Neue Väter – Experten-Interview
„Standardlösungen gibt es keine. Männer sollten sich aber in jedem Fall die Frage stellen: Was für ein Vater will ich sein?“
Sascha Schmidt, Experte für ganzheitliche Karriereplanung und familylab-Seminarleiter, spricht über Wege, beruflichen Erfolg, Familienleben und persönliche Bedürfnisse in Einklang zu bringen.
Die Vereinbarkeit von „Kind und Karriere“ bei Frauen findet gesellschaftlich und politisch inzwischen viel Gehör. Bei Männern ist das anders. Warum?
Sascha Schmidt: Bei der neuen Generation der Väter, also der 25- bis 40-Jährigen, ist ein hohes Bewusstsein für diese Thematik und demnach auch ein großer Wille spürbar, sich in der Familie einzubringen. Diese Bereitschaft, präsent zu sein, spießt sich allerdings stark mit den beruflichen Realitäten. Zumal Männer immer noch – auch für gleiche Jobs – mehr verdienen als Frauen, ist die Entscheidung darüber, wer zuhause bleibt, schlichtwegs eine familienfinanzielle. Und das bedeutet in der Regel: Der Mann arbeitet weiter Vollzeit und bleibt Hauptverdiener.
Mit welchen Hindernissen sind Männer denn konkret konfrontiert?
Schmidt: Unternehmen sind meist recht gut auf die Schwangerschaften der Frauen vorbereitet: es wird einkalkuliert, dass Frauen länger ausfallen und später vielleicht in geringerem Ausmaß zurück in den Job kommen. Verzichtet ein Mann hingegen der Familie wegen etwa auf den nächsten Karriereschritt, gilt das immer noch als absolut exotisch, und gerade männliche Führungskräfte älterer Schule haben dafür wenig Verständnis. Männer müssen sich also dem Arbeitgebers gegenüber durchsetzen, den Ansichten der Gesellschaft sowie der Herkunftsfamilie und vielfach auch der Partnerin gegenüber, die ja auch erst einmal zulassen muss, dass der Mann die Regie daheim übernimmt. All diese Barrieren zu überwinden, kostet ganz viel Mut. Doch an dem mangelt es oft und entsprechend auch an Männern, die vormachen, wie es gehen kann – also zum Beispiel öffentlichkeitswirksamen Vorbildern.
Warum wird denn eine Entscheidung für die Familie häufig als Verlust angesehen? Der Verlust etwa, den Kinder und voll arbeitende Väter erleiden, weil sie kaum Zeit miteinander verbringen, wiegt offenbar weniger – was stimmt denn da in unserer Gesellschaft nicht?
Schmidt: Ich glaube, wir brauchen neue Definitionen von Karriere. Väter und Mütter sollten sich überlegen: Was will ich denn für ein Vater oder für eine Mutter sein? Kinder brauchen Beziehungen und können daher nicht ständig „ausgelagert“ werden. Will ich eine Beziehung zu meinem Kind aufbauen, muss ich anwesend sein. Also gilt es, zu überlegen, wie ich meine berufliche Entwicklung gestalte, damit genug Zeit für die Familie bleibt.
Sascha Schmidt
Tatsächlich gibt es allerdings Berufsfelder, die kaum flexible Alternativen bieten. Wozu raten Sie in solchen Fällen?
Schmidt: Stimmt absolut. Wenn Sie so wollen, haben wir es mit einem Luxusproblem zu tun. Grundsätzlich empfehle ich allen Eltern, zu schauen, dass es mir in meiner Rolle im Beruf und als Vater oder Mutter gut geht. Es gibt keine Standardlösungen. Wichtig ist gegenseitige Wertschätzung und klar miteinander abgestimmte Übernahme von Verantwortung. Egal, wer den Haushalt macht: Für diese unbezahlte Tätigkeit braucht es die gleiche Wertschätzung wie demjenigen gegenüber, der als Hauptverdiener den Lebensstandard sichert.
Stichwort Gleichberechtigung: Wie sollten die Buben von heute denn auf ihr Leben als Vater vorbereitet werden?
Schmidt: Ich möchte lieber von gleichwürdig statt von gleichberechtigt sprechen. Ich halte nichts von gleichmachen, denn Frauen und Männer sind nun mal anders. Ein Mann, der bei seiner Familie ist, wird ja deshalb nicht zur Frau, sondern er sollte als Vater durchaus ein Kerl bleiben. Buben brauchen nämlich ein männliches Gegenüber, also sozusagen als Gegenpol zur weiblichen Energie, mit dem sie großteils durch die Mütter und auch noch über die Betreuungsstätten des Vorschulalters konfrontiert sind. Moderne Väter können ihren Jungs gute Vorbilder sein und zeigen, wie es geht, ein aktiver Vater zu sein, der seine Rolle authentisch lebt.
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