Baby

Wenn Brust und Fläschchen allein nicht mehr reichen

Wann ist das Baby bereit für den ersten Brei? Wann wird am besten mit welcher Beikost begonnen – und ist es sinnvoll, dem Nachwuchs statt Brei weichgekochtes Fingerfood („Baby Led Weaning“) vorzusetzen?

Aller Anfang ist nicht immer leicht. Aber wenn es mit dem Stillen nicht klappt, dann ist zumindest klar, dass statt der Brust das Fläschchen herhalten muss. Wie lange im Idealfall gestillt wird, darüber gehen die Ansichten auseinander. Manche Mütter sind froh, sich von der als solche empfundenen Last des Stillens rasch zu befreien. Andere wiederum genießen die besondere Beziehung, die sie durch den engen Körperkontakt beim Stillen mit ihren Kleinen haben – und versorgen sie bis ins Kindergartenalter am Busen. Sofern die Muttermilch nicht versiegt oder sich der Nachwuchs einfach selbst abstillt, spricht dagegen auch wenig. Fest steht allerdings, dass Muttermilch und/ oder Fläschchenkost allein schon bald nach der Geburt nicht mehr reichen. Zwischen dem Beginn des fünften Lebensmonats und spätestens mit dem siebten Monat braucht jedes Baby ergänzend Beikost um optimal versorgt zu sein. In unseren Breiten wird meist mit fein pürierten Karotten und anderem Gemüsebrei begonnen, nach ein paar Wochen auch Fleisch und Fisch empfohlen. Doch auch das sogenannte „Baby Led Weaning“ (auf Deutsch: die „babygeleitete Entwöhnung“) ist immer weiter verbreitet. Dabei werden den Kleinen weichgekochte Stückchen als Fingerfood vorgesetzt. Beide Beikost-Verabreichungsformen haben Vor- wie Nachteile. Die Wiener Ernährungswissenschafterin, Stillberaterin und Ratgeberautorin Ingeborg Hanreich empfiehlt, sie undogmatisch zu kombinieren und sich nicht von Moden mitreißen zu lassen.

Ein bisschen Brei, ein bisschen Fingerfood

Ingeborg Hanreich, Ernährungswissenschafterin, Stillberaterin und Ratgeer-Autorin

Zitatzeichen

Wie erkenne ich, ob mein Baby reif für Beikost ist?

Es gibt verschiedene Reifezeichen, sowohl motorische, als auch das Interesse betreffend. Wenn ein Kind sehr großes Interesse am Essen der Eltern hat, ist das ein Hinweis. Da geht es nicht nur darum, dass es in den Teller greifen möchte, sondern auch dass es zum Beispiel Kau- und Schmatzgeräusche mitmacht . Ein Zeichen ist auch, wenn es über mehrere Minuten den Kopf halten und mit leichter Unterstützung sitzen kann. Außerdem kann die Zunge auch festere Speisen nach hinten transportieren. Wird zu früh mit der Beikost begonnen, spuckt das Kind durch den Zungenstoßreflex alles wieder aus. Viele Eltern mißverstehen das als „hat nicht geschmeckt“ und probieren was anderes. Es kann aber sein, dass ihr Kind einfach noch nicht reif ist zu probieren. Auch halbliegendes Füttern ist nicht gut, weil da die Gefahr des Verschluckens viel größer ist. Versuchen Sie mal im Liegen zu essen! Entweder sitzt Ihr Baby auf dem Schoß oder auf einem Stuhl, in aufrechter Haltung. Ab Anfang des fünften Monats bis Ende des sechstes Monats sollte man jedenfalls beginnen und dabei auf diese Reifezeichen zu achten.

Warum ist es ratsam, zuerst mit reinem Gemüsebrei als Beikost zu beginnen?

Bei uns ist reiner Karottenbrei typisch zu Beginn. Sein Vorteil: Die Karotte ist ein bisschen süßlich, enthält Betakarotin und mit einem halben Teelöffel Öl wird der Brei auch energiereich. Kürbis, Pastinake und Zucchini werden ebenfalls früh angeboten. Gemüsebrei ist deshalb sinnvoll, weil er weniger süß ist als Obstbrei. Beginnen wir mit Obstbrei, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass danach das weniger süße Gemüse abgelehnt wird, ein bisschen höher. Aber letztlich ist das eine Frage der Philosophie. In Ungarn beginnt man traditionell mit Obstbrei, in den USA eher mit Getreidebrei. Ich halte Gemüse nach wie vor für die beste Variante zum Einstieg.

