Karriere

Lehrlinge: Gesucht und gefragt

Viele Unternehmen suchen Lehrlinge - auch neue bzw. adaptierte Lehrberufe werden angeboten - und versprechen gute Verdienstmöglichkeiten in zukunftsweisenden Branchen.

 

Junge Menschen stehen vor der Wahl: eine weiterführende Schule besuchen und eventuell studieren oder gleich berufliche Erfahrungen sammeln und dabei Geld verdienen? „Mit der Lehre hat man eine abgeschlossene Berufsausbildung als Fachkraft in der Tasche und somit viele Chancen für die Zukunft. Man verdient ab dem ersten Tag sein eigenes Geld, hat eine hohe Arbeitsplatzsicherheit und macht das, was man gut kann“, sagt Eva-Maria Schupfer, Abteilungsleiterin Bildungspolitik und Leiterin der Lehrlingsund Meisterprüfungsstelle der WKO Oberösterreich. „Ein interessantes Arbeitsumfeld, gute Zusammenarbeit und die Möglichkeit, sich gewinnbringend einzubringen“, das müssten Unternehmen den Lehrlingen bieten und die Lehrlinge wiederum müssten „Lernwille, Leistungsbereitschaft sowie Interesse“ zeigen, so Schupfer. Monika Sandberger ist Gesch.ftsführerin von zukunft.lehre.österreich, einer Initiative, die das Ansehen der Lehre verbessern möchte, bekräftigt diese Aussage. „Die Lehre bereitet optimal auf das Berufsleben vor und fördert die Jobsicherheit“, sagt sie. Lehrlinge brauchen Leidenschaft und Engagement und Unternehmen „müssen die Möglichkeit bieten, den Einstieg ins Berufsleben über eine Lehre zu attraktivieren“.

Image der Lehre hat sich verbessert

Soziale Anerkennung ist ein gutes Stichwort: Googelt man Begriffe wie ‚Lehre‘ und ‚Image‘ stößt man recht rasch auf Artikel, die das schlechte Image der Lehre thematisieren. Doch ist das wirklich so? Eva-Maria Schupfer: „Früher ist die Lehre zum Teil als Einbahnstraße empfunden worden, das ist heute nicht mehr so. Mit Möglichkeiten wie Lehre mit Matura oder der Dualen Akademie steht einer Karriere in der beruflichen Ausbildung nichts mehr im Weg.“ Monika Sandberger betont die Rolle der Eltern: „Bei der Berufswahl haben diese nach wie vor einen großen Einfluss. Viele haben das Bestreben, ihren Kindern einen sozial anerkannten Berufsweg zu ermöglichen, der häufig noch Matura und / oder die universitäre Ausbildung im Fokus hat. Hier hat sich allerdings unglaublich viel verändert.“ Wichtig sei es daher, die positiven Aspekte der Lehre zu kommunizieren. Aktuelle Lehrlinge seien laut Sandberger „begeistert“ von ihrer Wahl.

Vielseitigkeit ist Trumpf

225 Lehrlinge in 19 verschiedenen Ausbildungsbereichen suchen die Wiener Stadtwerke. Benjamin Rödig ist dort Leiter der Zentrale Lehrlingsmanagement. Die Wiener Stadtwerke haben seit jeher in die Ausbildung der jüngsten Mitarbeiter*innen investiert, die Anzahl der angebotenen Lehrstellen konnte in den letzten Jahren verdoppelt werden. „Wir suchen Jugendliche, die Interesse haben, einen Beruf zu erlernen und eine gewisse Offenheit mitbringen. Ein zweiter wichtiger Aspekt ist das Thema Zusammenarbeit und soziale Kompetenz und die dritte Säule sind die Grundlagen, die jede*r nach mindestens neun Schuljahren mitbringen sollte“, so Rödig.

Investition

Die ÖBB sind einer der größten Lehrlingsausbilder Österreichs. „Bei den technischen Berufen sind wir sogar die klare Nummer eins“, hält Ursula Bazant, Geschäftsbereichsleiterin Aus- und Weiterbildung der ÖBB Infrastruktur AG fest. Aktuell bietet das Unternehmen 27 technische und kaufmännische Lehrberufe an. Für das bevorstehende neue Lehrjahr werden zirka 650 Lehrlinge gesucht. „Die Lehrlinge leisten mit ihrer Arbeit bei der Bahn einen aktiven Beitrag für den Klimaschutz. Daneben stehen auch die Chancen gut, nach der Ausbildung einen Job bei uns im Unternehmen zu bekommen – aktuell liegt die Übernahmequote bei rund 80 Prozent.“ Motivation, Interesse und gegebenenfalls handwerkliches Geschick sieht Bazant als wichtig an. Die ÖBB habe bereits 1895 die ersten Lehrlinge ausgebildet, die Investition in die Lehrlinge habe also Tradition. Und wohl auch Zukunft: „Wir suchen in den nächsten Jahren mehrere tausend Mitarbeiter*innen. Um diesem Bedarf gerecht zu werden, benötigen wir genügend qualifiziertes Personal, das wir zu einem großen Teil auch selbst ausbilden.“

Neue Lehrberufe

Die Lehre gewinnt also eher an Bedeutung. Eine gute Ausbildung in vielfältigen Betätigungsfeldern bietet sie jedenfalls. Alleine in Oberösterreich stehen aktuell 210 verschiedene Berufe in mehr als 5.300 Lehrbetrieben zur Auswahl. „Es wird in den kommenden Jahren keine Branche geben, die nicht dringend Lehrlinge benötigt“, ist sich Monika Sandberger sicher. Bei den Wiener Stadtwerken setzt man laut Benjamin Rödig auf Lehrberufe wie Elektrotechnik/Mechatronik, Maschinenbautechnik und Gleisbautechnik. Bei den ÖBB gibt es viele neue Lehrberufe: „Etwa die Digi-Ausbildungen Coding-Applikationsentwicklung oder E-Commerce genauso wie die ‚grünen‘ Lehrberufe Kälteanlagentechnik und Energietechnik“, so Ursula Bazant.

