Page 36 - 200708_Elternheft
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NACHHALTIGKEIT
Schabbauer. Als Pächter bewirtschaftet er ihre Wünsche äußern, zum Beispiel was
seit 2006 mit seiner Familie den Bauernhof Verpackungsgrößen betrifft.“ Das Vertrauen
im niederösterreichischen Wienerwaldort. in Produkte direkt vom Bauern sei groß, der
Die Produkte aus der Bio-Landwirtschaft Bezug zu den Lebensmitteln viel direkter. „Im
– Fleisch- und Wurstwaren, Äpfel, Erdäp- Supermarkt kauft der Konsument abgepack-
fel, Säfte – verkauft Schabbauer ab Hof. Die tes Fleisch, auf dem Bauernhof sieht er echte
In Kooperation mit Nachfrage ist groß, nicht zuletzt aufgrund Tiere“, sagt Ortner. Darüber hinaus werde
BIO AUSTRIA der Lage direkt neben Wien. „Am Wochen- Regionalität speziell bei Lebensmitteln für
ende, wenn der Hofladen offen ist, kommen viele Menschen immer wichtiger – und das
KOMMENTAR
vier- bis fünfhundert Leute. Viele von ihnen nicht erst seit Corona. Das zeigt auch eine
haben Fragen zum Hof und zu den Produk- Studie von Integral und T-Factory: Auf Regio- Hofkäserei
Bio, regional „Mit der Marke „Gutes ten“, sagt Schabbauer. Der Landwirt mag den nalität legen die Befragten beim Einkauf
und sicher vom Bauernhof“ sind Kontakt zu den Kunden und er ist stolz auf besonders viel Wert, sogar mehr als auf Ziegelwanger
garantiert bäuerliche den Annahof. „Wir zeigen unseren schönen biologische oder gentechnikfreie Produktion.
Die letzten Monate haben vielen und kontrollierte Hof gerne her.“ Kurze Transportwege, die Aufrechterhaltung Für Tanja und Erich Ziegelwanger
erstmals bewusst gemacht, dass Qualitätsbetriebe der Flächenbewirtschaftung und eine größe- aus dem Mostviertel war klar: Mit
die Verfügbarkeit von Lebensmit- erkennbar. Auf der Direkter Bezug zu Lebensmitteln re Vielfalt von Pflanzen- und Tierarten – weil der Übernahme des elterlichen
teln keine Selbstverständlichkeit Es sei genau diese Unmittelbarkeit, die sowohl Bauern als auch ihre Kunden oft ein Milchviehbetriebs würden sie
ist – leere Regale durch Hamster- Seite www. Konsumenten beim Bauern so schätzen Interesse an alten Obstsorten oder ausgefalle- auch mit etwas ganz Neuem star-
käufe und unterbrochene Liefer- gutesvombauernhof.at würden, sagt Martina Ortner von der Land- neren Tierrassen haben – seien ebenfalls positi- ten. „Wir wollten etwas mit Kun-
ketten führten zu mehr Wert- kann nach den Top- wirtschaftskammer Österreich. Zuständig ve Effekte von bäuerlicher Direktvermarktung. denkontakt machen, Produkte
schätzung (bio)bäuerlicher Er- Betrieben, ihren für bäuerliche Direktvermarktung liegt ihr selber entwickeln, uns um Marke-
zeugnisse. viel an deren Förderung. Denn wenn Land- Mehr Arbeit - mehr Wertschöpfung ting und Verkauf kümmern. Also
Klimakrise virulent. Wir haben Produkten und nach wirte ihre Produkte selbst verkaufen, seien Ob ab Hof, auf dem Markt oder über die direk- haben wir uns entschieden, unse-
in der Corona-Krise gesehen, dass Vermarktungsformen die Vorteile zahlreich – für die Konsumenten, te Zustellung: Die wirtschaftliche Komponente ren eigenen Käse zu produzieren“,
sagt Tanja Ziegelwanger. Mitten
wir gemeinsam etwas bewirken gesucht werden.“ im Corona-Lockdown haben die
können – jetzt müssen wir mit die Bauern selbst und die Umwelt. „Beim bei der Vermarktung der eigenen Produkte beiden an die ersten Kunden
derselben Entschlossenheit der Martina Ortner Ab-Hof-Verkauf können sich die Kunden spielt für Landwirte eine wesentliche Rolle. Chili- und Kräuterkäse, Liptauer
ungleich schlimmeren Klimakrise Landwirtschaftskammer anschauen, was und wie es am Hof gemacht „Natürlich bedeutet Direktvermarktung und eingelegte Käsewürfel ver-
