JIM-Studie: Jugendliche lieben Streaming und ihr Smartphone
Gesurft wird vor allem auf dem Smartphone - und Marken sind beliebter auf Instagram als auf Snapchat. Die Jugendstudie JIM liefert zum 20. Geburtstag Spannendes.
Seit 1998 untersucht der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (mpfs) den medialen Alltag von Jugendlichen in Deutschland. So ist die JIM-Studie über viele Jahre zu einem verlässlichen Gradmesser der Mediennutzung geworden.
Die aktuelle Ausgabe der JIM-Studie beschreibt wie gewohnt die mediale Haushaltsausstattung und den Gerätebesitz der Jugendlichen, sie dokumentiert die wichtigsten Kennzahlen der Mediennutzung über die verschiedenen Gattungen und beleuchtet die inhaltlichen Aspekte der Nutzung. Somit bietet die JIM-Studie als Basisuntersuchung einen Überblick über das aktuelle Medienverhalten der Zwölf- bis 19-Jährigen in Deutschland, die sich durchaus auch auf Österreich übertragen lassen. Zusätzliche Themen der JIM-Studie 2018 sind das Vertrauen in Nachrichtenangebote, einzelne Aspekte der Smartphonenutzung sowie das Thema Hassbotschaften im Netz.
Medienausstattung der Haushalte
Jugendliche wachsen in Haushalten mit einem breiten Medienangebot auf. In praktisch allen Familien sind im Jahr 2018 Smartphones, Computer/Laptop
und Internetzugang vorhanden. Fernsehgeräte gehören bei 95 Prozent zur Medienausstattung, Radiogeräte und DVD-Player oder Festplattenrekorder gibt es in gut vier von fünf Haushalten. 71 Prozent der Familien besitzen eine stationäre Spielkonsole, tragbare Varianten (53 %) sind in jedem zweiten Haushalt vorhanden. Tablets stehen bei 67 Prozent zur Verfügung, Fernseher mit Internetzugang (Smart-TVs) können in drei von fünf Familien genutzt werden. In gut jedem zweiten Haushalt sind MP3-Player vorhanden. Ein E-Book-Reader kann bei einem Drittel der Familien genutzt werden, Streaming-Boxen oder -Sticks gehören in jeder vierten Familie zum Medienrepertoire. Wearables wie z. B. Smartwatches oder Fitnessarmbänder sowie Internetradios sind in gut jeder fünften Familie vorhanden. Digitale Sprachassistenten wie z. B. Alexa können bei 14 Prozent der Zwölf- bis 19-Jährigen zuhause genutzt werden.
Fast jeder Jugendliche hat ein Smartphone
Bei der Betrachtung des Gerätebesitzes der Jugendlichen selbst stehtwieder das Smartphone an erster Stelle: Mit 97 Prozent besitzen praktisch alle Jugendlichen ein Smartphone, das viele verschiedene Medientätigkeiten und eine multifunktionale Nutzung ermöglicht. Computer/Laptops sind etwas seltener vorhanden (71 %). Die Hälfte der Zwölf- bis 19-Jährigenhat einen eigenen Fernseher (50 %), stationäre (46 %) oder tragbare (45 %) Spielkonsolen sowie Radios (45 %) sind in knapp jedem zweiten Jugendzimmer vorhanden. 37 Prozent besitzen einen MP3-Player. Jeder vierte Jugendliche hat einen eigenen DVD-Player/Festplattenrekorder oder ein eigenes Tablet (jeweils 26 %), Smart-TVs (22 %) finden sich bei jedem Fünften. E-Book-Reader (12 %), Wearables (11 %) oder Streaming-Boxen (8 %) sind bei etwa einem Zehntel der Jugendlichen im Eigenbesitz. Digitale Sprachassistenten (6 %) und Internetradios (5 %) finden (noch) die geringste Verbreitung.
