Jugendliche in der Schuldenfalle
Zehn Jugendliche melden sich pro Monat zum Thema Schulden bei dem psychosozialen Beratungsdienst Rat auf Draht. Oft ist die heutige Konsumkultur der Grund für die finanziellen Sorgen und lässt junge Menschen in die Schuldenfalle tappen.
Schnelle Verlockungen, leichte Zahlungsmöglichkeiten. Die Bedingungen für Jugendliche, in die Schuldenfalle zu tappen, sind so günstig wie nie und fußen teils auf einer neuen Konsumkultur: Auf Social Media Plattformen locken unzählige Werbungen und Angebote, Influencer:innen werben massiv für Produkte und Dienstleistungen aller Art. Onlinespiele locken Gamer:innen mit Pay-to win-Modellen. Der bargeldlose Zahlungsverkehr, Buy-now-pay-Later-Modelle oder Ratenzahlungsangebote, die für ein paar Euro weit über die eigentliche Frist hinausgezögert werden können, ermöglichen raschen und unkomplizierten Zugang zu Produkten aller Preisklassen. Es war noch nie so einfach, Schulden zu machen. „Die Verlockungen sind vielfältig und Jugendliche übernehmen sich dann oft beim Kauf, weil sie durch die Leichtigkeit an Dinge zu kommen, die tatsächliche Tragweite oft nicht einschätzen können oder die Schulden einfach ignorieren“, sagt Birgit Satke, Leiterin der Notrufnummer 147 bei Rat auf Draht.
Schulden - zehn Beratungen pro Monat
Der psychosoziale Beratungsdienst führt rund zehn Beratungsgespräche zum Thema Schulden pro Monat. Betroffen sind durchschnittlich mehr männliche Jugendliche und junge Männer (60 Prozent). Besonders betroffen ist die Altersgruppe der 19 bis 24-Jährigen, auf die mehr als die Hälfte der Beratungen entfällt, gefolgt von den 15- bis 18-Jährigen, die rund ein Viertel der Gespräche ausmachen.
Trend: Schulden ignorieren
Die Beratungen zeigen noch einen Trend: „Die Jugendlichen tendieren dazu, wenn sie bereits Schulden haben, den Kopf in den Sand zu stecken und versuchen, sie zu ignorieren. Das ist kontraproduktiv“, so Satke. Daher geht es in den Beratungen viel um Aufklärungsarbeit und die Schaffung eines Bewusstseins für die Problematik. Satke: „Untätig zu bleiben, macht alles nur noch schlimmer und kann Mahnungen, Inkasso oder gar Lohnpfändungen nach sich ziehen. Wenn Schulden vorhanden sind, raten wir den Anrufer:innen dazu, Ratenzahlungen zu vereinbaren, auf jeden Fall eine erwachsene Vertrauensperson einzuweihen und informieren über Möglichkeiten der Schuldnerberatung.“
Im Umgang mit Geld ortet Satke generell Defizite bei jungen Menschen. „In den Beratungen gewinnen wir oft den Eindruck, dass viele Jugendliche beim Thema Geld ins kalte Wasser geworfen werden und der Umgang eher learning by doing ist. Wenn sie Geld haben, wissen sie oft nicht, wie man sich finanzielle Ressourcen einteilt und damit auskommt“, so die Expertin.
Um der Jugendverschuldung entgegenzuwirken, sollten Kinder so früh wie möglich damit beginnen, den Umgang mit Geld zu lernen. „Kinder sollten von Anfang an darauf vorbereitet werden, was es heißt, mit seinem Geld auszukommen. Das kann zum Beispiel mit Taschengeld gelernt werden“, sagt Satke. Auch die Eltern haben eine wichtige Vorbildwirkung und können einen bewussteren Umgang mit Konsum vorleben. „Innerhalb der Familie zu besprechen, was es heißt, sich Geld einzuteilen, für größere Anschaffungen zu sparen oder vor einem Kauf zu überlegen, was genau die Motivation dahinter ist oder gewissen Verlockungen zu widerstehen und zu erkennen, dass man nicht alles haben kann, sind wichtige Werkzeuge für einen vernünftigen Umgang mit Geld“, so Satke. Auch im Unterricht sollten die persönliche Finanzplanung und was es bedeutet, Schulden zu machen, thematisiert werden.
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