Was verändert sich für eine stillende Mutter, wenn ihr Baby begonnen hat, Beikost zu essen?

Normalerweise verändert sich nicht viel, weil ja ergänzend zum Stillen gefüttert wird. Es heißt ja Bei-Kost, das heißt es wird vor oder nach dem Füttern gestillt. Hat eine Mutter wenig Milch, ist es besser vorher zu stillen, weil sonst womöglich weniger getrunken und die Milchproduktion reduziert wird. Wer abstillen möchte, beginnt eher mit Beikost und ergänzt durch Stillen. Was das Hungergefühl angeht, ist ein Baby am besten interessiert, aber noch nicht zu hungrig. Wird nach der Beikost gestillt, kann es sein, dass die Mutter an der Brust eine allergische Reaktion auf das hat, was das Baby davor gegessen hat. Wobei Karottenallergien nicht wirklich weit verbreitet sind. In der Beikostzeit nimmt die Menge der produzierten Milch ab und damit eventuell auch der Hunger der Mutter. Die Qualität der Nährstoffe, die die Mutter zu sich nimmt, soll trotzdem weiterhin hoch sein.

Was können Eltern tun, um bei ihrem Säugling ernährungsbedingten Allergien oder Unverträglichkeiten vorzubeugen?

Früher vertrat man den Standpunkt, deshalb möglichst spät mit Beikost zu beginnen. Jetzt raten Allergolog*innen, Kinder eher früher mit mehreren Lebensmitteln in Kontakt zu bringen, um Toleranz zu entwickeln. Wenn ich selbst Allergiker*in bin, füttere ich das, worauf ich selbst allergisch bin, besser nicht zu Beginn. Und mit den Hauptallergenen – also beispielsweise Ei oder Sellerie – beginne ich die Beikost besser auch nicht. Generell empfiehlt es sich, mit Vorsicht und beobachtend zu füttern. Wichtig zu wissen ist, dass Reaktionen auch erst etwas verzögert nach zwei bis drei Tagen auftreten können. Hautreaktionen rund um den Mund oder am Popo zeigen sich sehr schnell. Rötungen in den Armbeugen wie sie bei Kuhmilchunverträglichkeiten manchmal auftreten oder Verdauungsschwierigkeiten können auch erst etwas später auftauchen. Ich würde anfangs jedenfalls nicht mit zu großer Vielfalt beginnen, um Unverträglichkeiten gut zu erkennen.

Empfohlen wird wegen seines hohen Eisengehalts püriertes Rindfleisch und wegen des Jodgehalts Meeresfisch. Nun sind die Meere überfischt und Meeresfisch gilt als besonders schadstoffbelastet. Was sind vertretbare alternative Jodquellen zum Meeresfisch?

Meeresfisch ist auch wegen den Omega-III-Fettsäuren ein Thema. Jod hätten wir im jodierten Salz drin, Babynahrung soll man aber nicht salzen. Ich bin der Ansicht, dass sich bei gut versorgten stillenden Müttern der Versorgungszustand auch im Kind wiederspiegelt. Für Erwachsene sind Algen oder Algenöl eine gute vegane Quelle, außerdem jodiertes Salz und Meersalz. Dann braucht es den Meeresfisch nicht unbedingt. Als Beikostlebensmittel sind Algen jedoch noch nicht empfohlen.

Wie wichtig ist denn Wasser und wie weiß ich, dass mein Baby genug trinkt?

Das hängt vom Alter des Kindes ab. Früher wurde empfohlen, ab der Beikost ein klein wenig Wasser anzubieten. Davon ist man eher abgekommen wenn noch gestillt wird, weil sich Muttermilch genau darauf einpendelt, was das Kind braucht. Das ist ja das Wundervolle an Muttermilch, dass sie ganz individuell ist. Als Faustregel gilt mittlerweile: Ab der dritten eingeführten Beikostmahlzeit pro Tag sollte auf jeden Fall Wasser angeboten werden. Ich finde den sanften Einstieg, nebenbei aus dem Becher oder einem dickwandigen und damit bissfesten Glas nach wie vor gut. Das Kind zeigt ja durch seine Reaktion, ob es das braucht und will.

Der Milchstuhl ist sehr charakteristisch. Wie verändert sich der Stuhl eines Babys durch Beikost?

