Resteküche
Der meiste Food Waste fällt zu Hause an. Dabei lässt sich gerade dort Lebensmittelabfall leicht vermeiden. Wie wir richtig einkaufen und kinderleicht überschüssiges Gemüse in Salzlake einlegen. Außerdem: Rezepte für die Resteküche.
„Lebensmittel sind kostbar.“ Den Aufkleber mit dieser Aufschrift kennen wir alle. Mit ihm werden im Supermarkt Lebensmittel versehen und im Preis reduziert, kurz bevor diese ihr Mindesthaltbarkeitsdatum erreichen. Niemand wirft gerne Lebensmittel weg. Die Supermärkte am allerwenigsten – immerhin mindert jedes weg- geworfene Produkt ihren Profit. „Eine Entsorgung von einwandfreier Ware im Abfall ist gegen unsere Prinzipien“, sagt etwa Rewe-Sprecher Thomas Gimesi. Was dennoch überbleibt und noch genieß- bar ist, das geben Billa, Penny und Sutterlüty – sofern rechtlich möglich – an soziale Einrichtungen ab. Spar und Hofer kooperieren außerdem mit dem Service von Too Good To Go, das über eine App vergünstigt Speisen und Lebensmittel, die übrig zu bleiben drohen, abgibt. Gebäck wird mittlerweile meist bedarfsorientiert aufgebacken. Und Spar hat, wie Nachhaltigkeitssprecher Lukas Wiesmüller erklärt, auch in eigenen Laboren Versuche angestellt und dabei herausgefunden, dass sich bei mehreren Käsesorten problemlos das Mindesthaltbarkeitsdatum ausweiten ließ. Genieß- bar sind die meisten Lebensmittel ohnehin deutlich länger. Um sicherzugehen, verlässt man sich am besten auf seine Sinne – riecht erst einmal und kostet dann vorsichtig.
Pro Kopf und Jahr: 95 Kilo Food Waste
Dennoch landen im EU-Schnitt pro Kopf 95 Kilogramm Lebensmittel im Müll. Für eine vierköpfige Familie bedeutet das, dass binnen eines Jahres 380 Kilogramm Lebensmittel verkommen. Und bis die Kinder das Volksschulalter erreichen, kommt die Durchschnittsfamilie auf einen Food Waste von mehreren Tonnen. Das betrifft Lebensmittel, bei deren Erzeugung Ressourcen CO2 freigesetzt wurde, für die oftmals Tiere ihr Leben lassen mussten. Die Empörung ist jedes Mal groß, wenn – wie zuletzt – Bilder von Frischfleisch, das im Müll landet, kursieren. Doch nur 4 Prozent des Lebens- mittelmülls fallen im Supermarkt an; der aller- größte Teil – 52 Prozent – in privaten Haushalten. Das mag erschrecken, ist aber eine gute Nachricht. Denn damit haben wir alle zu Hause den größten Hebel in der Hand – und keine Ausrede.
Was fehlt: ein Gespür für Lebensmittel
Den ersten Schritt machen wir, indem wir bedacht und nicht zu viel einkaufen. Das heißt: möglichst nicht hungrig, dafür mit Plan – also einem Einkaufszettel. Den Rest erledigt kreatives Kochen. Bäckereien wie Ströck geben auf ihren Websites seit Jahren Tipps für „das gute Brot von gestern“. Am sinnvollsten ist es, langsam ein Gefühl für den Wert von Lebensmitteln zu entwickeln. Das spart Geld und macht nicht zuletzt sogar Spaß, etwa wenn man zu Hause gemeinsam Gemüsereste oder Ernteüberschüsse fermentiert – also etwa in Salzlake konserviert. Fermentiertes – wir kennen es beispielsweise von Sauerkraut oder Salzgurken – ist gesund.
Fermentiertes schmeckt und ist bekömmlich
„Alles, was man prinzipiell roh essen kann, kann man auch einlegen und haltbar machen. Durchs Fermentieren bleibt es knackig, wird aber viel verdaulicher und bekömmlicher“, sagt Ernährungswissenschafterin Alma C. Blum, die unter ihrem Namen „Kimchi Garden“ im Wiener Fermentationsstudio „Wild und Wunder“ (Wien 12, Wilhelmstraße 30) einschlägige Workshops abhält. Geeignet sind also beispielsweise Karotten, Kohlrabi, Zwiebel, Rettich, Kürbis, Blumenkohl, Kraut, rote Rüben. Es braucht dafür unjodiertes Salz sowie Gläser mit Gummiring und Einmachbügel. „Gemüsereste einfach in mundgerechte Stücke schneiden, komplett mit Salzlake übergießen, damit kein Sauerstoff hinzukommt und nach zehn Tagen das erste Mal kosten.“ Der Vorteil: Auch schrumpelig gewordenes Gemüse lässt sich so in gesunde und geschmackvolle Snacks verwandeln. Tipp der Fachfrau: „Auch Bio-Gemüse gehört vor dem Einlegen geschält, weil auf der Schale die meisten Hefebakterien sind. Schälen reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass sich Kammhefe bildet.“
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