Meine Mutter will keine Oma sein
Großmütter, die jederzeit für die Familie da sind, gibt es natürlich. Aber moderne Omas haben ihr eigenes Leben, reisen, haben eventuell einen neuen Partner oder gehen Hobbys nach. Oft kommt es deswegen zu Streit mit Tochter oder Sohn. Wie kann das gegenseitige Verständnis trotz allem vertieft werden?
Sandra, 32, ist genervt: „Ich weiß nicht, wie oft ich meine Mutter schon ersucht habe, sich mehr um die Enkelkinder zu kümmern. Aber ich kann an einer Hand abzählen, wie oft das dann auch passiert ist. Immer hat sie schon etwas vor.“ Auch Michaela, 29, ist der Auffassung, dass ihre Mutter öfter zur Verfügung stehen sollte: „Meine Tochter Kira ist drei und Anatol ist 1 Jahr. Ich bin teilzeitberufstätig und könnte Mama sehr gut gebrauchen. Aber sie möchte ausreichend vorher informiert werden, wann sie kommen soll. Das ist leider nicht immer möglich.“ Und Emilia, 42, hätte zwar die finanzielle Möglichkeit, Hilfe zu organisieren, aber sie versteht absolut nicht, dass ihre Mutter das nicht übernimmt: „Sie ist schon in Pension. Was gibt es da groß zu tun? Aber sie hat sich verliebt und ist jetzt ständig mit diesem Mann unterwegs. Ich finde, die Unterstützung ihrer Familie müsste Vorrang haben“. Drei moderne Frauen, die dennoch die Ansicht vertreten, dass die Mütter das eigene Leben hintenanstellen müssten, wenn sie gebraucht werden.
Wie können erwachsene Mütter lernen, ihre Ansprüche puncto „Helfen“ an die eigene Mutter realistisch zu gestalten?
Familientherapeutin Isabel Groschopf: „Hören Sie die Bedürfnisse und Interessen Ihrer Mutter an, und berücksichtigen Sie auch ihr Energielevel. Vielleicht ist sie noch berufstätig, hat sonst noch einige Verpflichtungen und ist möglicherweise nicht in der Lage, jedes zweite Wochenende auf lebhafte Kinder aufzupassen. Versuchen Sie auch zu verstehen, dass nur weil Ihre Mutter selbst Kind(er) hat, das noch lange nicht heißt, dass sie auch für Enkelkinder da sein muss. Irgendwann möchte sie ihr Leben so gestalten, wie sie Lust und Kraft hat.“
Was können Großmütter tun, die nicht immer einspringen möchten und sich deswegen vielleicht schlecht fühlen?
Sie haben sich zwar meist für die eigenen Kinder entschieden, bei den Enkelkindern hatten sie kein Mitspracherecht. Selten wird gefragt, „Willst du jetzt Oma werden?“ Vielleicht gibt es auch einen Kompromiss, mit dem alle Seiten gut leben können: „Ich kann gerne einen Nachmittag pro Woche aufpassen, mehr möchte/kann ich nicht.“ Dann wissen alle, dass Donnerstag nachmittags die Eltern Zeit für Anderes haben und die Großmutter weiß, diesen Nachmittag bin ich Oma. Alle anderen Tage hat sie Zeit für sich und wird auch nicht gefragt. Somit muss sie nicht „nein“ sagen oder eine Ausrede erfinden und hat damit auch kein schlechtes Gewissen.
Falls deswegen Konflikte auftreten – wie können sie entschärft werden?
Sprechen Sie Enttäuschung an und versuchen Sie, die andere Seite zu verstehen. Vielleicht fühlt sich die Großmutter auch ausgenutzt und Sie selbst sich im Stich gelassen. Manch- mal braucht es klare Kommunikation oder auch nur ein „Bitte“ und „Danke“. Annemarie K. 61, 2 erwachsene Kinder, 1 Enkelkind: „Ich bin eine leidenschaftliche Oma und immer für die Familie da. Mein Mann ist gestorben und ich bin froh, eine Aufgabe zu haben. Ich habe zwar liebe Freunde, aber mein Enkelkind kommt auf jeden Fall zuerst.“ Einen anderen Weg geht Birgit Hofer, 59, Mutter von drei erwachsenen Kindern, 3 Enkelkinder 10, 3, 7, geschieden, Single: „Ich habe als Eventmanagerin in einem großen Unternehmen einen tollen Job. Aber ich gehe auch in meiner Rolle als Großmutter auf, denn ich liebe Kinder. Und falls es mir möglich ist, helfe ich natürlich. Wenn ich auf meine Enkelkinder aufpasse, gehen wir wandern, schwim- men oder unternehmen etwas anderes. Aber ich stehe nicht immer zur Verfü- gung, denn ich habe einen großen Freundeskreis. Meine Kinder verstehen das. Sicher gab es auch schon Unstimmigkeiten, als meine Tochter mit ihrem Partner nach Tirol fahren wollte und ich meine Enkel nicht übernehmen konnte. Aber wenn ich nicht gerade Theaterkarten oder sonst etwas Wichtiges vorhabe, arrangieren wir uns manchmal. Dann kommt die Freundin, mit der ich mich getroffen hätte, ganz einfach zu mir und die Enkelkinder auch. Das geht nicht immer, aber das wird dann akzeptiert.“
Egal, ob die Großmutter gerne die Familie an die erste Stelle stellt, oder die Unabhängigkeit genießt – freuen Sie sich, dass Ihre Kinder eine Oma haben.
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