Wichtig: Persönliche Treffen mit Freunden
An erster Stelle der Freizeitaktivitäten (ohne Medien) stehen auch 2018 persönliche Treffen mit Freunden. 71 Prozent der Zwölf- bis 19-Jährigen treffen sich regelmäßig mit Freunden, 69 Prozent machen mindestens mehrmals pro Woche Sport. Knapp zwei von fünf Jugendlichen unternehmen in dieser Regelmäßigkeit etwas mit der Familie. Jeder Fünfte hat mindestens mehrmals pro Woche Musikunterricht, Chor- oder Bandproben. Sportveranstaltungen stehen bei 13 Prozent regelmäßig auf dem Programm. Vier Prozent besuchen mehrmals in der Woche eine Bücherei oder Bibliothek und jeweils drei Prozent gehen in dieser Häufigkeit auf
Partys oder besuchen einen Gottesdienst. Im Laufe eines Monats gehen 47 Prozent der Jugendlichen zu einer Sportveranstaltung und 44 Prozent auf eine Party. Jeder Dritte besucht in diesem Zeitraum einen Gottesdienst (34 %) oder eine Bibliothek (29 %), 15 Prozent gehen ins Theater, in die Oper oder in ein klassisches Konzert, sechs Prozent besuchen Pop-, Rock- oder Jazzkonzerte.
Medienbeschäftigung in der Freizeit
Seit 20 Jahren liefert die JIM-Studie jährlich zentrale Basisgrößen zur Mediennutzung Jugendlicher. Im Jahr 2018 haben bei der täglichen Mediennutzung Zwölf- bis 19-Jähriger die Smartphone– (94 %), Internet– (91 %) und Musiknutzung (84 %) den größten Stellenwert. Zwei Drittel der Jugendlichen sehen täglich Online-Videos (65 %) an, knapp die Hälfte hört täglich Radio und 42 Prozent sehen täglich fern, egal über welchen Verbreitungsweg. Jeder Zehnte greift täglich zu einer gedruckten Tageszeitung.
In Zeiten, in denen Begriffe wie „Fake News“ oder „alternative Fakten“ allgegenwärtig sind und auch an Jugendlichen nicht vorbeigehen, ist das Vertrauen in Nachrichtensysteme und konkrete Nachrichtenangebote ein relevanter Untersuchungsgegenstand der JIM-Studie. Hierzu wurden den Jugendlichen verschiedene Nachrichtenangebote vorgegeben. Diejenigen Jugendlichen, denen die Nachrichtenformate bekannt waren, konnten für jedes Angebot eine Schulnote in Bezug auf Vertrauenswürdigkeit vergeben. Bezogen auf Nachrichtenangebote, die die Jugendlichen im Hinblick auf ihr Vertrauen mit der Note 1 oder 2 benotet haben, stehen die Tagesschau bzw. die Tagesthemen der ARD mit 84 Prozent an erster Stelle. An zweiter Stelle folgt mit 77 Prozent das Angebot regionaler Print-Tageszeitungen. Drei von vier Jugendlichen haben die Note 1 oder 2 an öffentlich-rechtliche Radiosender vergeben. Der tagesaktuellen Berichterstattung des ZDF (Heute bzw. Heute Journal) schenken 71 Prozent der Befragten ihr Vertrauen. Focus online und Spiegel online bewegen sich bei dieser Beurteilung im Mittelfeld, jeweils die Hälfte der Jugendlichen bewertet diese Angebote mit der Note 1 oder 2 in Bezug auf Vertrauenswürdigkeit. Private Radiosender werden von knapp der Hälfte der Jugendlichen als vertrauenswürdig eingestuft. Mit deutlichem Abstand folgt ProSieben Newstime, das Nachrichtenangebot des E-Mail-Providers Web.de und RTL Aktuell, denen jeweils ein Viertel der Jugendlichen vertrauen. Das Angebot der Bild-Zeitung bildet mit jeweils 15 Prozent sowohl für das Print- als auch das Online-Angebot das Schlusslicht auf der Vertrauenswürdigkeitsskala der Jugendlichen.
