Politik

Tag der Gerechtigkeit: Jugendliche sind mit Demokratie unzufrieden

Ist Deutschland gerecht?“, „Ist die Welt gerecht?“, „Was bedeutet eine gerechte Gesellschaft?“ Diese und weitere Fragen wurden im Rahmen der Sozialstudie 2023/24 zum Thema Gerechtigkeit, die im Auftrag der Bepanthen-Kinderförderung von der Universität Bielefeld durchgeführt wurde, von Kindern und Jugendlichen beantwortet.

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Ein zentrales Ergebnis der Befragung ist, dass die deutliche Mehrheit der Jugendlichen (78 Prozent) – trotz des Aufkommens von Bewegungen wie „Fridays for Future“ – erlebt, keinen Einfluss darauf zu haben, was die Regierung macht. 72 Prozent der Jugendlichen sind davon überzeugt, dass sich Politikerinnen und Politiker in Deutschland nicht viel darum kümmern, was Jugendliche denken. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) spricht ihnen sogar das Bemühen ab, die wichtigsten Probleme unserer Gesellschaft lösen zu wollen. Bei der Beurteilung unserer Demokratie zeigt sich, dass 51 Prozent der Jugendlichen „im Großen und Ganzen“ nicht mit den herrschenden Zuständen zufrieden sind.  

Was braucht eine gerechte Gesellschaft?

„Diese komplexe Frage haben wir Jugendlichen gestellt. Die Kernaussagen waren Förderung von Bildung, Inklusion, Herstellung von Chancengleichheit, Hilfe und Unterstützung für Alte und Arme. Die Jugendlichen haben ein differenziertes Bild der gesellschaftlichen Komponenten, die eine gerechte Gesellschaft bedingen“, so Studienleiter Prof. Dr. Holger Ziegler von der Universität Bielefeld. „Erschreckend ist, dass die Jugendlichen diese Aspekte in der Praxis wenig abgebildet sehen. In ihrer Wahrnehmung sind sie von der Politik, also den Entscheidungsträgern in unserer Demokratie, ungesehen und ungehört.“  

Hierbei spielt der sozioökonomische Hintergrund der Familien eine wichtige Rolle: Zusammenfassend könnte man sagen: „Je niedriger der sozioökonomische Status, desto höher die subjektive Wahrnehmung von Ungerechtigkeit.“ Kinder und Jugendliche aus Familien mit einem niedrigen sozioökonomischen Status (SOES) geben an, dass sie in ihrem Leben deutlich mehr Ungerechtigkeit erleben als solche mit einem höheren SOES. 37 Prozent der Jugendlichen mit niedrigem SOES empfinden Ungerechtigkeit als die Norm in ihrem Leben, während sich diese Zahl bei denen mit einem hohen SOES halbiert. 

Das zeigt sich auch schon bei den Kindern: Kommen sie aus einer Familie mit einem hohen SOES, erleben 14 Prozent Deutschland als „sehr“ oder „eher“ ungerecht, bei niedrigem SOES erhöht sich dieser Anteil auf 59 Prozent. 

Jugendliche fern vom Ego – besondere Sorge um Ältere

Die vorherrschende Einschätzung, die weitläufig über unsere nachwachsenden Generationen geäußert wird, reicht von „egoistisch“ bis hin zu „denen ist alles egal“. Die vorliegende Studie hat jedoch gezeigt, dass gerade Jugendliche bei der Frage danach, für wen oder was in Deutschland zu wenig getan wird, als erstes die Rentnerinnen und Rentner benannt haben (65 Prozent). Die Top-Five wurden weitergeführt mit „gleichen Lebensbedingungen“ und „Bildung“ (beides 62 Prozent) sowie „Arme“ und „Gleichverteilung“ mit jeweils 61 Prozent. „Umwelt & Klima“ landeten mit 50 Prozent überraschenderweise auf dem neunten Platz. Und auch die Kinder haben bereits ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden, selbst wenn es um andere geht: 83 Prozent geben an, sie werden wütend, wenn andere ungerecht behandelt werden. 

Die vorliegende Studie hat gezeigt, dass gerade Jugendliche bei der Frage danach, für wen oder was in Deutschland zu wenig getan wird, als erstes die Rentnerinnen und Rentner benannt haben (65 Prozent).

„Die Ergebnisse der Gerechtigkeitsstudie 2023/24 bestätigen unsere täglichen Erfahrungen in unserer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen,“ so Bernd Siggelkow, Gründer und Leiter des Kinder- und Jugendwerks „Die Arche“. „Wir sind immer wieder ganz konkret gefragt, gegen das Gefühl der Unsichtbarkeit bei Kindern und Jugendlichen anzuarbeiten. Sei es im Kleinen in ihren familiären Strukturen oder auch größer in der Gruppe. Wir arbeiten daran, das Gefühl von Kindern und Jugendlichen für Gerechtigkeit zu stärken und an ihrem eigenen Verhalten zu spiegeln.“  

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