Page 19 - 2006_Elternheft
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ERZIEHUNG








 „Alle meine





 Freunde dürfen





 das, nur ich   Wenn der Druck, dazuzugehören, Kinder,




 nicht!“!      Jugendliche und Eltern vor große


               Herausforderungen stellt. Und wie Eltern mit
               dieser Situation richtig umgehen. Beispiele

               aus der Praxis zeigen, wie es gelingt.

               Text: Alma Brkic-Elezovic




              „Alle meine Freunde dürfen das, nur     halb der pädagogischen Arbeit tagtäglich
              ich nicht“, ein Satz, den viele Eltern und   vorkommt und widerspiegelt, dass der
              Erziehungsberechtigte sicherlich schon   Bedarf an Austausch sehr erforderlich
              gehört haben, vielleicht auch in Kombi-  und notwendig ist, da die Kinder sich
              nation mit einer vorgelegten Unterschrif-  untereinander sowie andere Personen
              tenliste, wo ALLE Freunde (Betonung     ständig vergleichen. Ein einfaches,
              liegt auf ALLE) sich dafür ausgespro-   kurzes Kolleginnengespräch hätte die
              chen haben, dass dem Kind das neueste   Situation in wenigen Minuten aufgelöst.
              Handymodell zusteht oder das Kind diese   Die Kinder kamen uns zuvor – das
              oder jene Aktivität/Party ebenfalls besu-  Argument scheint ein sehr starkes zu
              chen solle.                             sein und die Kinder und Jugendlichen
              Eine solche oder ähnliche Unterschrif-  sind sich dessen anscheinend auch sehr
              tenlisten und Diskussion habe ich bereits   bewusst. Es hat zu oft funktioniert, dass
              von mehreren Perspektiven aus miterle-  sie so bekommen, was sie wollen.
              ben dürfen. Als Kind in der aktiven Rolle,   „Alle dürfen das, nur ich nicht.“
              welches den eigenen Namen dazu verwen-  Ein Argument, welches seitens der
              det hat um dem Elternteil einer Freundin   Erziehungsberechtigten und Fachkräf-
              „ins Gewissen“ zu reden dieser ein Handy   te jedoch nicht so beliebt ist, nicht sehr
              zu besorgen – denn das Hauptargument    leicht zu verdauen ist und bei diesen auch
              war „Ich habe es ja auch“. Auf der passi-  einen Impuls zu einer nicht planmäßigen
              ven Seite, in der Rolle als Empfängerin   Aktivität des Nachgebens auslösen kann.
              einer solchen Unterschriftenliste, war ich
              innerhalb meiner Funktion als Pädago-   Warum ist das so?
              gin in einer Ganztagsschule ebenfalls   Vergleiche und warum sie entstehen.
              betroffen. Dabei ging es darum, dass    Der Mensch lernt und wächst immer
                                                      auch am Gegenüber. Die Kinder lernen
              die Gruppe der Kollegin nebenan eine
    Foto: Shutterstock  Erlaubnis für eine Aktivität bekommen   vor allem in den ersten Lebensjahren
                                                      durch intensive Beobachtung und Nach-
              hat, welche ich als gruppenführende
              Person in meiner Gruppe im Vorfeld nicht
                                                      Wir Menschen sind dialogische Wesen,
              erlaubt habe. Eine Situation, die inner-  ahmung.                             →


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