Page 34 - 2004_Elternheft
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ERZIEHUNG











                                 Gott zu reden. Wenn Gott eine Wirk-   chen, sind authentische Personen, die
                                 lichkeit im Leben der Eltern ist, die   sich hinterfragen lassen, die ihnen                         „Es ist wichtig, authentisch von Gott zu sprechen.
                                 Beziehung zu Gott ihnen Geborgenheit   Antworten geben, an denen sie sich                                     Auch Zweifel können ihren Platz haben.“
                                 und Sicherheit gibt, dann glaube ich,   reiben können. Die auch das Gefühl
                                 dass diese Erfahrung auch für Kinder   vermitteln, sicher in ihrem reifen,
                                 in jedem Alter relevant ist“, so Michael   erwachsenen Glauben zu stehen, der                            Die angehende, evangelische Pfarrerin Julia Schnizlein im Interview über Gott, die
                                 Scharf. Wenn Kinder noch nicht selbst   rational und vernünftig ist. Aber auch                         Wertschätzung für andere Religionen, die Wichtigkeit des Gebets und den Glauben als
                                 sprechen können, dann ist es ein einsei- Zweifel von beiden Seiten sollten thema-                                                    Geschenk für junge Eltern.
            „Wenn Gott für mich   tiges Zusprechen der Sicherheit und der  tisiert werden, denn Kinder merken
            keine Wirklichkeit   Geborgenheit durch die Eltern. Je älter   sofort, wenn man nicht authentisch ist
               ist, werde ich    Kinder werden, um so mehr Fragen      oder nicht auf sie eingeht.                                   Wie erklärt man Gott?                            alles“ oder „Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort“.
              meinen Glauben     stellen sie von selbst.                                                                             Julia Schnizlein: Kindgerecht würde ich es wohl so ausdrü­  Das halte ich für grundfalsch.
            auch nicht an meine   Es kommt darauf an, ob man als       Gottesbild im Wandel                                          cken: Gott ist der­ oder diejenige, der mich wollte, noch be­
                                                                       Wie hat sich nun das Bild von Gott
                                 Erwachsener – als Vater oder Mutter
            Kinder weitergeben   – Zugang zur Religion, zu Gott hat.   gewandelt? Oder besser: weiterent-                            vor ich im Mutterleib gemacht wurde. Der mich seit jeher   Wie erklärt man Kindern, dass es nur einen Gott
                                                                                                                                     liebt und begleitet und mich am Ende meiner Tage erwar­
                                                                                                                                                                                      gibt, trotz der unterschiedlichen Religionen?
                 können.“        „Wenn ich mich von ihm getragen und   wickelt? War es früher eher der stra-                         tet. Er ist immer da, auch wenn ich ihn nicht sehen kann. In   Schnizlein: Ich halte es für wichtig, Kindern Respekt und
                                 geborgen fühle, dann werde ich das    fende, der strenge Gott, so prägt jetzt                       Jesus ist er auf die Welt gekommen, um uns zu zeigen, wie   Wertschätzung für andere Religionen zu vermitteln. Meis­
                  Michael        natürlich auch meinen Kindern vermit-  der liebende Gott, der Geborgenheit
                  Scharf         teln“, so der Kinderseelsorger. Wenn   schenkt, das Bild. „Das ist für mich                         wir gut leben können. Um uns zu zeigen, wie wir mit unseren   tens haben sie gar kein Problem damit, dass es einfach un­
                                                                                                                                     Mitmenschen und mit der Schöpfung, also der Natur und al­
                                                                                                                                                                                      terschiedliche Arten gibt, Gott anzureden oder anzubeten,
            Kinder- und Jugendseelorger  ich die Realität Gottes nicht spüre und   auch der Grund, warum ich es so                   len Lebewesen, umgehen sollen.                              genauso wie sie akzeptieren, dass es unter­
                                 wahrnehme, Gott für mich keine Wirk-  wichtig finde, mit Kindern über Gott                                                                                      schiedliche Sprachen und Länder gibt.
                                 lichkeit ist, dann werde ich das auch   zu reden. Kinder brauchen, wie alle                         Ab welchem Alter kann man mit Kin-
                                 nicht weitergeben können.             Menschen, das Gefühl von Geborgen-                            dern über Gott sprechen?                                    Wie wichtig ist das Gebet für Kinder?
                                 Doch die Kinder werden älter und      heit und Sicherheit – von den Eltern,                         Schnizlein: Ich habe mit meinen Kindern ab                  Schnizlein: Ich finde Gebete etwas sehr Schö­
                                 damit verändert sich natürlich auch   den Pädagogen im Kindergarten, den                            dem Tag ihrer Geburt über Gott gesprochen                   nes im Miteinander von Eltern und Kindern.
