Windelwechseln wird für Väter zum Hürdenlauf
In New York sind Wickeltische auf Männertoiletten per Gesetz vorgeschrieben. In Österreich bleibt Vätern oft nur der zugeklappte Toilettendeckel.
Die Situation kennen empanzipierte Väter nur zu gut. Sie sind alleine mit ihrem Baby unterwegs, alles ist gut und entspannt – bis zu dem Moment, wo ein Wechsel der Windeln ansteht. Beim dann notwendigen Boxenstopp bleiben Papas in Österreich nur folgende unbefriedigende Alternativen: Fliegender Windelwechsel auf dem runtergeklappten Deckel der nächstliegenden Männertoilette, wechseln im Sitzen auf den Knien auf der nächsten Parkbank oder ein verstohlener Ausflug auf die nächste Damentoilette mit dort installiertem Wickeltisch.
Wickeltisch per Gesetz in New York
Oder Väter fahren nach New York City. Dort hat Bürgermeister Bill de Blasio Anfang Jänner 2018 per Gesetz angeordnet, dass auch Männertoiletten in öffentlich zugänglichen Bundesgebäuden mit Wickeltischen ausgestattet werden müssen. Das Gesetz firmiert übrigens unter dem netten Namen BABIES – „Bathrooms Accessible In Every Situation“-Act. Auslöser war der TV-Star Aston Kutcher, der sich bereits vor einem Jahr lautstark über die Diskriminierung von wickelwilligen Männern auf öffentlichen Toiletten in New York beschwert hatte. De Blasios durchaus launige Begründung: „Überraschung! Wir schreiben das 21. Jahrhundert und Männer wechseln Windeln.“ Binnen sechs Monaten müssen die Männertoiletten in öffentlich zugänglichen Bundesgebäuden jetzt mit Wickeltischen nachgerüstet werden.
Die Sinnhaftigkeit dieser Massnahme hat die „British Toilet Association“ – ja, die gibt es wirklich – wissenschaftlich erforscht. Vor 20 Jahren, so der Direktor der BTA in einem TV-Interview der BBC, hat gerade einer von zehn Männern Windeln gewechselt. Heute betrage der Anteil eher zwei Drittel. Genügend Bedarf also für Wickeltische auf Herrenklos.
Wickelwüste Österreich
In Österreich ist es um Wickeltische auf Männertoiletten schlecht bestellt. In Herrenklos öffentlicher Gebäude sind sie nicht verpflichtend. Dort gibt es für Papas bestenfalls in von Frauen und Männern gemeinsam genutzen Vorräumen oder in den ebenfalls geschlechtsneutral nutzbaren Behinderten-WCs herunterklappbare Wickeltisch. Beim Autobnahnbetreiber ASFINAG sind bereits bei 45 von 49 Toilettenanlagen auf von der ASFINAG betriebenen Rastplätzen auf den Männertoiletten klapp- und beheizbare Wickeltische montiert. Auf den Toilettanlagen der von privaten Pächtern betriebenen Autobahnraststätten überwiegen in Sachen Wickeltisch für Frauen und Männer gleichermaßen zugängliche Lösungen, etwa bei Waschtischen.
In der heimischen Gastronomie bleibt coolen Dads meist nur die Improvisation am Toilettendeckel, denn Wickeltische, obwohl nur maximal 50 Euro teuer und schnell montiert, sucht man auf den meisten Herrentoiletten vergeblich. Das soll sich jetzt ändern, denn Gleichbehandlungsanwälten stößt die ungleiche Behandlung von Müttern und Vätern in Sachen Wickeltisch sauer auf. Allerdings gelte es, so Gleichbehandlungsanwältin Ines Grabner-Drews in der Tageszeitung KURIER, „abzuklären, ob die Benutzung eines Wickeltisches eine Dienstleistung im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes darstellt.“
Im Sinne der österreichischen Babies wären Wickeltische für coole Dads auf Herren-WC auf jeden Fall. Denn dann wäre endlich Schluß mit dem entwürdigenden Gemurkse auf Toilettendeckeln.
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