Page 55 - 2005_Elternheft doppelseitig_alles
P. 55
NACHHALTIGKEIT
ÖSTERREICH IN DER CORONAKRISE:
Wir schauen
aufeinander
Eine große Welle der Hilfsbereitschaft hat unser Land
erfasst. Menschen spüren: Die Krise können wir nur
gemeinsam bewältigen.
Text: Sandra Lobnig
Nein, so richtig alt ist sie nicht, die sieht man bloß auf dem Bildschirm, am
Nachbarin. Eine Best Agerin, noch weit Handy oder Computer – je nach Quali-
entfernt von gebrechlich oder dement. tät der Internetverbindung mehr oder
Aber sie lebt allein. Kein Grund zur weniger scharf. Gleichzeitig scheinen
Beunruhigung in normalen Zeiten. In die Menschen in der Krise zusammen-
Zeiten des ‚social distancing‘ mitten zurücken. Zwar nicht physisch – Stich-
in der Coronakrise kann das anders wort: Abstand halten! –, dafür emotio-
aussehen. Ist sie einsam? Braucht sie nal. Hinzu kommt das Bewusstsein,
Unterstützung? Zählt sie zu einer Coro- dass eine Krise wie diese nur zu bewäl- Körperliche Distanz
na-Risikogruppe? Die Familie in der
tigen ist, wenn jeder seinen Beitrag leis-
Foto: iStock Images, Österreichisches Institut für Familienforschung Tür. Dazu eine Zeichnung des Achtjäh- Das Verhalten des Einzelnen zählt. Österreichisches Institut für
Wohnung gegenüber will’s wissen und
tet. Ob im systemrelevanten Beruf oder
halten Menschen
legt der Nachbarin einen Brief vor die
schlicht, indem man zu Hause bleibt.
eine Zeitlang aus,
soziales
rigen und eine Blume. Sie freut sich
sehr, die Nachbarin, schreibt ihrerseits
Abgeschnittensein
Einander Anerkennung schenken
Das Virus, das unser Leben quasi von
eine Karte und bedankt sich herzlichst
nicht.“
heute auf morgen auf den Kopf gestellt
für die netten Grüße.
Wolfgang Mazal,
hat, verlangt viel. Von Eltern, die
Szenen wie diese spielen sich derzeit
vielerorts in unserem Land ab.
versuchen, Beruf und Homeschooling
Familienforschung
unter einen Hut zu bringen, Jugend-
Menschen schauen aufeinander. Es ist
schon paradox: Da ist so viel wie noch
Treffen mit Freunden verzichten, Groß-
nie von Distanz die Rede. Man darf
einander nicht nahe kommen, Besuche
eltern, die ihre Enkelkinder lange Zeit
nicht sehen. Viele Menschen seien
sind tabu, Freunde und Verwandte lichen, die auf die für sie so wichtigen →
54 familiii 05 2020 55