Internet ist längst Teil des Alltags
Unabhängig vom Verbreitungsweg haben heute alle jungen Menschen mehr oder weniger uneingeschränkten Zugang zum Internet. Und dabei hat sich die Einbindung in den Alltag 2018 nochmals verstärkt. 91 Prozent der Zwölf- bis 19-Jährigen sind täglich im Netz unterwegs – im Vergleich zum Vorjahr eine erneute Steigerung (2017: 89 %, 2016: 87 %). Zum zweiten Mal in Folge sind Mädchen (93 %) zu einem etwas höheren Anteil täglich online als Jungen (90 %), deutlich abgeschwächt haben sich die Unterschiede im Altersverlauf. Der Anteil der jüngsten täglichen Nutzer (12-13 Jahre) liegt aktuell bei 85 Prozent und weist damit den größten Zuwachs auf (+7 PP). Auch die anschließende Altersgruppe (14-15 Jahre) hat den Anteil täglicher Nutzer auf 92 Prozent deutlich erhöht (+6 PP). Bei den Ab-16-Jährigen zeigt sich kein Zuwachs (16-17 Jahre: 93 %, 18-19 Jahre: 95 %). Die Schulbildung ist – wie im Vorjahr – an dieser Stelle irrelevant (Haupt-/
Realschule: 90 %, Gymnasium: 92 %).
Vor diesem Hintergrund ist erstaunlich, dass sich die Selbsteinschätzung der zeitlichen Zuwendung nicht erhöht, sondern verringert hat. Nach dem recht deutlichen Zuwachs des Vorjahres geben die Jugendlichen ihre durchschnittliche tägliche Nutzungsdauer mit 214 Minuten (Mo-Fr) an – ein Rückgang um sieben Minuten. Auch 2018 schätzen Jungen (223 Min.) ihre Nutzungsdauer höher ein als Mädchen (205 Min.). Nach wie vor geben ältere Jugendliche zwar eine höhere Selbsteinschätzung ab als jüngere, aktuell liegen mit 243 Minuten aber die 16- bis 17-Jährigen vorne, nicht die Volljährigen (231 Min., 12-13 Jahre: 165 Min., 14-15 Jahre: 212 Min.). Hinsichtlich der Schulbildung fällt die Nutzung bei Gymnasiasten mit 197 Minuten eine dreiviertel Stunde geringer aus als bei Jugendlichen anderer Schulformen (244 Min.). Der Vorjahresvergleich zeigt bei Mädchen (-10 Min.) einen stärkeren Rückgang als bei Jungen (-4 Min.). Uneinheitlich sind die Entwicklungen in den Altersgruppen. Hier weisen die Jüngsten ein Plus von 23 Minuten auf, bei den 16- bis 17-Jährigen liegt der Schätzwert fast auf dem Vorjahresniveau (-4 Min.). Deutliche Rückgänge zeigen die 14- bis 15-Jährigen (-24 Min.) und die Ältesten (-21 Min.). Während die Gymnasiasten ihre Nutzung um zehn Minuten erhöht haben, ist sie bei Jugendlichen anderer Schulformen um 36 Minuten zurückgegangen.