Der kann schon sehr anders sein, zum Beispiel wenn Teile nicht gut verdaut werden. Karotte verfärbt den Stuhl, das kann sich in Farbe und Textur wiederspiegeln, je nachdem wie fein man püriert. Auch Geruch und die Häufigkeit ändern sich. Über Muttermilchstuhl sagt man ja, dass „von 7 Mal am Tag bis einmal alle 7 Tage“ alles normal ist. Bei Beikoststuhl ist schon wichtig, dass das Baby jeden Tag mindestens einmal in die Windel macht. Wenn der Stuhl hasenkotähnlich ist, kann zum Beispiel eine Unverträglichkeit dahinter stecken. Ist er extrem dünnflüssig, sind vielleicht hygienische Verunreinigungen ein Problem. Und der Stuhl nach Fleischgenuss riecht anders. Mittlerweile ist ja auch eine vegane oder vegetarische Ernährung für viele Eltern ein Thema. Ich finde beide Ernährungsweisen auch vertretbar, sie erfordern aber ein viel größeres Wissen. Vereinfacht würde ich sagen: Vegetarisch ja, wenn gut zusammengestellt; vegan nein. Rein vegane Beikost und Babynahrung ginge, wenn man sehr genau darauf achtet. Aber die Gefahr einer Unterversorgung ist einfach sehr viel höher.

Aus dem angloamerikanischen Raum hat sich auch bei uns das sogenannte Baby Led Weaning ausgebreitet. Dabei wird Babys kein Brei gefüttert, sondern gedünstetes „Fingerfood“ vorgesetzt, das sie selbst essen. Was spricht für und was gegen diese Form der Beikost?

Ich kann erst später damit beginnen, also erst ab dem sechsten oder siebten Monat. Generell hängt sehr vom Kind ab, ob es eher Brei oder Stückchen mag. Die Beikost bei Baby Led Weaning muss wirklich gut zusammengesetzt sein. Bei Breien gibt es ja einen beispielhaften ernährungswissenschaftlichen Plan, dessen Aufbau einen guten Grund hat. Baby Led Weaning hat sich bei uns stark verbreitet, weil ein traditioneller Stufenplan mit Breien nicht für alle Eltern gepasst hat. Ich erachte Baby Led Weaning als ein bisschen herausfordernd, zumindest wenn nicht mehr nebenbei gestillt wird. Es stellt sich zum Beispiel die Frage, wie ich meinem Kind dabei Öl verabreiche. Ich kann Erbsen mit Öl besprühen. Aber das ist als Fingerfood eine große Patzerei. Wenn ich keine zinkreichen, eisenreichen oder proteinhaltige Nahrungsmittel anbiete oder ein Kind motorisch noch nicht so weit ist, um selbst Fingerfood zu nehmen, kann es zu einer Unterversorgung kommen. Was mir am Baby Led Weaning gefällt, ist, dass das Augenmerk darauf liegt, dass vieles vom Kind selbst gewählt und instinktiv erfasst wird. Ich empfehle eine Kombination – ein bisschen Brei, ein bisschen Fingerfood – und rate, nicht zu dogmatisch zu sein. Ich hab’ schon so viele Moden kommen und gehen gesehen in den vergangenen 25 Jahren. Das wirklich Wesentliche ist, auf das Kind zu achten und es zu beobachten. Und natürlich informiert zu sein.

Die Qualität der Nährstoffe für die Mutter soll weiterhin hoch sein

Ingeborg Hanreich

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Ab wann darf ein Baby im Gasthaus das erste Mal kosten?

Das kommt ganz drauf an, wovon. Gekochte Erdäpfel oder Petersilkartoffeln sind mit acht, neun Monaten in Ordnung. Wenn es um Würstel geht, bin ich auch bei einem Jahr noch nicht glücklich. Das ist eine Frage der Qualität der Speisen. Aber was ein Kind bereits in der Beikost stückchenweise erfahren hat, kann es auch beim auswärtigen Essen klein gedrückt oder in Stücken essen. Das Problem im Gasthaus ist nur die Würze und das Salz.

Und weil die Saison bevorsteht: Ab welchem Alter dürfen Kinder einen ersten Löffel Eis probieren?

Nicht vor dem ersten Lebensjahr. Generell würde ich so lange wie möglich Süßes vermeiden – im ersten Lebensjahr sowieso und auch im zweiten Jahr nur sehr selektiv. Eis ist vor allem auch eine Hygienefrage. Ich würde da eher zu Fruchteis greifen. Das Problem ist, dass gerade in Zitroneneis zum Beispiel sehr viel Zucker drin ist.

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