Bildung

Schulkosten: Eltern müssen draufzahlen

Laut aktueller AK-Studie betragen die Schulkosten pro Kind mehr als 2.200 Euro im Schuljahr. Eltern spüren finanzielle Belastung gerade jetzt zum Schulstart.

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Im Schnitt 2.223 Euro: So viel müssen die Familien in Österreich pro Kind und Jahr zum Schulbesuch dazu zahlen – von den Kosten für Schulsachen über die Nachmittagsbetreuung bis hin zu Laptops oder Tablets. Das ergibt die aktuelle AK-Schulkostenstudie, für die 2.502 Eltern mit 3.873 Kindern im ganzen Schuljahr 2023/2024 ihre Ausgaben für die Schule aufgezeichnet haben. Ausgewertet hat die Aufzeichnungen das Forschungsinstitut Foresight.

„In den Schulen fehlen in vielen Bereichen Ressourcen und Unterstützung. Für die Zukunftschancen ihrer Kinder müssen Eltern ständig einspringen und immer tiefer in die Tasche greifen“, sagt AK Präsidentin Renate Anderl. „Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, also die AK Mitglieder, leiden unter der Teuerung, möchten aber trotzdem ihren Kindern die besten Bildungschancen ermöglichen. Da ist es eine untragbare Entwicklung für die Bildungsgerechtigkeit, dass die Eltern für den Schulbesuch ihrer Kinder draufzahlen müssen, nur weil die notwendigen Mittel nicht in den Schulen zur Verfügung stehen. Die steigenden Kosten belasten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und verschärfen Schieflagen bei den Bildungschancen“, kritisiert Renate Anderl. „Jedes Kind und alle Jugendlichen haben faire Zukunftschancen verdient, sie sollen die Grundkompetenzen erlernen und Lernziele erfüllen können. Doch wo guter Schulerfolg oft nur durch hohe private Ausgaben
für Bildung möglich ist, die sich viele auch nicht leisten können, wird Bildungsungerechtigkeit einzementiert.“
Anderl fordert strukturelle Maßnahmen, um die privaten Bildungskosten zu senken und die Eltern zu entlasten: „Österreich kann sich ein mangelhaft ausgestattetes System aus Halbtagsschulen nicht mehr leisten. Wir brauchen gute Ganztagsschulen, in denen jedes Kind genug Zeit und Unterstützung bekommt. Damit etwa teure, private Nachhilfe gar nicht mehr notwendig ist.“

Schulbesuch ist mit hohen Kosten verbunden

Die Zusatzkosten der Familien pro Kind und Schuljahr setzen sich aus jeder Menge Einzelposten zusammen. Fast alle Eltern (91 Prozent) haben Ausgaben für allgemeine Schulsachen und Schulbücher (im Schnitt 304 Euro). Dazu kommen beispielweise noch Ausgaben für fachspezifisches Schulmaterial und Kleidung (218 Euro), für Computer, Tablets und EDV, wie zum Beispiel Lizenzen für KI-Software (529 Euro), für Schulveranstaltungen (eintägig: 82 Euro; mehrtägig: 365 Euro) oder für Nachhilfe.

Aufgeteilt nach Schulstufen zeigt sich, dass die höchsten Schulkosten für Schüler:innen in der Sekundarstufe II anfallen, also in der Oberstufe der Gymnasien und in den berufsbildenden Schulen wie HAK, HTL oder Fachschulen. In der Volksschule und in der Sekundarstufe I, also in der Unterstufe der Gymnasien und in den Mittelschulen, sind die Betreuungskosten und die Ausgaben für allgemeine Schulsachen höher, in der Sekundarstufe II dann die Kosten für technische Ausrüstung wie Tablets und Computer und fachspezifisches Material. Besonders für berufsbildende mittlere und höhere Schulen fallen hohe Kosten für fachspezifisches Schulmaterial, Kleidung und technisches Equipment an. So brauchen Schüler:innen einer Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe beispielsweise entsprechende Kochutensilien wie Messer und Uniformen, um am Unterricht teilnehmen zu können. Die zunehmenden Schulkosten in den höheren Schulstufen spielen auch eine Rolle bei der Frage nach der Leistbarkeit von Ausbildungen. Die Wahl der weiterführenden Schule ist daher nicht nur eine Frage der Interessen des Kindes, sondern auch eine des Einkommens der Eltern.

Hohe Kosten bereits vor dem Schulanfang

Bereits jetzt im Sommer erledigen die Familien die Besorgungen für den Schulbesuch der Kinder. So werden im Sommer vor allem allgemeine Schulsachen, Bücher und fachspezifisches Schulmaterial und Kleidung angeschafft. Das sind dann etwa Hefte, Stifte, Umschläge, Jausenboxen, Öffi-Tickets und Hausschuhe oder zum Beispiel die Arbeitskleidung für berufsbildende Schulen. Im Schnitt gaben Eltern im Sommer schon 464 Euro pro Kind aus. Besonders hoch waren die Ausgaben für Schüler:innen an berufsbildenden Schulen.