 

Pharmatechnologie

2023 wurde die Lehre Pharmatechnologie adaptiert: In den dreieinhalb Jahren lernen die Lehrlinge die Grundlagen der Pharmatechnologie kennen – von den eingesetzten Stoffen, über die Werkstoffe, aus denen die Anlagen bestehen, den verwendeten Apparaten, bis hin zu den Maschinen und den Produktionsanlagen.

Applikationsentwicklung – Coding

Logisches Denken, Innovationsfähigkeit und technisches Verständnis – das alles braucht es, um in der Applikationsentwicklung tätig zu sein. Wer seine Zukunft in diesem Bereich sieht, kann seit 2018 diese Lehre beginnen und lernen, Apps zu programmieren.

Buchbindetechnik und Postpresstechnologie

Seit 2020 können Interessierte die Lehre Buchbindetechnik und Postpresstechnologie wählen. Diese ersetzt den Lehrberuf Buchbinder*in. Buchbindetechnik bezeichnet handwerkliche und maschinelle Methoden zur Endfertigung von Büchern und ähnlichen Produkten wie Kalender, Notizbücher oder Broschüren. Postpresstechnologie bezeichnet die maschinelle Endfertigung von Druckwerken aller Art.

Fahrradmechatronik

Ein „‚Green Job’ mit Zukunft“ – so bezeichnet die WKO die seit 2019 bestehende Lehre Fahrradmechatronik, die aktuell ein befristeter Ausbildungsversuch ist; der Eintritt in die Lehre ist bis 31.08.2024 möglich. In den drei Jahren der Lehre werden mitunter folgende Fähigkeiten vermittelt: das Instandhalten und Warten von Fahrrädern und ähnlichen Fahrgeräten sowie einzelnen Baugruppen, das Anpassen von Fahrrädern an die Wünsche der Kund*innen sowie deren Information und Beratung.

Kunststofftechnologie

In vier Jahren lässt sich auch der Lehrberuf Kunststofftechnologie erlernen, dieser ersetzt seit 2023 den Lehrberuf Kunststofftechnik. Kunststofftechnolog*innen stellen Kunststoffartikel, Halbfabrikate und Bauteile her. Kunststofftechnolog*innen bedienen, steuern und programmieren meist computergestützte Produktionsanlagen und wenden zudem mechanische Verfahren (wie Schneiden, Kleben und Löten) an.

Bahnreise- und Mobilitätsservice

Seit 2022 ist in Österreich die Lehre Bahnreise- und Mobilitätsservice möglich: In dreieinhalb Jahren lernen die Lehrlinge Kund*innen- und Verkaufsgespräche zu führen, Bahnreisende zu informieren, Anfragen und Beschwerden entgegenzunehmen, Angebote zu erstellen, Fahrkarten zu verkaufen und zu kontrollieren.

 

Chocolatier/ Chocolatière

Seit 2021 ersetzt der Lehrberuf Chocolatier/ Chocolatière den ehemaligen Lehrberuf Bonbon- und Konfektmacher. In den drei Jahren der Lehre stehen folgende Tätigkeiten im Fokus: Die Herstellung von Schokolade-Rohmasse und Schokolade-Produkte nach Rezept, die Produktion von Zusatzprodukten wie Marzipan, Gelees oder Cremes, Qualitätssicherung und Rezeptentwicklung.

Fernwärmetechnik

Ganz neu ist die Lehre zur Fernwärmetechnik, die ab Herbst 2024 möglich ist. Wer sich dafür entscheidet, leistet seinen Beitrag zum Ziel Österreichs, bis 2040 klimaneutral zu werden. Die Ausbildung dauert dreieinhalb Jahre und schult künftige Expert*innen darin, das Fernwärmenetz des Landes auszubauen. Bisher gab es für diesen Job keine adäquate Ausbildung. Inhaltlich stehen Fernwärme- und Installationstechnik, Fernwärmeerzeugung und -verteilung, sowie der Service von Anlagen auf dem Programm.

E-Commerce-Kaufmann/-frau

Einkäufe online zu tätigen ist beliebt und genau dieser Umstand führte dazu, dass seit 2020 der unbefristete Regellehrberuf der E-Commerce-Kaufmann/-frau besteht. Diese sind Expert*innen für die Einrichtung und Optimierung von Online-Shops. In der Lehre lernen sie etwa betriebsspezifische Shopmanagementsysteme anzuwenden, die Bestandteile eines Online-Shops zu analysieren sowie betriebsübliche Kennzahlen zu ermitteln.

Eventkaufmann/ Eventkauffrau

Seit 2020 gibt es die Lehre zum/zur Eventkaufmann/Eventkauffrau, aktuell noch als befristeter Ausbildungsversuch; der Eintritt in die Lehre ist bis 31.08.2026 möglich. Nach ihrer Ausbildung sind die Lehrlinge Expert* innen für die Konzipierung, Planung, Vorbereitung, Organisation, Durchführung und Nachbearbeitung von Veranstaltungen aller Art. Wichtige Aufgaben im Beruf sind Kund*innenmanagement, Konzeptentwicklung, Veranstaltungsmanagement, ihre Abwicklung, das Marketing rundum, Office-Management und betriebliches Rechnungswesen.

 

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