entgegentreten. Österreich wird. Sie bekommen viele Infos und können auch mehr Arbeit, gleichzeitig aber auch kauft. Mit großem Erfolg: „Unser
Gegen die Klimakrise hilft kein mehr Wertschöpfung“, sagt Martina Ortner. „Alles zu seiner Käse kommt sehr gut an. Wir lie-
Mund-Nasen-Schutz, sondern nur „Knapp ein Drittel aller Bauern in Österreich Zeit“ lautet unser fern alle zwei Wochen und haben
ganzheitliches Umdenken. Wir sind verkauft zumindest einen Teil ihrer Produk- Motto. Wir leben mit mittlerweile auch einen kleinen
aufgefordert, jetzt unser Kon- Glauben Sie, dass die meisten Konsumenten te selber. Die Direktvermarktung macht bei den Saisonen und Hofladen jeden zweiten Samstag
sumverhalten zu ändern: Weg von beim Einkaufen schon ausreichend auf diese Aspekte Wert legen, denen, die sie betreiben, dabei rund 34 Prozent geöffnet.“ Weil die Nachfrage so
der Wegwerf-Mentalität hin zu oder sollte mehr Wert darauf gelegt werden? des Einkommens aus.“ Viele Bauern könn- freuen uns im groß ist, gibt es den Ziegelwan-
mehr Qualität – von Kleidung über ten sich dadurch den Betrieb absichern und Frühling aufs erste ger-Käse derzeit nur nach Vorbe-
Gebrauchsgegenstände bis hin zu Wird schon ausreichend darauf geachtet Man sollte mehr Wert darauf legen vom Nebenerwerb in den Vollerwerb gehen. Grün, dann auf stellung. Schritt für Schritt wollen
Lebensmitteln. Rund 30 Prozent Kein Konsumenten engagement „31.000 Vollzeitarbeitsplätze gibt es durch Spargel und die Ziegelwangers ihr Geschäft
aller produzierten Lebensmittel bäuerliche Direktvermarktung. Das ist enorm weiter entwickeln. Erich Ziegel-
landen im Müll statt in unseren Wenn möglich, Produktion aus der eigenen Region 29 63 7 viel.“ Auch am Annahof profitiert nicht nur Erdbeeren. wanger: „Wir sind zum einen mit-
Mägen. Dumpingpreise für billigst Familie Schabbauer von der Direktvermark- ten in der Hofübergabe und
produzierte Lebensmittel täu- Wenn möglich, Produktion aus Österreich 29 61 10 Ja! natürlich bewirtschaften den Hof noch
schen darüber hinweg, dass diese tung, sondern zusätzlich einige Mitarbeiter, gemeinsam mit den Eltern, zum
uns alle teuer zu stehen kommen. Faire Bezahlung der Produzenten (Bauern/Arbeiter) 9 57 33 die Pächter des Bioladens und die Bauern, die anderen machen wir den
Bio-Lebensmittel sind klima- diesen mit ihren Produkten beliefern. Bei aller Produktaufbau.“
freundlich, kein anderer Lebens- Nahrungsmittel aus biologischer Produktion menschlicher Arbeit und finanzieller Investi-
mittelstandard ist derart trans- 33 55 12 tion gibt den Rhythmus immer die Natur vor. KONTAKT
parent und vom Feld bis auf den Faire Handelsbedingungen (angemessene Preise) 10 54 36 Die Ferkel wachsen in ihrem Tempo, die Äpfel Tanja und Erich
Teller streng qualitätsgesichert. auf der Apfelplantage müssen erst reifen, die Ziegelwanger
Der BIO AUSTRIA Standard sichert Gute Arbeitsbedingungen der Produzenten Erdäpfel der letzten Ernte sind ausverkauft. 0676/540 84 72
zudem österreichische Bio-Quali- (Bauern/Arbeiter) 9 53 38 Der Selbstbedienungsautomat ist dennoch
tät, die über die Kriterien der weiterhin gut bestückt. Besonders praktisch: Weitere Infos zum Thema
Nachhaltigkeit finden Sie
EU-Bio-Verordnung hinausgehen. Gentechnikfreie Nahrungsmittel 15 49 39 Eier, Würstel oder Apfelsaft kann man dort auf www.familiii.at/
auch mit Bankomatkarte bezahlen. � nachhaltigkeit
Quelle: INTEGRAL, Onlinebefragung, repräsentativ Österreich 18-69 Jahre, n=1.016, November 2018
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