Die Kosten zum Schulstart werden von Ausbildungsstufe zu Ausbildungsstufe höher. Eltern von Volkschulkindern gaben zum Schulstart 266 Euro aus, für die Sekundarstufe I fielen 291 Euro an und für die Sekundarstufe II sogar 520 Euro.
Die Schulstartkosten sind eine hohe Belastung. 57 Prozent der Eltern gaben an, von den Ausgaben zum Schulstart finanziell belastet zu sein, 5 Prozent der Eltern konnten sich nicht alle notwendigen Anschaffungen für den Schulbesuch ihrer Kinder leisten. Hier zeigt sich auch ein deutlicher Unterschied nach  Haushaltseinkommen und dass Schulkosten zu Bildungsungleichheiten beitragen: Elf Prozent der Familien im unteren Drittel konnten sich nicht alle notwendigen Anschaffungen zum Schulstart ihrer Kinder leisten. Zur Erklärung: Im unteren Drittel des verfügbaren Haushaltseinkommens stehen den Familien weniger als 2.800 Euro netto pro Monat zur Verfügung, Haushalten im mittleren Drittel stehen bis zu 4.000 Euro zur Verfügung, Haushalten im obersten Drittel mehr als 4.000 Euro.

Berg- und Talfahrt der Schulkosten

Die mit Abstand höchsten Kosten fallen zum Schulstart an, doch auch im Verlauf des restlichen Schuljahres lassen sich noch zwei weitere Höhepunkte feststellen – jeweils vor den Zeugnisvergaben. Das hängt mit steigenden Nachhilfezahlen vor der Zeugnisvergabe zusammen. Der Druck, gute Noten zu bekommen, ist sehr groß, viele Familien organisieren daher Nachhilfe für ihre Kinder. Eine zusätzliche Ausgabe, die nicht für alle leistbar ist.
In den letzten Wochen des Schuljahres sind Exkursionen beliebt: Diese sinnvolle Lernmöglichkeit ist leider mit Kosten für die Eltern verbunden. Hier bedarf es verstärkter Förderangebote für Schulen und Familien, um eine Teilnahme für alle Kinder zu ermöglichen.

Freizeit ist Gold wert, aber nicht leistbar

Besonders hohe Kosten fallen für Nachmittagsbetreuung, Nachmittagskurse und Ferienbetreuung an. Im Durchschnitt mussten Eltern 1.790 Euro für die Nachmittagsbetreuung und zusätzlich 447 Euro für die Verpflegung ihrer Kinder zahlen. Besuchen Kinder am Nachmittag noch zusätzliche Kurse, fielen nochmals 653 Euro an.

Dazu Elke Larcher, AK Wien Bildungsexpertin: „Freizeitangebote sollen der Motor für die Stärkung des Selbstwertes von Kindern und Jugendlichen sein. Sie sollen ihre Interessen vertiefen und entdecken können, und zwar ohne Leistungsdruck. Diese Freizeit braucht jedes Kind und alle Jugendlichen.“ Nicht für alle Familien ist die Nachmittagsbetreuung der Kinder plus kostenpflichtiges Mittagessen leistbar. Deshalb ist für AK Präsidentin Renate Anderl ein Ausbau der Ganztagsangebote unabdinglich: „Schule muss in der Schule stattfinden – und nicht am Küchentisch oder in teuren Nachhilfeinstituten. Damit das möglich ist, müssen Schulen so organisiert und ausgestattet werden, dass das Üben und Lernen in der Schule ausreicht und die Kinder nicht mit einem Rucksack voll Problemen und Aufgaben nach Hause kommen. Wie kommen die Beschäftigten dazu, dass sie ständig selbst oder mit ihrem Geld einspringen müssen, weil die Bildungsarbeit an die Familien und Haushalte ausgelagert wird?“ Für viele Eltern ist die Vereinbarkeit der eigenen Berufstätigkeit mit der Schulzeit ihrer Kinder eine große Herausforderung. Die Halbtagsschule und die ausgeprägte Lernzeit für die Schule zu Hause sind mit einer Vollzeiterwerbstätigkeit kaum vereinbar. Viele, vor allem Frauen, müssen deshalb Teilzeit arbeiten, stehen nicht als Vollzeitkräfte zur Verfügung. Die oftmals ungewollte Teilzeitbeschäftigung führt auch zu niedrigerem Einkommen und höherer finanzieller Belastung.

Hohe Belastung durch Schulkosten verstärkt Chancenungerechtigkeit

60 Prozent aller Eltern gaben an, dass die Ausgaben für den Schulbesuch ihrer Kinder finanziell sehr belastend für sie sind. Je niedriger das Haushaltseinkommen, desto schwieriger wurde die Beschaffung aller notwendigen Schulmaterialien. Die Konsequenz: Höhere Bildung der Kinder ist für Familien mit wenig Einkommen schwer zu erreichen. Eltern verbinden mit höheren Bildungsabschlüssen auch höhere finanzielle Belastungen und wiegen diesen Faktor bei der  Bildungswegentscheidung für ihre Kinder und Jugendlichen mit ab. Damit Kinder und Jugendliche Bildungswege entlang ihrer Interessen und Kompetenzen gehen können, muss die Kostenbelastung längerer Bildungswege und höherer Bildungsabschlüsse deutlich reduziert werden.

Eltern möchten unabhängig von ihrem eigenen Bildungshintergrund und ihrer eigenen Einkommenssituation ihren Kindern die bestmögliche Ausbildung ermöglichen: Mehr als 80 Prozent sagten in der Befragung, dass sie bereit sind, für den schulischen Erfolg ihrer Kinder finanzielle Einbußen in Kauf zu nehmen. Die Schulkostenstudie zeigt jetzt, wie ungleich die finanziellen Opfer zwischen den Familien in Österreich verteilt sind. AK Wien Bildungsexpertin Elke Larcher: „Die Teuerung der letzten Jahre trifft Familien besonders hart. Zusätzliche Schulkosten zementieren Bildungsungerechtigkeit ein. Familien mit niedrigerem
Haushaltseinkommen können sich nicht das Bildungsangebot für ihre Kinder leisten, das sie sich wünschen und ihre Kinder bräuchten.“

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