Erziehung

Thema Vatersein: Zeit nehmen und Nähe schaffen

Väter müssen sich – anders als Mütter – ihr Vatersein erst „erarbeiten“. Was dabei hilft: Sich emotional voll auf das eigene Kind einlassen. Interview mit Andrea Kramer vom Vorarlberger Familienverband.

Frau Kramer, mit dem Projekt „Vater sein!“ wollen sie Anstoß für aktiveres Vatersein geben. Was sind die Herausforderungen, denen Väter heute gegenüber stehen?
Kramer: Die größte Herausforderung ist sicherlich, dass den Vätern heute die Rollenvorbilder fehlen. Ihre eigenen Väter oder Großväter waren in erster Linie die Ernährer, die wenig zu Hause waren und zu hundert Prozent das Einkommen zu beschaffen hatten. Junge Väter wollen das nicht, haben aber gleichzeitig keine Vorbilder, an denen sie sich orientieren können.

Was braucht es denn, um ein guter Vater zu sein?
Ein guter Vater lässt sich auf die Beziehung zu seinem Kind ein. Er engagiert sich emotional, gibt sich den Gefühlen hin, die die Liebe zum Kind auslösen. Gerade Männer, denen Gefühle lange Zeit nicht zugestanden wurden, tun sich da oft schwer. Dazu kommt, dass ein Vater sich sein Vatersein mehr oder weniger erst konstruieren muss. Eine Frau erlebt ihr Muttersein in der Regel durch Schwangerschaft und Geburt als körperlichen Akt. Der Vater muss sich erst einmal Zeit nehmen und die Gefühle annehmen, die ja nicht immer positiv sind. Es ist gut, wenn der Vater lernt, auch mit frustrierenden Gefühlen umzugehen und nicht gleich enttäuscht zurückweicht, wenn sein Kind mit Ablehnung oder Zorn reagiert. Frustrierende Gefühle, zum Beispiel in der Trotzphase oder in der Pubertät, gehören dazu.

Was bringt der Vater in die Eltern-Kind-Beziehung ein?
Das Verhältnis Vater-Mutter-Kind ist ein Dreiecksverhältnis. Der Vater ist dabei die dritte Seite, die Stabilität in die Beziehung bringt. Das wirkt sich auf die Zukunft des Kindes aus: Wir wissen, dass Väter einen sehr großen Einfluss auf die Lebenszufriedenheit, auf den späteren psychischen Zustand, auf die Ausbildung ihrer Kinder haben. Im Familienleben ist es so, dass Väter oft anders mit ihren Kinder spielen, wilder. Sie trauen ihren Kindern tendenziell mehr zu als Mütter.

Was raten Sie Vätern, die die Beziehung zu ihrem Kind stärken möchten?
Ob Baby, Kleinkind oder Jugendliche: Väter sollen sich für ihr Kind Zeit nehmen und Nähe schaffen. Vor allem Unternehmungen zu zweit – nur Vater und Kind – sind sehr wichtig. Das trägt sehr zum Beziehungsaufbau bei. Wenn das Kind größer wird, kann es der Vater in seiner Eigenständigkeit stärken, vor allem dann, wenn die Mutter eher behütend ist.

 

Andrea Kramer
Vorarlberger Familienverband
(www.vater-sein.at)

Forum

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Insgesamt 0 Beiträge

Wir setzen Cookies auf dieser Website ein, um Zugriffe darauf zu analysieren, Ihre bevorzugten Einstellungen zu speichern und Ihre Nutzererfahrung zu optimieren. weitere Informationen

The cookie settings on this website are set to "allow cookies" to give you the best browsing experience possible. If you continue to use this website without changing your cookie settings or you click "Accept" below then you are consenting to this.

Close