Volkstheater
Als das Wiener Volkstheater (damals zur Unterscheidung von anderen nationalen Bühnen der Donaumonarchie unter dem Namen Deutsches Volkstheater) 1889 gegründet wird, ist die Wiener Theaterlandschaft noch stark nach Ständen unterteilt: das Burgtheater etwa ist als kaiserliches Privattheater der Hocharistokratie vorbehalten. Es mehren sich dem gegenüber Stimmen, die ein Deutsches Volkstheater als dezidiert bürgerliches, auch volksbildnerisches Gegenstück zum Hoftheater fordern. Gespielt werden sollen neben Volksstücken vor allem klassische und moderne Dramen. Der Verein „Deutsches Volkstheater in Wien“ wird ins Leben gerufen, dem unter anderen der Dramatiker Ludwig Anzengruber und der Möbelfabrikant Franz Thonet angehören. Auch die Architekten Ferdinand Fellner und Hermann Helmer, die zu dieser Zeit unter den Theaterarchitekten in Österreich-Ungarn eine fast schon monopolartige Stellung innehaben, sind Gründerväter des Vereins. Bevor sie das Wiener Volkstheater im Stil des Historismus errichten, hatten sie unter anderem bereits die Komische Oper in Berlin oder die Staatsoper in Prag erbaut, später folgt etwa – nach dem Vorbild des Wiener Volkstheaters – das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg.
In der nunmehr über hundertjährigen Geschichte des Hauses verwirklichten nahezu alle Direktoren und Direktorinnen die Wünsche und Ziele der Gründerväter: neben Klassikern in aktuellen Inszenierungen standen solche des Wiener Volkstheaters wie Ferdinand Raimund oder Johann Nestroy sowie die jeweilige zeitgenössische Dramatik auf den Spielplänen. So wurden von Gerhart Hauptmann sowohl Vor Sonnenuntergang (1932) als auch Die Ratten (1937) im Beisein des Dichters aufgeführt. Auch auf österreichische Autorinnen und Autoren wurde und wird besonderer Wert gelegt, sie werden regelmäßig am Haus uraufgeführt, wie beispielsweise 1971 Peter Turrinis Rozznjogd (1971). Stücke wie Ödön von Horváths Geschichten aus dem Wiener Wald wurden am Wiener Volkstheater zur österreichischen Erstaufführung gebracht, auf der Bühne waren immer wieder große Schauspielerinnen und Schauspieler zu sehen