Die Jugendlichen wurden – wie in den Vorjahren – darüber hinaus gebeten, die Dauer ihrer Online-Nutzung auf die vier Felder Kommunikation, Information, Unterhaltung und Spiele zu verteilen6 – wohl wissend, dass es hier zu gewissen Unschärfen und Überschneidungen kommen kann. Noch entfällt mit 35 Prozent der größte Anteil auf die kommunikative Nutzung des Internets, der Bereich Unterhaltung folgt mit 31 Prozent aber dicht auf. Ein knappes Viertel der Nutzungszeit entfällt auf Spiele und zehn Prozent werden auf die Suche von Informationen verwendet. Jungen und Mädchen unterscheiden sich dabei 2018 stärker als in den Vorjahren. Während bei Jungen ein Drittel der Nutzungszeit auf Spiele entfällt, beträgt dieser Anteil bei Mädchen nur zehn Prozent. Mädchen verbringen dafür einen deutlich größeren Teil ihrer Online-Nutzung mit Kommunikation (41 %) als Jungen dies tun (30 %). Und auch bei unterhaltenden Inhalten – also beispielsweise Musik, Videos oder Bildern – liegen Mädchen bezüglich des Nutzungsanteils vorne (37 % vs. 27 %). Hinsichtlich des Alters der Jugendlichen gibt es inzwischen kaum noch Unterschiede, auch wenn die Jüngsten einen etwas größeren Nutzungsanteil bei Spielen aufweisen. Beim Anteil für die Informationssuche liegen die Altersgruppen nur noch maximal drei Prozentpunkte auseinander. Etwas deutlicher sind hier bildungsspezifische Unterschiede – der Spieleanteil fällt bei Jugendlichen mit formal höherem Bildungsniveau niedriger, der Informations- und Unterhaltungsaspekt etwas höher aus. Der Blick auf das Vorjahr zeigt bei den Mädchen stärkere Verschiebungen weg von der kommunikativen Größter Anteil der Internetnutzung ist Kommunikation, Unterhaltung auf dem zweiten Platz.
Die beliebtesten Internetangebote bei Jugendlichen
Welche konkreten Online-Angebote begeistern Jugendliche in der Art und Weise, dass sie es ohne Antwortvorgaben spontan unter die Top 3 der liebsten Internetangebote schaffen? Die Liste wird mit deutlicher Führung vom Videoportal YouTube angeführt, das für knapp zwei Drittel der Jugendlichen zu einem ihrer drei liebsten Internetangebote zählt. Den zweiten Platz belegt der inzwischen multifunktionale Messenger WhatsApp, Platz drei geht an Instagram. Diesmal bereits auf dem vierten Rang folgt der Film- und Serienanbieter Netflix, der für knapp ein Fünftel der Jugendlichen der attraktivste Inhalteanbieter im Netz ist. Es folgen Snapchat und Google. Von jeweils sechs Prozent werden die Audio-Streaming-Plattform Spotify und Facebook genannt, weniger als fünf Prozent nennen Angebote wie Amazon Prime, Wikipedia oder allgemein Amazon, Twitter oder die meist für das Streamen von Videospielen genutzte Plattform Twitch.
YouTube wird von Jungen (70 %) nahezu konkurrenzlos als liebstes Web-Angebot angeführt, es folgen WhatsApp (27 %), Netflix (20 %), Instagram (17 %), Google (12 %) und Snapchat (9 %). Die Präferenzen der Mädchen erweisen sich als vielseitiger – YouTube (55 %), WhatsApp (52 %) und Instagram (45 %) sind nahezu gleichbedeutend in ihrer Beliebtheit und zählen jeweils für etwa die Hälfte Mädchen zum Besten, was es im Netz gibt. Snapchat (22 %), Netflix (16 %) und Google (13 %) sind deutlich weniger spontan präsent. Betrachtet man die Angaben im Altersverlauf, so verliert YouTube als einzige Plattform recht deutlich an Bedeutung (12-13 Jahre: 71 %, 18-19 Jahre: 58 %). WhatsApp und auch Snapchat sind bei allen Altersgruppen gleichermaßen beliebt, Instagram übt auf die 14- bis 17-Jährigen
eine größere Faszination aus (12-13 Jahre: 29 %, 14-15 Jahre: 35 %, 16-17 Jahre: 33 %, 18-19 Jahre: 25 %) und Netflix wird mit zunehmendem Alter beliebter (12-13 Jahre: 12 %, 14-15 Jahre: 18 %, 16-17 Jahre: 19 %, 18-19 Jahre: 22 %). Im Vergleich zum Vorjahr gibt es zwei markante Veränderungen. So hat sich die Beliebtheit von Netflix mehr als verdoppelt, die von Facebook in der spontanen Nennung mehr als halbiert.
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