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Krieg der Mütter – Experten-Interview

"Statt Stutenbissigkeit brauchen wir wieder mehr Solidarität, gegenseitige Unterstützung und auch ein gesellschaftliches Umdenken!“ - Familientherapeutin und Bestseller-Autorin Katharina Pommer erklärt die Ursachen von Mütter-Mobbying, was es generell mit unserer Sicht auf Mutterschaft zu tun hat und sagt, wie man sich dagegen zur Wehr setzen kann.

Woher kommt denn das Mom Shaming, das Mobben von Müttern? Ist es denn nicht normal, dass wir uns miteinander vergleichen?
Natürlich, Vergleiche sind ja auch dazu da, um uns eine gesunde Orientierung für die eigene Erziehung und Elternschaft zu bieten. Häufig bleibt es aber nicht dabei. Unsere Kommunikation geht oft auch ganz unbewusst schnell in Richtung Kritik, Schlechtreden, Beschämen oder Abwertung. Der Grund dafür ist häufig der enorme Druck, unter dem Mütter heutzutage stehen. Viele Frauen stellen fest, dass Emanzipation für sie nur bis zur Schwangerschaft wirklich gut funktioniert. Sie sollen Kinder kriegen, aber möglichst nur unter der Bedingung, dass sie rasch wieder in ihrem Beruf aktiv werden. Viele Frauen haben das Gefühl, weder den beruflichen, noch den mütterlichen Anforderungen gerecht zu werden. Außerdem nehme ich eine große Unsicherheit wahr. Es fehlen schließlich auch Vorbilder, weil die Rollenverteilung der vorangegangenen Generationen großteils noch eine ganz andere war. Der Druck und die Gefühle der Zerrissenheit äußern sich ganz oft in Frust, der wiederum in der Abwertung und Missbilligung anderer Frauen zum Ausdruck kommen kann.

Was macht Mütter-Mobbying mit den Frauen?
Viele Mütter funktionieren einfach und gestehen sich ihre wahren Gefühle nicht ein. Die Folge ist oft ganz viel Wut und Verbitterung. Die Rolle von Social Media darf in dem Zusammenhang nicht unterschätzt werden. Auf Insta & Co posieren ständig Super-Mamis mit perfekten Outfits, strahlenden Kindergesichtern und top gestylten Wohnungen. Kein Wunder, dass viele Frauen in Selbstzweifel geraten. In schlimmen Fällen kommt es zu Depressionen oder Burnout.

Inwiefern spielt dabei unsere allgemeine Sicht auf Mutterschaft eine Rolle?
Mütterlichkeit scheint ein wenig in Verruf geraten zu sein. Es wird als etwas Traditionelles angesehen, etwas, das so zusagen am anderen Ende der Emanzipation steht. Denken Sie allein an die Aussage: ZURÜCK zum Herd. Dabei ist Mutterschaft im Grunde etwas, das Frauen über alle Generationen hinweg eint. Die Lust am Muttersein genauso wie im Grunde die Entbehrungen, die mit Mutterschaft verbunden sind. Corona hat viele Frauenprobleme sichtbar gemacht und vielfach gezeigt, welchen Stellenwert die Familie hat, die Zeit mit den Kindern, das Sorgen füreinander. Vielleicht birgt die aktuelle Krise auch die Chance, Mutterschaft wieder neu zu denken.

Ist das Problem nicht generell ein Eltern bezogenes, also auch die Väter betreffend?
Absolut. Väter befinden sich auch in einer Phase der Neuorientierung. Emanzipation kann heute nicht ohne die Männer gedacht werden. Elternschaft braucht insgesamt wieder mehr Wertschätzung. Familienleben braucht seinen festen Platz in der Gesellschaft mit Rahmenbedingungen, die den beruflichen und privaten Alltag von Müttern, Vätern und auch Kindern entlasten.

Was können wir gegen Mom Shaming tun?
Mehr über unsere Bedürfnisse reden. Was brauche ich als Mutter, als Vater? Dabei ist es keine Schande, sich Hilfe von außen zu nehmen. Im Gegenteil, das ist ein Akt der Stärke. Ich frage mich oft, wer uns eigentlich eingetrichtert hat, dass wir immer alles alleine auf die Reihe kriegen müssen? Statt Stutenbissigkeit brauchen wir mehr Solidarität. Gegenseitige Unterstützung. Dafür benötigen wir viel Empathie, Respekt und gegenseitige Toleranz, aber auch ein gesellschaftliches Umdenken. Bleiben wir insgesamt mehr mit unserer natürlichen Intuition verbunden, statt uns permanent mit anderen zu vergleichen. Indem wir unsere eigenen Kompetenzen bewusster wahrnehmen, sind wir auch besser imstande, unseren Verletzungen Ausdruck zu verleihen, um kränkenden Kommentaren mit Haltung zu begegnen. Mutterschaft ist schließlich kein Wettbewerb.

 

Stop MomShaming
In ihrem Buch appeliert Pommer an die mütterliche Solidarität.
Goldegg Verlag,
22 Euro

 

Katharina Pommer
Familientherapeutin und Buchautorin
www.mindshift.family

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