                                 ihr Gottesbild. Gerade in der Pubertät   Lehrern und auch von Gott. Wenn er                         – in Form von Gebeten oder Liedern. Natür­                  Vor dem Schlafengehen oder dem Essen kön­
                                 kommen ganz viele Fragen auf. Man     der ist, der mich trägt und hält und                          lich verstehen Kleinkinder die Inhalte noch                 nen sie ein festes Ritual sein, das den Kin­
                                 hinterfragt, was man von den Eltern   mir Geborgenheit gibt, dann ist das                           nicht, aber gerade das Ritual vermittelt ih­                dern Geborgenheit und Sicherheit vermittelt.
                                 oder den Lehrerinnen und Lehrern      das Bild von Gott, das heute vermittelt                       nen Sicherheit und die Zuwendung und die                    Besonders bereichernd empfinde ich aber
                                 angeboten bekommen hat. Es geht       wird“, ist Scharf überzeugt.                                  Berührung  ein  warmes  Gefühl  für  Glauben   „Glaube kann ein   auch das freie Beten. Das Sprechen mit Gott.
                                 plötzlich darum, den erworbenen Glau-                                                               und Gott. Sobald sie etwas größer wurden,   wirksames Mittel   Die Tatsache, dass ich mit ihm mein Leben
                                 ben zum eigenen Glauben zu machen.    Gibt es nur einen Gott?                                       war es mir wichtig, ihnen zu erklären, dass   gegen existenzielle   teilen kann. Dass ich ihn um Hilfe, um Schutz
                                 Was Jugendliche in dieser Zeit brau-  Unsere Gesellschaft ist ein Mix aus                           Gott immer da ist und ein Auge auf sie hat.                 und Trost bitten kann, dass ich ihm aber auch
                                                                       Mitgliedern der verschiedensten Reli-                         Eben auch dann, wenn ich das nicht kann.   Ängste sein.“    manchmal meinen Ärger, meine Verzweiflung
                                                                       gionen, auch das muss man Kindern                             Wenn ich schlafe oder mich von ihnen tren­                  und Angst entgegenschleudern  kann und
                                                                       erklären. Dazu gibt es die Geschichte                         nen muss, weil ich arbeite. Glaube kann ein                 dass ich aber auch immer wieder danke sa­
                                                                       von den drei Blinden, die einen Elefan-                       wirksames Mittel gegen existenzielle Ängste   Julia         gen kann. Das trägt mich durchs Leben.
                                                                       ten erkunden. Der eine berührt den                            sein, daher halte ich es für wichtig, Kindern   Schnizlein
                                                                       Rüssel, der andere die Beine und der                          so früh wie möglich diese wertvolle Res­  Pfarramtskandidatin   Ist der Glaube an Gott heute noch aktu-
                                                                       dritte ertastet den Schwanz mit den                           source mitzugeben.                     Lutherische Stadtkirche   ell bei jungen Eltern?
                                                                       Borsten dran. So hat jeder ein ande-                                                                                      Schnizlein: Ich glaube, dass alle Eltern das
                                                                       res Bild des Elefanten, aber keiner hat                       Wie können Eltern ein modernes Bild                         Bedürfnis haben, ihre Kinder zu beschüt­
                                                                       den ganzen Elefanten erfasst. „Wir als                        von Gott vermitteln?                             zen. Dass sie alles darum geben würden, ihnen Glück und
                                                                       Menschen erfassen immer nur Teile von                         Schnizlein: Hier können sie zum Beispiel von Kindergot­  Erfolg, Gesundheit und ein langes Leben zu garantieren.
                                                                       Gott, das was er uns geoffenbart hat.                         tesdiensten lernen. Es gibt auch viele schöne Kinderbü­  Aber als Eltern stößt man dabei eben auch immer wieder
                                                                       Wir sehen immer nur einen Ausschnitt.          Foto:s Shutterstock, kathbild.at / Franz Josef Rupprecht, Privat  cher zum Thema Glauben, die man gemeinsam lesen und   an seine Grenzen. Muss erkennen, dass eben nicht alles in
                                                                       Man muss dem Kind beibringen, dass                            besprechen kann. Wichtig ist auch, authentisch von Gott   unserer Hand liegt und dass es keine Garantien gibt. Ge­
                                                                       auch wenn eine Religion oder Glau-                            zu reden. Auch Zweifel können Platz haben und mit Kin­  rade dann ist der Glaube so hilfreich. So ein Geschenk. Es
                                                                       bensgruppe einen anderen Ansatz hat,                          dern besprochen werden. Für ganz entscheidend halte ich   geht um die Einsicht, dass nicht alles in unserer Hand liegt.
                                                 Weitere Infos zum Thema   es trotzdem immer ein Teil des Ganzen                     es auch, dass das Reden von Gott nicht mit Angstmache   Dass wir als Eltern nicht für alles verantwortlich sind und
                                                  Erziehung finden Sie auf   ist und man nur ein Mosaiksteinchen                     einhergeht. Früher wurde Gott oft für fragwürdige Erzie­  Fehler machen dürfen. Dass es da jemanden gibt, der es
                                                     www.familiii.at/  vom Gesamtbild Gottes sieht“, erklärt                         hungsmethoden missbraucht, nach dem Motto: „Gott sieht   gut meint und gut macht. Das kann Eltern viel Kraft geben.
                                                       erziehung
                                                                       Scharf. �


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