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GESUNDHEIT


 „Mit einem Jahr


 werden wir in jedem

 Fall rechnen müssen“
               RudolfValenta vom Zentrum für      gen gehen Unternehmen, die sonst
 Dr. Christoph Steininger, Infektiologe   Pathophysiologie, Infektiologie und   Konkurrenten am pharmazeuti-
 & Virologe am Institut für   Immunologie der MedUni Wien, und   schen Markt sind, Kooperationen
 Tropenmedizin der Med-Uni Wien    weiter: „Wir müssen nämlich damit   ein. „Wir arbeiten global mit inter-
               rechnen, dass das Virus ähnlich der   nationalen Organisationen wie der
               Influenza dauerhaft bei uns ist und   WHO, der Coalition for Epidemic
 Herr Dr. Steininger, gibt es derzeit schon ein   es zu wiederkehrenden Infektionen   Preparedness Innovations (CEPI)
 Medikament, das gegen eine Corona-Infektion   kommen kann.“   und Regierungen zusammen, um
 wirksam ist?                                     Impfstoffe zu entwickeln. Wir sind
 Steininger: Es gibt eine ganze Menge an Maßnahmen,   Internationale Zusammenarbeit  in den letzten Wochen auch Koope-
 die uns zur Verfügung stehen, um den Ausgang einer Co-  Sobald ein Wirkstoff gefunden ist,   rationen mit verschiedenen Partner-
 rona-Infektion zu mildern oder zu verbessern, vor allem,   ergibt sich die Herausforderung,   unternehmen eingegangen. Ganz
 wenn es um intensivmedizinische Maßnahmen geht. Ein   den Impfstoff in ausreichend großen   aktuell haben wir eine Zusammen-
 antivirales Medikament, das gut und spezifisch gegen   Mengen schnell zur Verfügung zu   arbeit mit unserem Konkurren-
 dieses Virus wirkt, haben wir noch nicht und das kann   stellen. Die Impfstoffproduktion   ten Sanofi vereinbart. So kommen
 auch noch länger dauern. Wie lange, ist schwer abzu-  ist jedoch ein sehr komplexer und   zwei der größten Impfstoffherstel-
 schätzen. Derzeit werden viele Medikamente, die schon   langwieriger Prozess mit stren-  ler zusammen, um einen COVID-
 für andere Zwecke entwickelt wurden, auf Wirksamkeit   das den Krankheitsverlauf bei   gen Qualitätskontrollen, die allein   19 Impfstoff zu entwickeln, der auf   Weitere Infos zum Thema
                                                                                            Covid­19 finden Sie auf
 untersucht. Man müsste allerdings sehr viel Glück ha-  Coronavirus-Patienten mildert. Sein   mehrere Monate dauern können.   bekannten und erprobten Technolo-  www.familiii.at/
 ben, dass eines dabei ist,   Medikament startet gerade in Öster-  Um den Vorgang zu beschleuni-  gien beruht“, so Stefan Pinter. �  gesundheit
 das wirksam ist.    reich, Deutschland und Dänemark
 in die Phase II-Studie. Dabei sollen
 Wann wird es eine   200 schwer an COVID-19 erkrank-
 Impfung gegen das    te Patienten behandelt werden. „Es
 Coronavirus geben?  geht dabei darum, zu verhindern,
 Die große Hoffnung ist,   dass weitere Zellen infiziert werden
 dass wir möglichst bald ei-  und die Schwere der Erkrankung
 nen Impfstoff haben wer-  reduziert wird. Die Entwicklungs-
 den, der uns dann vor der   zeit ist ähnlich der des Impfstoffes.
 Infektion schützt. Das   Sollten die Tests erfolgreich sein
 würde die Situation dra-  Dr. Christoph    und das Medikament wirkt so wie
 matisch  verändern.  Auch   Steininger  gewünscht, kann es sein, dass wir
 da kann es allerdings noch   Infektiologe & Virologe   schon viel früher so ein Medikament
 MedUni Wien
 länger dauern. Mit einem   zur Verfügung haben“, ist Christoph
 Jahr werden wir auf jeden   Steininger hoffnungsvoll.
 Fall noch rechnen müssen.
    Basis für Impfstoff
 Wird es Ihrer Meinung nach eine „klassische“   Die MedUni Wien führt derzeit eine
 Impfung werden, wie zum Beispiel gegen    Studie zur Analyse der Immun-
 Polio?  antwort in Personen nach einer
 Ich denke, die Impfung wird eher so werden wie gegen   Coronavirus-Infektion durch. Die
 FSME, wo man zwei oder drei Impfungen im Abstand   Ergebnisse sollen dazu beitragen,
 von mehreren Monaten als Grundimmunisierung be-  die eigene Körperabwehr zu verste-
 kommt, und dann wird irgendwann eine Auffrischung   hen. Untersucht werden Personen,
 notwendig sein.    die nach einer Covid-19-Erkran-
 kung genesen sind. „Die Studie
 Sollte diese Impfung Pflicht sein?  ist weitblickend angelegt, weil sie
 Das ist dann eine politische Entscheidung,  aber ich   uns helfen soll zu verstehen, ob   Fotos: i­Stock Images, MedUni Wien/Matern
 denke, dass es bei der Bevölkerung angekommen ist,   und wer nach einer Infektion eine
 dass es eine wichtige und effektive Maßnahme wäre.   schützende Immunantwort ausbil-
 Ich glaube nicht, dass es da viele Menschen gibt, die   det. Die Erkenntnisse der Studie
 sich nicht anstellen würden, um so eine Impfung zu be-  sollen eine fundierte Basis für eine
 kommen.    Impfstoff entwicklung legen“, so



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