerten, sondern Interesse zeigen. Das schafft eine Vertrauensbasis, auf der – wenn es sein muss – auch problematische Inhalte besprochen werden können.
Häufig sind Kinder mit dem Smartphone ihrer Eltern in den sozialen Medien unterwegs.
Achtung: Der Algorithmus orientiert sich am Surfverhalten der Person, die das Handy die meiste Zeit benutzt, in diesem Fall also der Eltern. Vorgeschlagene
Videos und eingespielte Werbung sind unter Umständen nicht für Kinder geeignet.Wenn Kinder davon träumen, selbst als
Influencer erfolgreich zu werden, sollen Eltern sich darüber nicht lustig machen.
Besser ist, die Kinder zu begleiten: Sie bei technischen Fragen unterstützen und zum Thema machen, welche Inhalte ungeeignet für die Internetöffentlichkeit sind. Die allermeisten merken mit der Zeit ohnehin: Das ist nichts für mich.
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